Kommentar
19:15 Uhr, 18.06.2020

Geldpolitik: Die EZB kann und muss noch mehr tun

Was vor drei Monaten noch wie ein großer Schritt wirkte, stellt sich heute als Tropfen auf den heißen Stein heraus. Das gilt nicht nur für die Eurozone, sondern auch für die USA. Notenbanken reagierten zum Glück schnell und korrigierten ihre vorsichtige Haltung. In den USA wurde aus einem begrenzten QE Programm ein unbegrenztes. Anstatt eine konkrete Zahl zu nennen heißt es heute nur noch: wir kaufen so viel wie notwendig. Die EZB ist da noch etwas zurückhaltender. Zunächst erweiterte sie das bestehende QE-Programm (20 Mrd. Euro pro Monat) um 120 Mrd. bis Jahresende. Dann legte sie ein Pandemie-Kaufprogramm auf. Dieses Kaufprogramm umfasste ein Volumen von 750 Mrd. Euro bis Jahresende. Das ist eine große Zahl, reichte aber nicht. Das Programm wurde um 600 Mrd. aufgestockt und zeitlich bis Mitte 2021 verlängert. Damit betragen die zusätzlichen Käufe nun mehr als 10 % der Wirtschaftsleistung der Eurozone. Aber selbst das könnte knapp sein. Rechnet man QE, die QE-Erweiterung und das Pandemie-Kaufprogramm zusammen, kauft die EZB bis Ende 2021 Wertpapiere im Volumen von 1,71 Billionen Euro. 1,5 Billionen davon dürften auf Staatsanleihen entfallen, der Rest z.B. auf Unternehmensanleihen.

Insgesamt sind das 14 % der Wirtschaftsleistung. Das wirkt gigantisch, deckt aber gerade so die Defizite ab, die zu erwarten sind. Die meisten Regierungen gehen in diesem Jahr von Budgetdefiziten in der Größenordnung von 7-10 % aus. Das ist vermutlich optimistisch. Die Ausgaben stehen inzwischen mehr oder minder fest, doch die Einnahmenseite ist variabel.

Die Steuereinnahmen werden stark einbrechen. Wie stark, das steht noch in den Sternen. Darüber hinaus wurden viele Kreditgarantien ausgesprochen. Die Verluste, die hier anfallen, werden sich vermutlich erst im kommenden Jahr realisieren. Bis Ende 2021 sind über den Zweijahreshorizont Defizite von 10-16 % zu erwarten.

In einigen Ländern reichen die Käufe der EZB, um diese Defizite zu finanzieren. In anderen Ländern reichen sie nicht (siehe Grafik). Man muss auch davon ausgehen, dass die Budgetdefizite in den Folgejahren überdurchschnittlich hoch bleiben werden. Bis sich die Wirtschaft wieder vollkommen erholt und die Steuereinnahmen das Vorkrisenniveau erreichen, können viele Jahre vergehen.

Es ist unter diesen Umständen absolut gerechtfertigt, wenn die EZB ihr Pandemie-Kaufprogramm nochmals aufstockt, in der Größenordnung von 400 Mrd. Grundsätzlich kann die EZB unbegrenzt Geld schaffen und daher auch unbegrenzt Anleihen kaufen. Politisch ist das natürlich eine andere Sache. Hier muss sich erst noch zeigen, wie die Eurozone mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts umgeht.

Clemens Schmale


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  • Speckobellum
    Speckobellum

    Warum zahlen wir eigentlich noch Steuern, wenn man das Geld was benötigt wird einfach drucken kann?

    09:51 Uhr, 19.06. 2020

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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