Kommentar
19:14 Uhr, 04.02.2016

Gold, Öl, Euro: Was gibt es da zu feiern?

Der Euro gewinnt gegenüber dem Dollar den zweiten Tag in Folge überdeutlich. Gold befindet sich in der größten Rally seit über einem Jahr und Öl liebäugelte kurzzeitig mit einem Bullenmarkt.

Erwähnte Instrumente

  • Gold
    ISIN: XC0009655157Kopiert
    Aktueller Kursstand:   (JFD Brokers)
  • WTI Öl
    ISIN: XC0007924514Kopiert
    Aktueller Kursstand:   (JFD Brokers)
  • Öl arbeitet trotz weiterhin schlechter Rahmenbedingungen an einem Boden.
  • EZB-Chef Draghi betont, letztlich auch gegen die niedrigen Rohstoffpreise angehen zu wollen, um die niedrige Inflation zu bekämpfen.
  • Obwohl das erneut für noch mehr billiges Geld in der Eurozone spricht, springt EUR/USD an. (Davon profitiert auch der Goldpreis).
  • Das könnte dafür sprechen, dass der Markt davon ausgeht, auch die Fed werde wieder lockerer in ihrer Geldpolitk.

Zu feiern gibt es eigentlich nichts. Die Wirtschaftsdaten rund um den Globus sind alles andere als ermunternd. Sie erzählen nicht von einer Wachstumsbeschleunigung, sondern von einer klaren Verlangsamung. Eine Verlangsamung muss nicht gleichbedeutend sein mit einer Rezession, doch wenn man einen Blick auf Gold und Euro wirft, dann scheint sich der Markt immer mehr in diese Richtung zu orientieren.

Der Ölpreis hat in diesem Zusammenhang nur wenig Bedeutung, ist aber dennoch im Zentrum einer Debatte zwischen Bundesbankpräsident Weidmann und EZB Präsident Draghi. Weidmann stellte im Januar fest, dass die Notenbank gut daran täte, über den Ölpreisverfall hinwegzusehen. Fallende Rohstoffpreise drücken die Inflation, doch das hat wenig mit Wirtschaftswachstum zu tun. Er stellt sich gegen den Versuch der Notenbank, gegen fallende Rohstoffpreise mit der Notenpresse anzugehen.

Draghi sieht das freilich ganz anders. Er ging in einer Rede auf Weidmanns Bedenken ein. Kurz zusammengefasst: Draghi will die fallenden Rohstoffpreise nicht ignorieren und gegen sie ankämpfen. Das Argument dazu: Die Risiken nichts zu tun sind höher als etwas zu tun.

Weidmann und Draghi tauschen altbekannte Argumente aus. Gewinnen wird letztlich wohl Draghi - wie immer. Ob das Sinn macht, sei dahingestellt. Der Ölpreis scheint nach Russlands Verbalintervention ("Produktionskürzung") an einem Boden zu arbeiten. Kurzfristig hatte Öl von seinen Tiefs mehr als 20 % gewonnen und sich so wieder in Bullenmarktterritorium befunden, wenn man ganz mechanisch sagt, dass ein Bullenmarkt beginnt, wenn ein Wert mehr als 20 % zulegt.

Bullisches gibt es jedoch zu Öl aus fundamenaler Sicht nicht zu vermelden. Grafik 1 zeigt den Lagerbestand der USA. Dieser stieg auf den höchsten Wert seit mindestens 80 Jahren und vermutlich damit auf den höchsten Stand aller Zeiten. Die Ölproduktion bleibt nach wie vor stabil. Auf Wochensicht soll die Förderung um lediglich 7.000 Barrel pro Tag gesunken sein. Bei einer Produktion von insgesamt 9,214 Mio. Barrel pro Tag fällt das nicht weiter auf. Die Aussichten für Öl sind so betrachtet weiter düster.

Niedrige Ölpreise bedeuten auch weiterhin niedrige Inflation. Draghi will diese bekämpfen. Umso bemerkenswerter ist es da, wie der Euro gegenüber dem USD nach oben schnellt. Auf Sicht mehrerer Wochen kann EUR/USD Richtung 1,20 laufen. Das geschieht trotz Draghis Androhung, weitere Maßnahmen zu beschließen. Das sollte man als Anleger sehr ernst nehmen, denn dahinter steckt möglicherweise die Erwartung auf ein Ende der US-Zinswende.

Der Euro hat gegenüber dem Dollar stark verloren, weil die EZB die Zinsen senkte und die Fed die Zinsen anhob. Die EZB kann die Zinsen kaum noch senken, während die Fed ihre Zinsen wohl zumindest nicht weiter anheben dürfte. Das Argument für einen fallenden Euro ist dahin. Nachdem ein großer Marktkonsens bestand, dass EUR/USD immer tiefer und tiefer fallen würde, müssen nun viele Shortpositionen aufgelöst werden. Der EUR/USD Shorttrade galt in den vergangenen anderthalb Jahren als idiotensicher. Der Trade ist dabei von so vielen mit sehr hohem Volumen eingegangen worden, dass die Auflösung der Shortpositionen den Euro bis 1,20 treiben können.

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Davon wiederum profitiert der Goldpreis. Alle in Dollar gehandelten Rohstoffe profitieren, wenn der Dollar verliert. Verliert der Dollar 1 %, dann gewinnt Gold ungefähr 1 %. Darüber hinaus scheint der Markt davon auszugehen, dass die US- Zinswende gescheitert ist. Niedrige Zinsen oder gar neue geopolitische Lockerung durch die US-Notenbank stützen Gold generell.

Zu feiern gibt es wirklich nichts. Die Bewegung bei Euro und Gold sind eher als Warnsignal zu sehen.

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3 Kommentare

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  • Gone Fishing
    Gone Fishing

    Wo bitteschön gibt es denn die Inflation unter 2%? Nächstes Mal sollte Herr Draghi doch eine direkte Konsumentenbefragung durchführen und zu ganz anderen Ergebnissen kommen.

    Die nicht nur "gefühlte" sondern auch in bar täglich zu bezahlende Inflation liegt wesentlich darüber. Sonstige etwaige positive Effekte werden über Steuern und Sonderabgaben an den Staat abgeführt und eben nicht konsumiert (daher auch nicht mehr Konsum, mehr Produktion, mehr Umsatz, mehr Arbeitsplätze - wie in der Theorie).

    Der Barrelpreis ist von $100 USD auf $30 USD gefallen. In der EU macht das an der Tankstelle ca -12% aus, wobei ein Barrelpreis von +-$40 USD im langfristigen Vergleich als "normal" einzustufen wären, alles darüber war eine Blase die ein paar Jahre angehalten hat.

    Wenn die Rohstoffpreise niedrig (i.e.S. "auf Ihrem normalen Niveau") bleiben würden, ja dann wäre endlich einmal etwas relevantes für die Umwelt getan.

    07:37 Uhr, 05.02.2016
  • Dieter_HW
    Dieter_HW

    Ein niedriger Ölpreis hat nie und nimmer etwas mit einer zurückgehenden Inflation zu tun. Keine Ahnung ob man diesen Quatsch an den Hochschulen lehrt. Günstige Energiekosten setzen vielmehr Gelder frei, die in anderen Bereichen dann ausgegeben werden.

    Zudem haben die Energieversorger den Knall nicht gehört. Die ganzen Sparorgien in den Bereichen Strom, Gas, Wasser, Öl, mussten zwangsläufig irgendwann zu spüren sein. Und ich denke der Zeitpunkt ist da. Hinzu kommt der fantastische Klimawandel, der die Heizperioden verkürzt. Zudem wurden die Haushalte in den letzten Jahrzehnten doch verar...., was die Energiepreise betrifft. Doch was macht der Bürger wenn es zu teuer wird? Er spart auf Teufel komm raus. Zweitkühlschränke wurde abgeschafft, Altgeräte durch effizientere Geräte ersetzt, Solaranlagen erledigen dann den Rest.

    Und da das Tempo der Industrieländer vermutlich noch zunimmt was Sparmaßnahmen der Haushalte betrifft, werden die Unfähigen der Energiekonzerne ein Problem bekommen. Hier im Bergischen gab es vor einigen Monaten einen Aufruf des Versorgers, die Haushalte mögen doch bitte mehr Wasser verwenden. Bei unserer diesjährigen Energieabrechnung per Online kam die Frage auf den Bildschirm: „Sind Sie sicher? Bitte prüfen Sie die Angaben der Verbrauchswerte." Vermutlich traute der Sachbearbeiter auf der anderen Seite seinen Augen nicht.

    Wenn Sie Inflation haben möchten, fahren Sie doch einfach mal nach Russland. Ist bestimmt ein tolles Erlebnis.

    23:26 Uhr, 04.02.2016

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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