Kommentar
11:39 Uhr, 17.02.2015

Gespräche zur Verlängerung der Griechenlandhilfe vorerst geplatzt

Die gestrigen Gespräche hätten den Durchbruch bedeuten können. Jetzt sieht es so aus, als hätten sie die Wogen nicht geglättet, sondern die Fronten verhärtet.

Die Eurozone befindet sich fast täglich in einem neuen Zustand. An einem Tag ist die Welt vollkommen in Ordnung und die Lösung aller Probleme scheint zum Greifen nahe. Am nächsten Tag steht der Grexit schon wieder im Raum und eine gewisse Nervosität macht sich breit. Nervös dürften gestern viele geworden sein, als die Ergebnisse der Gespräche mit Griechenland bekannt wurden: statt einer Annäherung scheint es eine Entfremdung gegeben zu haben.

Die Börse quittiert das erst einmal im nachbörslichen Handel mit dicken Minuszeichen. Damit muss nun noch nicht die ganze Woche tiefrot werden. Eine Erleichterungsrallye wird es allerdings auch nicht geben. Ein neuer Gesprächstermin steht noch nicht fest, obwohl das aktuelle Griechenlandprogramm Ende Februar ausläuft. Griechenland braucht dann schnell Geld. Der Staat könnte sich vielleicht noch einige Wochen über Wasser halten. Die Banken können dies höchstwahrscheinlich nicht. Anleger haben Berichten zufolge in den vergangenen Wochen viel Geld von den Banken abgehoben. Bis Ende Januar wurde von 20 Mrd. gesprochen. Inzwischen dürften es noch etliche Milliarden mehr sein. Griechische Banken könnten so in den vergangenen 4 Wochen 20% der Einlagen verloren haben.

Dieser kleine Bank Run wird schnell zum Problem. Banken müssen sich refinanzieren. Das tun sie über den Interbankenmarkt, direkt bei der EZB und durch Kundeneinlagen. Wenn letztere nun schnell kleiner werden, dann bleiben noch Interbankenmarkt und EZB. Der Interbankenmarkt ist momentan für griechische Institute wohl kaum offen. Was bleibt, das ist das Notfallprogramm der EZB, ELA (Emergency Liqudity Assistance), aber auch dieses ist gedeckelt. Griechische Banken dürfen inzwischen nur noch ein oder zwei Dutzend Milliarden an Spielraum haben. Ziehen Kunden im aktuellen Tempo Gelder weiter ab, dann sind die Banken spätestens Ende März insolvent.

Die Regierung hält diesen Trend nicht auf. Sie hätte wie Zypern Kapitalverkehrskontrollen einführen können. Das hat sie nicht getan. Es wäre wohl auch nicht gut beim Wähler angekommen. Stattdessen will die Regierung ihr Programm durchziehen. Sie hat eine klare Position: keine Verlängerung des Hilfsprogramms, sondern eine Brückenfinanzierung bis zum Sommer, um bis dahin ein neues Programm auszuhandeln.

Die Eurozonenpartner haben eine ganz andere Vorstellung. Sie favorisieren eine Verlängerung des Programms. Dann wäre Griechenland weiterhin an seine gegebenen Verpflichtungen gebunden. Theoretisch wäre es das auch so. Ohne weitere Hilfszahlungen kann man die Vereinbarungen allerdings schwerer durchsetzen und überprüfen.

Griechenland empfindet eine Verlängerung inkl. der Auflagen als unzumutbar. Die Eurozone hingegen findet es abwegig, ihre Auflagen einfach so aufzugeben und Griechenland einen Blankoscheck auszustellen. Kompromissbereitschaft auf beiden Seiten: Null.

Es sieht so aus, als wären beide Seiten davon überzeugt, die besseren Karten zu haben. Griechenland droht indirekt durch seinen Bankrott die Eurozone zu gefährden. Die Eurozone sieht sich hingegen als stabil genug an, um auch ohne Griechenland weitermachen zu können. Beide Seiten glauben anscheinend das bessere Argument für eine Erpressung zu haben. Die Folge wird sein, dass keiner gewinnt, sondern beide verlieren.

Der griechische Finanzminister Varoufakis soll ja ein Spezialist für Spieltheorie sein. Entweder experimentiert er hier blind drauf los oder er hat die wichtigste Folgerung vergessen: gewinnen können beide Parteien nur, wenn sie kooperieren.

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4 Kommentare

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  • Chronos
    Chronos

    Ich habe keine Ahnung wie es anderen geht, but Greece sucks. Diese ganze Polemik kostet auch Geld und Zeit. Soll man doch die Verrückten ziehen lassen. Varoufakis ist privat ja saniert.

    Einlagensicherung und Kapitaldecke konnte doch schon vor 1-2 Monaten nicht gereicht haben.

    Nur kleine Genossenschaftsbanken (Freie Kreditanstalten, Sparbüchsen, RaiBa´s) haben größere Eigenkapitaldecken. Die Nationalbanken keine 2%.

    Wenn jetzt angeblich 20% der Einlagen bereits durch Auszahlungen abgebucht wurden, wären die großen griechischen Banken schon jetzt zahlungsunfähig (für´s kleine Tagesgeschät) außer sie zapfen bis zum Anschlag oder Gebühr ELA an.

    Die Griechen pokern nur um Zeit, weil selbst Ihnen klar ist, der Hahn wird zugedreht.

    http://expresszeitung.ch/redaktion/geopolitik/europa/warum-hat-sich-angela-merkel-gegen-putin-gewandt

    12:44 Uhr, 19.02. 2015
  • Rolli1001
    Rolli1001

    @balkansahel: was schreibst Du denn für einen Quatsch? Du lebst auf einem anderen Stern.

    Was soll das " Kriegs-und Pleitekunstrukt EU " der Fehler war solche unzuverlässigen Länder aufzunehmen.

    Ich habe schon als kleiner Junge gelernt als ich mein Taschengeld bekam > man kann nicht mehr ausgeben als man einnimmt ! < Das haben die Griechen anscheinend verlernt, oder noch nie gekonnt. Pleiteladen !!

    16:31 Uhr, 17.02. 2015
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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