Fundamentale Nachricht
21:53 Uhr, 06.06.2014

Finanzkrise im Überblick: Die EZB handelt!

Die EZB hat ihren Worten Taten folgen lassen und die Geldschleusen weiter geöffnet. Die Notenbank stößt jedoch nicht nur auf Zuspruch. Von vielen Seiten wird sie mittlerweile kritisiert.

Wochenende, 31. Mai / 1. Juni:

Portugal: Gericht kippt Sparmaßnahmen der portugiesischen Regierung wegen Verfassungswidrigkeit. Das Urteil führt zu einer Finanzierungslücke von 700 Millionen Euro im Staatshaushalt 2014.

Spanien: Ministerpräsident Mariano Rajoy kündigt Konjunkturpaket zur Schaffung von Arbeitsplätzen an. Außerdem soll die Unternehmenssteuer von 30 Prozent auf 25 Prozent sinken.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) schließt drittes Hilfspaket für Griechenland nicht aus. Er rechnet damit, dass ein mögliches drittes Hilfspaket ein Volumen unter 10 Milliarden Euro hätte.

Montag, 2. Juni:

SZ: Italiens Regierungschef Matteo Renzi fordert eine Abkehr vom EU-Sparkurs.

Die EU-Kommission fordert Frankreich zu entschiedeneren Reformen und einer schnelleren Haushaltssanierung auf.

EZB-Ratsmitglied Linde: Der starke Euro richtet wirtschaftlichen Schaden an.

EZB-Ratsmitglied Nowotny: Die niedrige Inflation ist zu einem großen Teil auf den gesunkenen Ölpreis zurückzuführen. Der Euro-Wechselkurs muss im Auge behalten werden. Die EZB hat zwar kein Ziel für den Eurokurs, kann aber seinen Einfluss nicht ignorieren.

Dienstag, 3. Juni:

Im Bundeshaushalt 2014 klafft einem Medienbericht zufolge noch eine Lücke von rund 1 Milliarde Euro. Dennoch solle die vorgesehene Nettokreditaufnahme von 6,5 Milliarden Euro nicht wesentlich steigen, schreibt die "Welt". Man sei dabei, "Einsparungen an anderer Stelle hinzubekommen".

Der ehemalige EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark hat die Zentralbank vor einer neuen großen geldpolitischen Lockerung und riskanten unkonventionellen Maßnahmen gewarnt. Im Euroraum bestehe keine Deflationsgefahr, schreibt er in einem Gastbeitrag in der FAZ. Die Wirkung eines noch tieferen Zinses sei „äußerst fraglich“.

Handelsblatt: Frankreich, Spanien, Italien und Griechenland fordern eine Abkehr von der strikten Sparpolitik. Noch steht Berlin zum Fiskalpakt. Doch auch die Kanzlerin weiß: Europa braucht Investitionen.

Der für Europapolitik zuständige Staatsminister im Auswärtigen Amt, Michael Roth (SPD), hat sich für eine Reform des EU-Stabilitätspakts ausgesprochen. "Wir müssen den Regierungen eine Chance geben, eine kluge Wachstumspolitik zu betreiben", sagte er dem Handelsblatt. Er fordert, dass wachstumsfördernde staatliche Investitionen in Infrastruktur und Bildung bei der Berechnung des Haushaltsdefizits abgezogen werden können.

Citigroup: Eine deutliche Abwärtsrevision bei den Inflationserwartungen könnte als Signal gedeutet werden, dass ein QE-Programm der EZB denkbar ist.

Mittwoch, 4. Juni:

IMK-Chef Gustav Horn: „Die Gefahr, dass die Eurozone in eine Deflation abrutscht, ist mittlerweile mit Händen zu greifen“ (SZ).

Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) hat die EZB vor Negativzinsen gewarnt. Da es nicht viele Erfahrungen mit diesem Instrument gebe, müsse die EZB sehr vorsichtig sein, sagte BIZ-Chef Jaime Caruana in einem Interview mit der Börsen-Zeitung.

Die Finanzierungssituation der deutschen Unternehmen ist so gut wie schon lange nicht mehr. In einer aktuellen Umfrage der KfW und führenden Wirtschaftsverbänden klagten nur noch 18 Prozent über zunehmende Probleme bei der Kreditaufnahme. Das waren vier Prozentpunkte weniger als vor einem Jahr und der niedrigste Wert seit Beginn der Befragung im Jahr 2001.

Donnerstag, 5. Juni:

DIW-Chef Marcel Fratzscher geht davon aus, dass die Zinsen noch zwei bis drei Jahre so niedrig bleiben werden wie jetzt. "Die Sparer müssen daher nach alternativen Sparmöglichkeiten suchen, im Inland wie im Ausland", sagte er der "Berliner Zeitung".

Das IW Köln hält eine vorsichtige Zinswende im zweiten Halbjahr 2015 für möglich. „Wenn sich das gesamtwirtschaftliche Umfeld weiter wie erwartet normalisiert, kann die EZB bald vom Krisen- in den Normalmodus umschalten“, so das Institut.

Die EZB hat den Leitzins um 10 Basispunkte auf 0,15 Prozent und den Einlagensatz um 10 Basispunkte auf -0,10 Prozent gesenkt. Zudem wurden neue zielgerichtete Langfristkredite (LTRO) mit einer Laufzeit von 4 Jahren beschlossen. Zunächst ist ein Volumen von 400 Milliarden Euro geplant. Die Sterilisierung von SMP-Käufen wird beendet. Der Ankauf von forderungsbesicherten Wertpapieren (ABS) aus dem nicht-finanziellen Sektor wird vorbereitet.

Morgan Stanley: Die EZB ist noch nicht dazu bereit auf QE zurückzugreifen, weitere Zinsschritte sind wahrscheinlicher.

Freitag, 6. Juni:

Die portugiesische Regierung hat neue Sanierungsmaßnahmen für 2015 gebilligt. Demnach ist eine Anhebung des Mehrwertsteuer-Höchstsatzes von 23 auf 23,25 Prozent sowie der Sozialversicherungsbeiträge der Arbeitgeber von 11 auf 11,2 Prozent geplant.

ZEW-Präsident Clemens Fuest hat die Zinspolitik der EZB scharf kritisiert. Die Krise in Südeuropa werde so nicht behoben, sagte er dem Mannheimer Morgen. Die zusätzliche Liquidität werde die Immobilienpreise und die Aktienkurse weiter in die Höhe treiben.

Moodys: Die wirtschaftlichen Auswirkungen der EZB-Beschlüsse sind begrenzt.

Bundesbankchef Weidmann: "Wenn die Inflationsrate zu lange zu niedrig bleibt, kann eine Entwicklung drohen, welche die Wirtschaft lähmt und uns allen schadet. Deshalb haben wir gehandelt." ("Bild")

Bundesbankchef Weidmann: Die EZB sollte sich nicht in eine Bad Bank verwandeln

S&P stuft Irland von "BBB+" auf "A-" hoch. Ausblick positiv.

EZB-Ratsmitglied Coene: Werden weitere Maßnahmen ergreifen wenn nötig.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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