Kommentar
11:55 Uhr, 15.04.2019

Modern Monetary Therory (MMT): Wenn der Staat zur Zentralbank wird

In den USA gibt es zunehmend Forderungen, dass Staat und Zentralbank ein und dasselbe sein sollen. Gefährlich.

Die Geldpolitik der letzten Jahre war ein großes Experiment und es ist noch längst nicht beendet. Global wächst die Bilanzsumme der Zentralbanken nicht mehr (Grafik 1). Das ist vor allem der Fed zu verdanken, die ihre Bilanzsumme verkleinert. Die EZB hat QE beendet, so auch die Bank of England. Japan druckt noch Geld, aber zu wenig, um global für einen Anstieg der Bilanzsumme zu sorgen. In der Schweiz wird zwar ein Abbau der Bilanzpositionen versucht, doch wegen des anhaltenden Aufwertungsdrucks auf den Franken gelingt das nicht.

Die Normalisierung, die alle Notenbanker versprochen haben, wird es nicht geben. Das hat die US-Notenbank nun unter Beweis gestellt. Die Normalisierung, die sie durchgeführt hat und bald komplett beendet, verdient den Namen Normalisierung nicht.

Stattdessen mehren sich Stimmen, die etwas ganz anderes im Schilde führen. Sie wollen die MMT (Modern Monetary Theory) in die Praxis umsetzen. Konkret geht es dabei um ein Ende der Unabhängigkeit der Notenbanken. Der Staat bedient sich der Notenpresse direkt.

Auf den ersten Blick muss man da nicht lange analysieren, um zu erkennen, dass das nicht funktionieren kann. Jeder Politiker, der um seine Wiederwahl bangt, wird Wahlgeschenke ohne Ende machen, nur um die Wahl zu gewinnen.

Theoretiker sind auch nicht dumm und wollen daher gewisse Rahmenbedingungen setzen. Bestimmender Faktor soll die Inflation sein. Ist die Inflation zu hoch, darf der Staat kein Geld mehr drucken. Ist sie zu niedrig, darf er mit vollen Händen Geld ausgeben.

In der Praxis würde das so funktionieren: ist die Inflation unter der Zielmarke, legt der Staat ein Konjunkturprogramm auf. Dieses wird nicht durch die Ausgabe von Anleihen finanziert, sondern durch die Notenpresse. Dieses System hat etwas. Muss sich der Staat über Anleihen finanzieren, entzieht er der Privatwirtschaft kurzfristig Geld. Das hilft der Konjunktur nicht unbedingt. Durch die Notenpresse umgeht man dieses Problem.

Ist das Inflationsziel erreicht oder wird übertroffen, muss der Staat handeln. Anstatt weiter Geld zu drucken, gibt er nun Anleihen aus. Das entzieht dem Markt Geld. Gleichzeitig sinkt die staatliche Nachfrage. Da Inflation ein Nachfragephänomen ist, sollte die Inflation nun sinken.

Der Grundgedanke von MMT ist nicht schlecht. Der Anreiz der Politik, die Hoheit über die Notenpresse zu missbrauchen, ist aber zu groß. Es gibt zwar Rahmenbedingungen, die unkontrollierte Geldvermehrung stoppen soll, doch wenn es soweit kommt, würde ich nicht darauf zählen.

Ist das Inflationsziel etwa 2 %, kann trotzdem argumentiert werden, dass es zusätzliche staatliche Nachfrage braucht. Man kann am Horizont immer einen Abschwung erkennen. So wird dann einfach weiter gedruckt.

So schön MMT in der Theorie ist, in der Praxis würde sie wohl versagen. Die Forderungen in den USA sind daher mit großer Skepsis zu sehen. Es wäre ein Dammbruch, den es schlichtweg nicht geben darf.

Clemens Schmale

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7 Kommentare

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  • The Secessionist
    The Secessionist

    DragMaster unsere Zeit kommt 😂

    US-Wirtschaftsberater Kudlow: Trump will Fed mit Moore und Cain aufmischen.

    Kurznachricht –14:59

    15:13 Uhr, 15.04. 2019
  • Dragoslav
    Dragoslav

    Wie wärs mit WMT: Weimar Monetary Theorie.

    Alles schon dagewesen.

    12:51 Uhr, 15.04. 2019
    1 Antwort anzeigen
  • godfather
    godfather

    Den "Dammbruch" hat es schon 2008 gegeben! Die relevanten Notenbanken fluten die Märkte seit dem doch massiv mit ihren Druckzeugnissen, was eine Normalisierung der Geldpolitik für alle Zeiten unmöglich macht. Alles was jetzt noch kommt dient lediglich dazu, das bestehende Geldsystem noch möglichst lange am Laufen zu halten.

    Es gibt in der (Geld)Politik Fehlentscheidungen, deren Folgen mitunter erst nach Jahrzehnten sichtbar und vor allem für Jedermann spürbar werden. Die Entscheidungen von 2008 gehören ganz sicher in diese Kategorie.

    Anstatt seit 2008 permanent Banken und Staaten zu retten, hätte man diese notfalls lieber pleite gehen lassen sollen. Das hätte zwar eine gigantische Krise ausgelöst, wir hätten diese aber heute vermutlich längst überwunden. So haben wir "das Beste" weiterhin vor uns...

    12:43 Uhr, 15.04. 2019
    1 Antwort anzeigen
  • Dragoslav
    Dragoslav

    Die Realität sieht dann so aus, dass sich z.B. Griechenland über die Maßen verschuldet und von der BRD gerettet wird. Die BRD wiederum bekommt dann von der EZB ihre Anleihen abgekauft, die sie begeben musste, um GR zu retten. Am Ende fliesst also Zentralbankgeld zu den Staaten. Warum also noch der Umweg über Zentralbanken? Ach ja, ich vergass. Damit nur genehme Regierungen in den Genuss von neuem Geld kommen, aber die nicht gewollten, fürs System gefährlichen Länder bei Bedarf unter Druck gesetzt werden können. Ich halte von der ganzen Gelddruckerei bekanntlich nichts. Aber wenn schon, dann gleiches Recht für alle.

    12:41 Uhr, 15.04. 2019
  • The Secessionist
    The Secessionist

    Ja ne vollkommen richtig ! Die Zentralbanken haben das speziell die letzten 20 Jahre hervorragend gemacht !!! Um nicht zu sagen ,genial !!! Auf keinen Fall zb Blasen kreiert usw usw !!!

    12:06 Uhr, 15.04. 2019

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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