Kommentar
12:30 Uhr, 21.07.2017

Geheime Machenschaften? Draghi wird verklagt!

Bei der Auswahl des einflussreichen persönlichen Beraters von Mario Draghi soll nicht alles mit rechten Dingen zugegangen sein. Nur wer "die richtigen Leute kennt" kann bei der EZB Karriere machen...

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EZB-Präsident Mario Draghi muss sich mit einer Gerichtsklage herumschlagen. Wie die Nachrichtenagentur Reuters bereits am Mittwoch berichtete, hat EZB-Personalratschef Carlos Bowles wegen der Besetzung einer Beraterstelle Klage erhoben. Es geht dabei nicht um irgendeinen Berater, sondern um den persönlichen Berater von EZB-Präsident Mario Draghi. Anfang Februar war der deutsche Ökonom Roland Straub in dieses Amt berufen worden.

In der Klage wird nicht die Qualifikation des neuen Draghi-Beraters angezweifelt, sondern der Auswahlprozess: Eigentlich, so argumentiert der Kläger, hätte es vor der Besetzung der Stelle eine öffentliche Ausschreibung geben müssen. Doch Straub wurde offenbar "handverlesen" für das Amt des Draghi-Beraters.

Die EZB-Regeln sehen zwar vor, dass es für die persönlichen Berater der Direktoriumsmitglieder keine öffentliche Ausschreibung geben muss. Doch Straub hat ein doppeltes Amt: Er ist nicht nur der persönliche Berater von Mario Draghi, sondern auch für die Koordinierung aller Berater der Direktoriumsmitglieder verantwortlich. Für diese zweite Position hätte es eine öffentliche Ausschreibung geben müssen, argumentiert der Kläger Bowles. Der EZB-Personalratschef hatte bereits in der Vergangenheit Erfolg mit mehreren Klagen gegen die Besetzung von Spitzenpositionen bei der EZB. Im vergangenen Jahr wurden gleich fünf EZB-Personalentscheidungen von Gerichten für ungültig erklärt.

Kritiker sehen bei der Besetzung von EZB-Spitzenpositionen ein ausgeklügeltes System von Vetternwirtschaft am Werk. Eine Umfrage unter EZB-Mitarbeitern im Jahr 2015 ergab, dass nicht in erster Linie die fachliche Eignung darüber entscheidet, wer bei der EZB Karriere macht. Die wichtigste Voraussetzung für eine Beförderung sei es, "die richtigen Leute zu kennen", sagten 65 Prozent der EZB-Mitarbeiter.

Über Roland Straub, den persönlichen Draghi-Berater, ist indes wenig bekannt. Straub ist 42 Jahre alt und promovierte am Europäischen Hochschulinstitut in Florenz, das als Eliteschmiede für EU-Positionen gilt. Anschließend war Straub zwei Jahre lang als Ökonom beim Internationalen Währungsfonds (IWF) in Washington tätig, bevor er bei der EZB Karriere machte. Bevor er Anfang Februar zum persönlichen Draghi-Berater berufen wurde, war Straub mehrere Jahre lang der Berater des französischen EZB-Direktors Benoît Cœuré, der für die Entwicklung der unkonventionellen EZB-Geldpolitik im Zuge der Euro-Krise federführend war. Straub wird nun ein großer Einfluss auf die Gestaltung der EZB-Geldpolitik nachgesagt.

Draghi wurde auch auf der gestrigen Pressekonferenz zum EZB-Zinsentscheid auf die Klage angesprochen. Draghi sagte, man sei eigentlich "dankbar", wenn der Personalratschef Fehler anspreche, "die wir wie alle anderen machen." Gleichzeitig kritisierte Draghi aber auch, dass die Unstimmigkeiten durch die Klage nun öffentlich bekannt wurden: "Das Problem ist, dass es sehr schwierig ist, Vertrauen zu haben - Sie wissen, Vertrauen geht in beide Richtungen. Es ist sehr schwierig, jemandem zu vertrauen, der die Dinge jedes Mal mit der Presse und den Nachrichtenagenturen diskutiert", sagte Draghi.

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7 Kommentare

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  • JürgenSK
    JürgenSK

    Ich sag ja immer, alles umgraben und neu ansäen, war schon 2008 soweit...

    22:29 Uhr, 24.07. 2017
  • Kasnapoff
    Kasnapoff

    Na, wer wird denn auch so kleinlich sein und dem Herr der Gelddruckmaschine wegen einer läppischen Personalie vor das Schienbein treten? In Zeiten wie diesen, wo Draghi als die graue Eminenz Europas, den auf Schuldentreibsand gebauten EU-Laden vor dem Versinken bewahrt, ist diese Gerichtsklage ja fast schon eine Majestätsbeleidigung.

    Draghi und Yellen sonnen sich im Glanz ihrer nahezu ungebrochenen Popularität. Die von ihnen produzierte Blase an den Finanzmärkten wird nur durch die Blase in den Köpfen der Politiker und der "Währungshüter" übertroffen.

    Es gab schon einmal eine Zeit der Heldenverehrung für die damaligen Bosse der weltweit wichtigsten Zentralbanken. Der Draghi dieser längst vergangenen Epoche hörte auf den Namen Montagu Norman und er war der Chef der Bank of England. Beschäftigt man sich mit der damaligen Zeit und dem geheimnisvollen Montagu Norman, dann finden sich erschreckende Parallelen zu der von Draghi, Yellen und Kuroda betriebenen Politik.

    Die seinerzeitigen Mitspieler von Montagu Norman waren in den USA Benjamin Strong, in Deutschland Hjalmar Schacht und in Frankreich Emile Moreau. So wie heute nahezu täglich Photos und Statements der Zentralbanker unsere Aufmerksamkeit finden, so war es auch in der Zeit zwischen 1920 und 1940. Wichtige Zeitungen überhöhten die genannten Herrschaften zum "exklusivsten Club der Welt".

    Am Ende des Tages war dieser "exklusivste Club der Welt" jedoch für die schlimmste Wirtschaftskatastrophe des 20. Jahrhunderts, die große Depression, verantwortlich. Heute tragen die Protagonisten zwar andere Namen und sogar eine Frau leitet die wichtigste Zentralbank der Welt, aber die Fehler die begangen werden, sind die gleichen wie damals. Offensichtlich sind 80 Jahre eine ausreichend lange Zeit um zu vergessen und erneut unter der Anführerschaft der Zentralbanken in die Katastrophe zu steuern.

    Fazit:

    Um mit Einstein zu sprechen: Es ist auch eine Form von Wahnsinn, dasselbe zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten

    12:39 Uhr, 22.07. 2017
    1 Antwort anzeigen
  • Chronos
    Chronos

    Ist das bei den Yankees anders?? Look Clinton, Obama, Trump....

    IWF und EZB sind nur 'ne andere Nummer.

    Mit Auschreibungen wird das auch nicht zwangsläufig besser, daher etwas dumm wenn es nicht sauber recherchiert wurde.

    Entweder ich mache die Ausschreibungsphase so kurz, das es kaum einer mitbekommt oder lege meinen Wunschkanditat via BR ein. Subtil, dafür langsam und teuer.

    16:18 Uhr, 21.07. 2017
  • Sascha Huber
    Sascha Huber Experte für Kryptowährungen

    Ist halt so bei italienischen "Familien", der Pate (Film) lässt grüßen. Bald macht Mario sicherlich noch Angebote, die man nicht ablehnen kann!! ;)

    14:30 Uhr, 21.07. 2017
  • 123ok
    123ok

    Diese hochgradig kriminelle Fehlbesetzung spricht von Vertrauen,

    ob dieser Typ jemals die Vertrauensfrage auch gegenüber den Steuerzahler u. Wähler gestellt hat ?

    Wenn die Gerichte die kriminellen Machenschaften zum Teil korrigiert, was kostet es trotzdem den Steuerzahler ?

    Pfui Deibel ! ! !

    13:09 Uhr, 21.07. 2017

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Über den Experten

Oliver Baron
Oliver Baron
Experte für Anlagestrategien

Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

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