Kommentar
10:44 Uhr, 08.12.2020

Fossile Brennstoffe - Comeback-Chance oder der Anfang vom Ende?

Die Nachfrage nach Öl ist im Zuge der Coronakrise eingebrochen. Nun schwenken die USA mit einem neuen Präsidenten ebenfalls auf erneuerbare Energie um. Hat Öl da überhaupt noch eine Chance?

In den letzten Wochen habe ich mehrfach über Ölaktien geschrieben. Dabei ging es um die kurzfristigen Aussichten. Diese sind durchaus ansehnlich. Hier geht es jedoch nicht um die nächsten Quartale, sondern um den langfristigen Ausblick.

Der langfristige Ausblick wirkt nicht so rosig wie der kurzfristige. Fossile Energien befinden sich in der Krise. Das hat wenig mit Corona zu tun. Corona ist (hoffentlich) ein kurzfristiges Phänomen, das Ende 2021 abgehakt werden kann. Die übergeordnete Krise für den Ölsektor ist eine andere.

Immer mehr Länder bekennen sich zu Nettonullemissionen bis Mitte des Jahrhunderts. Was wie ein langfristiger Zeithorizont klingt, ist in Wirklichkeit eine relativ schnelle Entwicklung. Die Infrastruktur für fossile Energien wurde über mehr als 100 Jahre lang aufgebaut. Autos fahren größtenteils noch mit Benzin, Flugzeuge mit Kerosin, Schiffe mit teils noch mit Schweröl und der Strom kommt in vielen Ländern aus dem Kohlekraftwerk.

Es braucht enorme Investitionen, um den Wandel zu schaffen. Immer mehr Staaten sind dazu entschlossen. Der erste fossile Brennstoff, der dem Wandel zum Opfer fällt, ist Kohle. Seit der Finanzkrise ging es praktisch nur noch bergab. Seit den Hochs im Jahr 2007 liegt der Drawdown bei 98 %. Das ist praktisch ein Totalverlust (Grafik 1). Bei Öl liegt dieser bei 70 %. Auch das ist historisch. Einen größeren Drawdown gab es nur während der großen Depression vor 90 Jahren.

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Die niedrigen Ölpreise und die wenig guten Perspektiven sorgen für einen erheblichen Rückgang der Investitionen. Sechs der größten Ölförderer investieren im Jahr 2013 noch mehr als 160 Mrd. USD. Inzwischen sind es noch 70 Mrd. USD (Grafik 2).

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Es wird nicht nur weniger investiert. Auch die Bilanzen werden aufgeräumt. In den letzten Monaten schrieben diese Unternehmen fast 100 Mrd. USD ab (Grafik 3). Exxon hat sich bis zuletzt geweigert. Es wollte partout keine Abschreibungen vornehmen. Im vierten Quartal wird es nun soweit sein.

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Exxon ist als das Unternehmen bekannt, das an die Zukunft von Öl glaubt. BP etwa investiert in Windfarmen und will sich eine Zukunft ohne Öl ermöglichen. Exxon setzt auf Öl und nur auf Öl. Wenn selbst diese Bastion kippt und Abschreibungen vornimmt, will das etwas heißen. Wenn selbst Ölunternehmen nicht mehr an ihre eigene Zukunft glauben, wie sollen es dann die Anleger tun?

Kritiker von fossilen Brennstoffen warnen seit Jahren, dass Anleger auf gestrandeten Vermögenswerten sitzenbleiben könnten. Ölunternehmen haben viele Förderquellen und Förderrechte. Sie stehen mit Milliardenbewertungen in den Bilanzen. Wird das Öl aber nie gefördert, weil es nicht benötigt wird, sind diese Assets nichts wert. Global handelt es sich um mehr als eine Billion USD.

Mit Abschreibungen wie in diesem Jahr sehen wir eine erste Welle der Wertkorrektur dieser möglicherweise wertlosen Assets. Wenn es nach den Kritikern der fossilen Brennstoffe geht, ist das erst der Anfang. Für Anleger wirkt es fast wie ein Schrecken ohne Ende, der da droht. Hat Öl dennoch eine Chance? Mehr dazu in Teil II.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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