Kommentar
09:52 Uhr, 27.01.2017

Geldpolitik: Was ist aus der "neuen Normalität" geworden?

Nach 2008 wurde die neue Normalität ausgerufen: ultraniedrige Zinsen, keine Inflation, Geldflut. Ist dieses Konzept überholt?

In den letzten Wochen konnte man den Eindruck gewinnen, dass die neue Normalität schon wieder der Vergangenheit angehört. Die Inflation springt an und die Zinsen sind weltweit gestiegen. Das lag nicht nur an der Zinserhöhung in den USA, sondern auch am Inflationsanstieg.

Man bekommt fast das Gefühl, als sei die große Zeit der Notenbanken vorbei. Jetzt heißt es abwickeln und tatsächlich befinden sich die meisten Notenbanken mitten in der Abwicklung ihrer ultralockeren Geldpolitik. Bis Ende 2017 werden wir in den USA vermutlich einen Leitzins in der Spanne von 1,25 % bis 1,5 % haben (siehe Grafik 1). Die US-Notenbank ist damit Vorreiter, doch sie wird vermutlich nicht die einzige der großen Notenbanken bleiben, die 2017 an der Zinsschraube drehen.


In Großbritannien hatte die Notenbank in einer Panikreaktion nach dem Brexit-Votum die Zinsen gesenkt und ihr QE Programm wieder aufgelegt. Das war wohl übertrieben. Nun kommt ein Inflationsschub, der nicht nur von steigenden Rohstoffpreisen getragen wird, sondern auch von der schwachen Währung. Ein symbolischer Zinsschritt von 0,25 % auf 0,5 % erscheint im Laufe des Jahres möglich.

Eigentlich sind die Signale eindeutig. Die neue Normalität wird abgewickelt, aber was kommt danach? Wie sieht die Post-New-Normal Realität aus?

Überraschenderweise sieht sie erst einmal nicht wesentlich anders aus als die letzten Jahre. Während in den USA und Großbritannien die Zinswende läuft oder vor der Tür steht, sind die EZB und Bank of Japan noch dabei den Markt engmaschig zu kontrollieren. Sie kaufen weiterhin munter Anleihen.

Grafik 2 zeigt die Entwicklung der Notenbankbilanzen. Die Grafik stellt dabei die Expansion der Bilanzsumme dar. Zwischen Ende 2008 und Ende 2016 weitete die US-Notenbank ihre Bilanz um etwas mehr als 3,5 Billionen Dollar aus. Die BoJ erreicht diesen Wert Mitte 2017. Die EZB wird dann die Marke von 2,5 Billionen erreichen.

Bis Ende 2017 werden die vier großen Zentralbanken zusammen nach wie vor über 1 Billionen Dollar ins System pumpen. Das schließt bereits die Erwartung mit ein, dass die US Notenbank ihren Anleihebestand in der zweiten Jahreshälfte leicht reduziert.

So gesehen ist noch nicht viel von einer Rückkehr zu den Vorkrisenjahren zu spüren. Dennoch wird das Tempo, indem gelockert wird, drastisch reduziert. 2016 flossen noch 1,7 Billionen frisch gedruckte Dollar in den Markt. Das ist der zweithöchste Wert aller Zeiten. Nur 2008 wurde mehr Geld gedruckt.

Wie die EZB ihre QE-Abwicklung genau bewerkstelligen wird, ist noch nicht bekannt. Faktisch beginnt sie bereits jetzt ihre Anleihekäufe zurückzufahren. Offiziell gelten die geringeren monatlichen Kaufvolumina zwar erst ab April, doch bereits in den letzten Monaten erreichte die EZB nicht mehr die angestrebten 80 Mrd. Euro pro Monat.

Bemerkenswert ist die Reaktion des Marktes auf die langsame Abwicklung. Als QE in den USA aufhörte, bewegte sich der Markt nicht mehr vom Fleck. Als dann noch die Zinsen erstmalig nach vielen Jahren wieder angehoben wurden, drohte der Markt nach unten wegzukippen. Jetzt, da die EZB ihr Programm zu reduzieren beginnt und die Fed die Zinsen gleich dreimal in diesem Jahr anheben will, juckt das niemanden mehr.

Bis die Bilanzen und Zinsen wieder auf die Vorkrisenniveaus zurückkehren, dauert es noch viele Jahre. Dafür zeigt sich unter Anlegern inzwischen eine gewisse Gelassenheit. Mental beginnt die neue Ära der Geldpolitik gerade. Dieser Sinneswandel kommt nicht von ungefähr. Die Aussichten für die Weltwirtschaft hellen sich auf. Es scheint als könnte zumindest ein Großteil der Welt die Krise langsam endgültig abhaken.

Clemens Schmale

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    was bisher an qe gelaufen ist war erst der anfang.

    glaubt den hier jemend dass die japaner auf der brennsuppe dahergeschwommen sind.

    in japan läuft qe schon seit mehr als 10 jahren und es ist kein ende in sicht oder hat jemand einen magischen rechner gefunden der aus mehr als 100% in den usa, eu, gb und 250% in japan in absehbarer zeit weniger als 60% machen kann?

    was wir in den usa sehen ist eine kleine anomalie, die sich in sehr kurzer zeit wieder normalsieren wird und auf das niveau vor der anomalie zurückkehren wird.

    der ausflug der fed richtung 2% zinsen oder einem schluck drüber wird nicht lange anhalten, der durchschnittszins den die usa im moment zahlen ist noch eine weile verkraftbar.

    aber bei den gigantischen ausgabeplänen der nächsten 4 jahre und vergessen wir nicht die wollen wiedergewählt werden also der nächsten 8 jahre, da ist die verschuldung in den usa auf über 30 bil$ angewachsen, da dauert es nicht sehr lange bis die zinsen wieder richtung null gehen und dann falls kein plötzliches wunder geschieht auch nie mehr drüber gehen.

    von der eu ganz zu schweigen, die ezb kann den nuller zinssatz noch mindestens genauso lange halten wie japan und japan bei über 250% da gibt es keinen weg mehr zurück, wer da nur im ansatz glaubt die zinsen kommen zurück der kann lange weiterträumen.

    anstatt auf zinsen zu hoffen, sollte sich die finanzindustrie lieber auf die suche nach alternativen investitionswegen machen, davon gibt es mehr als genug sie sind aber leider alle nicht so easy wie auf den jährlichen zins zu warten.

    zum schluss noch eins, herr schmale sie sollten einmal aus ihrem bequemen ich schreib noch einen allerweltsartikel häuschen rauskommen und sich mal einen gedanken über artikel machen die nicht nach darüber sollten wir noch einmal geschrieben haben aussehen sondern die eine neue nicht auf noch eine aktienstrategie die noch interessant sein könnte weise hinzielt.

    falls sie keine idee haben was dass den sein könnte sie haben ja meine email adresse ich kann ihnen einige anregungen für ein paar sinnvolle artikel geben.

    14:18 Uhr, 27.01. 2017

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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