Kommentar
09:44 Uhr, 21.09.2022

Gaming-Aktien: Das Spiel hat erst begonnen

In diesem Jahr setzte es an der Börse für den Gaming-Sektor einen argen Dämpfer. Die langfristigen Perspektiven bleiben aber – auch dank neuer Spieletrends – weiterhin ausgezeichnet. Bei welchen Titeln sich ein Blick lohnen könnte.

Die Welt ist im Gaming-Fieber. Immer mehr Menschen – egal welchen Alters und welchen Geschlechts – erliegen der Faszination von Computer- und Online-Spielen. Sei es, um Spaß zu haben, um zu entspannen, aus Lust am Wettkampf oder auch, um (online) Zeit mit Freunden zu verbringen. Die Corona-Pandemie hat die Zahl der Gamer noch einmal deutlich ansteigen lassen. So zählt die Community mittlerweile mehr als 3,2 Milliarden aktive Spieler.

Übrigens: Deutschland entwickelt sich mehr und mehr zu einem Gaming-Hotspot. Rund 6 von 10 Deutschen im Alter zwischen 6 und 69 Jahren greifen laut dem deutschen Branchenverband „game“ schon zu PC, Konsole, Smartphone oder Tablet, um in die digitale Spielewelt einzutauchen. Dass Gaming in Deutschland hoch im Kurs steht, zeigen auch die von „game" veröffentlichten Umsatzzahlen für das Jahr 2021. Demnach erhöhten sich die Erlöse mit Computer- und Videospielen sowie dazugehöriger Hardware hierzulande um 17 Prozent auf rund 9,8 Milliarden Euro – ein neuer Rekord. Damit ist der deutsche Gaming-Markt gemessen am Umsatz der größte in Europa und weltweit die Nummer 5.

Die Börse spielt mit

Schon längst hat das Gaming-Fieber auch die Börsianer angesteckt. Um mehr als 600 Prozent legte das Branchenbarometer STOXX Global Video Gaming & eSports Index (USD) in den vergangenen zehn Jahren zu. Das entspricht einer durchschnittlichen jährlichen Rendite von 21,5 Prozent. Das ist beachtlich, und die Bilanz wäre noch besser ausgefallen, hätte es im ersten Halbjahr 2022 nicht einen Knick gegeben. Die steigenden Zinsen sowie die eingetrübten Konjunkturaussichten sind auch an den Gaming-Aktien nicht schadlos vorübergegangen.

Trotz der diesjährigen Kursverluste bleibt das Potenzial für den Sektor mittel- bis langfristig weiterhin aussichtsreich. So geht zum Beispiel die Beratungsgesellschaft PwC in ihrem „Global Entertainment & Media Outlook“ davon aus, dass der weltweite Umsatz für Computerspiele und E-Sports im Zeitraum von 2021 bis 2026 von 215,6 auf 323,5 Milliarden US-Dollar zulegen wird. Das macht im Schnitt eine Wachstumsrate von 8,5 Prozent pro Jahr.

Mobile Gaming als Wachstumsmotor

Insbesondere auf den Bereich „Mobile Games“ entfällt ein immer höheres Gewicht. Tatsächlich entfallen mittlerweile über 50 Prozent der weltweiten Gaming-Umsätze auf dieses Segment – Tendenz steigend. Hierbei wird der Großteil der Erlöse durch sogenannte Mikrotransaktionen generiert, bei denen Spieler gegen den Einsatz kleiner Beträge zusätzliche Spielinhalte erwerben können. Das von vielen Nutzern kritisch gesehene Konzept hat die Gaming-Industrie nachhaltig verändert – in immer mehr Spielen gibt es die Möglichkeit, gegen Echtgeld stärkere Ausrüstung zu kaufen oder den Spielfortschritt zu beschleunigen. Wer diese Features nutzt, erhält also unter Umständen einen Vorteil gegenüber anderen Spielern. Das macht das Konzept ebenso gewinnbringend für die Gaming-Unternehmen, wie es unbeliebt in Teilen der Community ist.

Für Fantasie sorgen zudem neuere Gaming-Trends wie das Streaming von Videospielen oder die verstärkte Monetarisierung von digitalen Besitztümern über sogenannte Non Fungible Tokens (NFTs). Ebenfalls schlummern Potenziale im Bereich VR-Gaming und dem sogenannten Metaverse. Allerdings stecken diese Technologien zum Teil noch in den Kinderschuhen und spielen aktuell für viele Gamer eine eher untergeordnete Rolle. Im Auge behalten sollten Anleger diese Entwicklungen jedoch allemal.

Was Saudi-Arabien mit Warren Buffett gemeinsam hat

All die zuvor genannten Punkte haben dazu geführt, dass das Interesse institutioneller Investoren am Gaming zuletzt deutlich gestiegen ist. So beteiligte sich kürzlich eine Tochtergesellschaft des saudi-arabische Staatsfonds mit einer Milliarde US-Dollar am schwedischen Spielehersteller Embracer Group. Kurz zuvor hatten die Saudis bereits den Kölner E-Sports-Veranstalter ESL Gaming für die gleiche Summe übernommen.

Auch Warren Buffett hat Lunte gerochen. Die Börsenlegende gab im April bekannt, dass seine Beteiligungsgesellschaft Berkshire Hathaway die Position am kalifornischen Spiele-Entwickler Activision Blizzard (bekannt unter anderem für Call of Duty oder den Online-Rollenspielpionier World of Warcraft) von etwa zwei auf rund 9,5 Prozent aufgestockt hat. Buffett spekuliert offenbar auf eine Übernahmeprämie. Immerhin steht Activision Blizzard auf dem Kaufzettel von Microsoft. Der Softwareriese hat zu Jahresbeginn angekündigt, das Unternehmen für 70 Milliarden Dollar übernehmen zu wollen. Ausgang noch ungewiss.

Investmentideen für Privatanleger

Nicht nur für Großinvestoren, auch für Privatanleger oder Trader hat das Gaming-Universum einiges zu bieten. Die Aktien-Palette ist vielfältig und reicht vom Publishern und Vermarktern über Online- und Social-Media-Plattformen bis hin zu den verschiedensten Hardware-Lieferanten.

Nintendo: Alles super, dank Mario

Für viele Analysten zählt die Aktie von Nintendo zu den absoluten Basisinvestments im Gaming-Sektor. Aus gutem Grund: Die Japaner verfügen mit ihrem drolligen italienischen Klempner Mario über einen nimmermüden Goldesel. So stammen 8 der 20 meistverkauften PC- und Konsolenspiele im Jahr 2021 in Deutschland von Nintendo, darunter „Mario Kart 8 Deluxe“, „Super Mario 3D World“ und „Mario Party Superstars“. Nimmt man alle Mario-Games zusammen, kommt man bislang weltweit auf mehr als 775 Millionen verkaufte Spiele. Von keiner andere Spiele-Reihe wurden mehr Einheiten verkauft.

Für Nintendo spricht auch, dass die Spielepipeline für die kommenden Jahre mit vielen Eigenentwicklungen und Produktionen aus Drittstudios gut gefüllt zu sein scheint. Zudem verfügt das Unternehmen über eine starke Bilanz sowie eine – im Branchenvergleich – hohe Dividendenrendite. Allerdings leidet der Konzern aktuell am Komponentenmangel, was zu stark rückläufigen Konsolenabsätze im zurückliegenden Quartal geführt hat.

Electronic Arts: Sportlich unterwegs

Electronic Arts (EA) gehört zu den wenigen Technologieunternehmen, die sich in diesem Jahr an der Börse vergleichsweise robust entwickelt haben. Das dürfte insbesondere auf das starke Umsatzwachstum im Bereich der Mobile Games (plus 41 Prozent im zurückliegenden Quartal) zurückzuführen sein. In diesem Segment hatte EA zuletzt sein Angebot sinnvoll ausgebaut und zum Beispiel eine Version des beliebten Multiplayer-Games „Apex Legends“ als mobile Version veröffentlicht.

Begrüßenswert ist auch die zunehmende Fokussierung auf den asiatischen Markt, wo mobiles Gaming besonders hoch im Kurs steht. Hierzulande bekannt ist EA vor allem durch seinen Blockbuster „FIFA“, das zu den am meistverkauften Spielen aller Zeit gehört. Das Unternehmen hat angekündigt, in diesem Jahr noch weitere Sport-Games (u.a. „Madden“, „NHL“ und „PGA Tour“) auf den Markt zu bringen. Außerdem soll die prestigeträchtige Rennspielserie „Need for Speed“ einen Nachfolger bekommen. Die Pipeline ist also gut gefüllt.

Tencent Holdings: Gaming-Riese aus China

Eine Aktie, die ebenfalls ins Auge sticht, ist Tencent Holdings aus China. Der Konzern hält ein so umfangreiches wie attraktives Portfolio an Gaming-Beteiligungen. Dazu zählen 100 Prozent an Riot-Games (u. a. League of Legends), 82 Prozent am finnischen Entwicklerstudio Supercell, 40 Prozent an Epic Games (u. a. Fortnite) sowie je 5 Prozent am französischen Spiele-Anbieter Ubisoft (u. a. Assassins Creed) und Activision Blizzard (u.a. Call of Duty). Neben dem wichtigen Spielegeschäft ist Tencent auch noch in vielen anderen wachstumsstarken Technologiebereichen wie Streaming, Online-Werbung oder Cloud-Services aktiv.

Microsoft: Hui / Sony: Pfui

Im Bereich Gaming unterwegs sind auch Weltkonzerne wie Microsoft (Xbox) oder Sony (Playstation). Was Microsoft betrifft, steht die Aktie zu Recht auf den Kauflisten zahlreicher Analysten. Das hat allerdings weniger mit der Gaming-Sparte zu tun – dort waren die Erlöse zuletzt leicht rückläufig – als vielmehr mit den glänzenden Wachstumsraten im Cloud-Business. Noch erwirtschaftet Microsoft mit Gaming nur einen relativ kleinen Teil des Konzernumsatzes. Das könnte sich allerdings ändern, sollte die geplante Übernahme von Activision Blizzard (Jahresumsatz 2021: 8,8 Milliarden US-Dollar) zu einem erfolgreichen Abschluss kommen.

Eher mit Vorsicht genießen sollten Anleger hingegen die Aktie von Sony. Die Japaner enttäuschten zuletzt mit einem schwachen Ausblick. Auch im Gaming-Geschäft läuft es momentan alles andere als optimal. Im zurückliegenden Quartal brach der Umsatz in diesem Bereich um 12 Prozent und der operative Gewinn sogar um 30 Prozent ein. Ohne neue strategische Impulse dürfte von der Aktie daher bis auf weiteres nicht viel zu erwarten sein.

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