Kommentar
20:49 Uhr, 24.10.2019

Freier Handel: Gut für den Aktienmarkt

Die Vorstellung, dass ein geringes Handelsbilanzdefizit immer besser ist, ist falsch. Für den Aktienmarkt gilt sogar: je mehr Handel, desto besser.

Ob beim Handel am Ende ein Handelsbilanzdefizit steht oder ein Überschuss, ist dem Aktienmarkt ziemlich egal. Wichtig ist, dass der Handel möglichst frei ist. Nachdem die Welt seit dem Zweiten Weltkrieg daran gearbeitet hat, Handelshemmnisse abzubauen, kommt aus den USA die Kehrtwende. Früher oder später wird das auch den Aktienmarkt massiv beeinflussen.

Einen minimalen Fortschritt gab es im Handelskonflikt, doch selbst dieser minimale Fortschritt ist noch nicht in trockenen Tüchern. Bis alle Zölle und anderen Handelshemmnisse rückgängig gemacht werden, braucht es einen umfassenden Deal. Dieser ist noch nicht in Sicht.

Wird ein solcher Deal tatsächlich erzielt, dauert es vermutlich immer noch viele Monate, bis die Zölle wieder verschwinden und noch einmal mehrere Quartale bis sich die Wirtschaft wieder umstellt. Kurz gesagt: was auch immer in den kommenden Wochen geschieht, die Würfel sind für 2020 im Prinzip schon gefallen.

Mit allen Maßnahmen, die bis Ende September beschlossen wurden, dürfte die US-Wirtschaft im kommenden Jahr um 0,5 % weniger wachsen als ohne die Zusatzzölle. Mit den noch ausstehenden Zollerhöhungen könnte das Wachstum sogar um mehr als 0,8 % niedriger ausfallen (Grafik 1).


Für 2020 wird ohnehin eine Wachstumsverlangsamung erwartet. Bleiben die Fronten verhärtet, dürften die USA kaum mehr als 1 % wachsen, wenn überhaupt. So geringes Wachstum bedeutet für Unternehmen vermutlich eine Stagnation beim Gewinn im Inland. Da der Handel weiter schwächelt, wird unterm Strich allerdings ein Minus stehen.

Der Gewinn je Aktie und die Entwicklung des Handels der USA mit dem Rest der Welt sind eng korreliert (Grafik 2). Wächst der Handel, wachsen die Gewinne. S&P 500 Unternehmen erzielen 40 % ihrer Umsätze im Ausland. Die Entwicklung des Handelsvolumens ist ein Gradmesser dafür wie gut es läuft. Aktuell läuft es nicht gut.


Daran wird sich so schnell nichts ändern. Die USA müssten eine 180° Wende vollziehen. Undenkbar ist das nicht, aber unwahrscheinlich. Die Auswirkungen des Handelskonfliktes wirken auf die Wirtschaft mit zeitlicher Verzögerung. Den größten Teil der Folgen dürften wir im kommenden Jahr sehen.

Für US-Unternehmen bedeutet das nichts Gutes. Im schlimmsten Fall sinken die Gewinne im zweistelligen Bereich. Es ist so gut wie undenkbar, dass Anleger das mitmachen und die Kurse weiter auf Rekordlevel halten. Eine 15 % Korrektur lässt sich kaum vermeiden.

Freier Handel ist für den US-Aktienmarkt nicht nur gut, sondern auch notwendig. Ohne diesen wird das Rückgrat der USA (quasi Monopolstellung vieler US-Unternehmen in der Welt) gebrochen. Das ist weder im Interesse von Aktionären, noch im Interesse der USA selbst.

Clemens Schmale

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8 Kommentare

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  • trend-x
    trend-x

    sieht man ja gerade an den Amazon Zahlen

    22:40 Uhr, 24.10.2019
  • wizardmw
    wizardmw

    Das ist nicht egal Herr Schmale, ein dauerndes Defizit muss finanziert werden und das beste Beispiel sind die USA, die ganz nebenbei dadurch vom größten Gläubiger zum größten Schuldner aufgestiegen sind.....

    22:18 Uhr, 24.10.2019
  • 2 Antworten anzeigen
  • While E. Coyote
    While E. Coyote

    👍

    21:12 Uhr, 24.10.2019

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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