Kommentar
13:12 Uhr, 29.04.2019

Gelddrucken ohne Ende: Alles noch extremer dank "Modern Monetary Theory"

MMT ist inzwischen in aller Munde. Die ideale Lösung für die Verfechter von MMT läuft wohl darauf hinaus, dass der Staat unbegrenzt Geld druckt, welches er den Bürgern zur Verfügung stellt und womit sie dann Waren oder Dienstleistungen erwerben können, sofern sie nicht vom Staat kostenlos zur Verfügung gestellt werden.

Gastbeitrag von Dr. Christoph Bost, Experte auf Guidants (jetzt folgen!)

Um die Macht der Regulierung nicht zu verlieren, erhebt der Staat aber weiterhin Steuern, welche er erhöhen oder senken kann. Arbeiten muss eigentlich niemand mehr, zumindest nicht in den Berufen, in welchen Computer bzw. Roboter die entsprechende Arbeit verrichten können. Die Unternehmen sind am Ende des Prozesses selbstverständlich verstaatlicht.

Eine derartige Entwicklung wäre die konsequente Fortführung der Politik in vielen westlichen Ländern, weg von der Marktwirtschaft hin zur Regulierung bzw. Überregulierung im Rahmen einer zunehmenden Planwirtschaft. Kritiker stellen allerdings die Frage warum dann überhaupt in der Vergangenheit kommunistische Systeme gescheitert sind.

Der Chefvolkswirt der Commerzbank, Herr Krämer, bezeichnet die neue Heilslehre als „Voodoo Economics“. Er spricht von einem naiven Staatsverständnis, ist doch davon auszugehen, dass Politiker im Ringen um die Wählergunst immer mehr Aufgaben an sich ziehen werden und in die Wirtschaft eingreifen werden, was konsequenterweise zu einer geringeren Produktivität führen wird und damit zu einem rückläufigen Angebot von Gütern und Dienstleistungen. Für ihn führen die "Druckaktivitäten" früher oder später auch unweigerlich zu einem nachhaltigen Anstieg der Inflation.

Eine moderatere Einstellung lässt der frühere Chefökonomen der BIZ, W. White, erkennen, er hat grundsätzlich nur wenig an der neuen Theorie auszusetzen, verweist aber darauf, dass der Glaube, dass Schulden keine Rolle spielen, solange sie in eigener Währung geschaffen werden, falsch ist. Die Geschichte belegt, dass eine solche Politik schlimm enden kann.

Einer der größten Befürworter der neuen Theorie ist Wirtschaftsprofessor Kimball von der Universität Boulder. Für ihn stellt MMT bereits die gängige Volkswirtschaftslehre dar, er zeigt sich allerdings überrascht davon, dass die europäischen Länder sich nicht wesentlich stärker verschulden, empfiehlt die neue Theorie doch dies beim derzeit niedrigen Zinssatz zu tun.

Ganz nach dem Motto, was nicht ist kann ja noch werden, glaubt James Grant, einer der erfahrensten Wallstreet Analysten, dass die Geldpolitik noch viel extremer werden wird und letztlich die Notenbank die Staatsschulden übernehmen wird. Man wird auch weiterhin versuchen, das Anerkennen von Fehlern und Misserfolgen hinauszuschieben. Die Spekulation wird weiter zunehmen und das Ende eine schlimme Krise sein. Die Preise für Sachwerte werden ins Bodenlose fallen, nur Gold kann dann noch Sicherheit bieten.

Den Befürchtungen vieler Ökonomen, dass eine derartige Gelddruckpolitik zusammen mit den niedrigen bzw. negativen Zinsen zu einer Hyperinflation führen wird, halten die Befürworter von MMT entgegen, dass eine derartige Entwicklung in Japan bereits seit Jahren gegeben ist, ohne dass inflationäre Tendenzen bisher erkennbar sind.

Immer häufiger gehen Ökonomen davon aus, dass es auch in anderen Teilen der Welt zu einer "Japanifikation" kommen wird. Es besteht allerdings die Gefahr, dass diese Ökonomen dabei übersehen, dass die japanische Wirtschaft in all den Jahren von einer relativ normalen und positiven Wirtschaftsentwicklung weltweit profitierte. Sollte dieser positive Effekt verloren gehen, könnte unter Umständen auch rasch das Vertrauen in die derzeitige Geldpolitik verloren gehen, dies würde die Regeln dramatisch ändern.

Trotz Niedrigzinspolitik und trotz Verschuldungsexzesse sowie einem bereits zehn Jahre andauernden Wirtschaftsaufschwung weltweit ist es der japanischen Wirtschaft nicht gelungen, ein dynamisches Wachstum zu erreichen, geschweige denn einen deutlichen Inflationsanstieg. Nun, kaum dass sich der Aufschwung weltweit etwas abschwächt, spricht der Notenbankgouverneur schon von großen Abwärtsrisiken und verspricht die Nullzinspolitik bzw. Negativzinspolitik auch ein siebtes Jahr uneingeschränkt fortzusetzen.

Auf Jahresbasis sollen weitere 80 Billionen Yen an Staatsanleihen aufgekauft werden. Irgendwann besitzt die BoJ zusammen mit anderen Regierungsapparaten dann 100 % der Staatsanleihen. Gemäß dem Europäischen Gerichtshof ist aber nicht von einer Finanzierung des Staates durch die Notenbank zu sprechen. Somit wundert es nicht, dass auch EZB Chef Draghi ähnliche Kommentare abgibt.

Kaum zieht der Euro leicht an, redet er ihn wieder herunter indem er signalisiert, dass die EZB bereit ist alle Instrumente einzusetzen, er betont „alle Instrumente“, um einer unerwünschten Entwicklung entgegenzusteuern. Vielleicht nimmt er die Empfehlung der Ökonomen an, die davon ausgehen, dass eine weitere Zinssenkung schon bald von Nöten ist. Sie empfehlen der EZB, nicht davor zurück zu schrecken aus Angst, dass dies die Banken noch mehr Geld kosten könnte. Sie empfehlen den kleinen Anleger zu subventionieren und ihm einen Nullzins anzubieten und die Banken zu fordern, den Großanlegern negative Zinsen in einer Höhe abzuverlangen, dass die Kreditspanne wieder profitabler wird.

Darüber hinaus empfehlen die Ökonomen dem Staat einen Staatsfonds, das Ifo-Iinstitut spricht von einem Bürgerfonds, aufzulegen und die Gunst der Stunde zu nutzen, um billig Schulden zu machen (MMT). Der Staatsfonds soll mit den Geldern dann international spekulieren und die zu erwartenden 15.000 bis 30.000 Euro Gewinn pro Kopf entsprechend an die Konsumenten ausschütten. Somit könnte man z.B. die seit Jahren stattfindende finanzielle Repression bzw. kalte Enteignung der Sparer mildern.

Egal welche Auffassung man zu diesen Entwicklungen vertritt, eins dürfte feststehen, :ie werden auch in den nächsten Monaten, wenn nicht gar Jahren, viel Gesprächsstoff liefern.

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