Finanzanleger dominieren das Geschehen am Ölmarkt
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Energie: Spekulation ist in den vergangenen Jahren zu einem unabdingbaren Teil des Tagesgeschäfts an den Rohstoffmärkten geworden. Dabei haben die Finanzanleger viele positive "Eigenschaften": Ihre schnelle Reaktionszeit, ein eventuell besseres Verständnis für globale Zusammenhänge und die durch sie unterstützten hohen Handelsvolumina tragen unmittelbar zu Markttransparenz, Liquidität und zeitnahen Preisreaktionen am Markt bei. Kritisch wird es jedoch, wenn die Anleger zum entscheidenden preistreibenden Faktor werden. Im Moment bestimmen aus unserer Sicht die Anleger das Geschehen an den Energiemärkten. Allein in der Woche zum 1. März ist die Anzahl der Netto-Long-Positionen der Anleger um 62,6 Tsd. Kontrakte bzw. um über 30% auf einen neuen Rekord von 268,6 Tsd. Kontrakten gestiegen. Auch stieg die Anzahl offener WTI-Positionen auf ein Allzeithoch bei knapp 1,57 Mio. Kontrakten à 1.000 Barrel. Die ausstehenden Spekulationen auf steigende Ölpreise dürften mittlerweile sogar deutlich höher sein, weil die Preise seit Anfang März gestiegen sind und Brent zuletzt Umschichtungen aus den WTI-Futures verzeichnet haben dürfte. Auch wenn das aktuell starke spekulative Interesse im Gegensatz zur Ölblase im Jahr 2008 einen nachvollziehbaren Grund hat, sind die Gefahr und das potenzielle Ausmaß einer Preiskorrektur gewaltig. Noch dürften jedoch die Unruhen im Nahen Osten und Nordafrika die Preise unterstützen. Im Gegensatz zu Rohöl setzen die Anleger bei Erdgas mehrheitlich auf fallende Preise: Zuletzt erreichten die Netto-Short-Positionen der Anleger ebenfalls einen Rekord bei über 207,4 Tsd. Kontrakten, was weiter auf die Beliebtheit der Handelsstrategie "Long Öl/Short Gas" hindeutet.
Edelmetalle: Die sich ausweitenden Unruhen in Libyen über das Wochenende halten die Rohstoffmärkte weiter in Atem. Gold profitiert dabei von seinem Status als sicherer Hafen und handelt nur knapp unter seinem Rekordhoch von 1.440 USD je Feinunze. Spekulative Anleger haben bei Gold ihre Netto-Long-Positionen in der Woche bis zum 1. März erneut um 12% auf 188,8 Tsd. Kontrakte ausgeweitet. Dies entspricht dem höchsten Stand seit Anfang November. Da die Statistik nur Daten bis einschließlich Dienstag letzter Woche umfasst und der Goldpreis seitdem weiter gestiegen ist, ist davon auszugehen, dass die Finanzanleger ihre Wetten auf steigende Preise auch nach diesem Stichtag ausgeweitet haben.
Wirklich überraschend ist allerdings die relative Stärke bei Silber, wobei der Silberpreis allein in den letzten zwei Handelstagen um über 6% angezogen und heute Morgen ein neues 31-Jahreshoch bei 36,5 USD je Unze aufgestellt hat. Dabei zeigte sich der Preis sogar gänzlich unbeeindruckt von einem erneuten Abbau der Netto-Long-Positionen spekulativer Anleger. Im Zuge der starken Preisentwicklung von Silber ist der Gold-Silber-Koeffizient unter 40 und damit den niedrigsten Wert seit 1980 gefallen (siehe Grafik des Tages). Im Vergleich zu Gold profitiert Silber stärker von der positiven Konjunkturentwicklung weltweit. Auch häufen sich Meldungen, dass die Kleinanleger zurzeit verstärkt Silber als Inflationsschutz kaufen.
Industriemetalle: Die Metallpreise stehen zum Wochenauftakt im Zuge der sich ausweitenden Unruhen in Libyen und der dadurch steigenden Risikoaversion der Marktteilnehmer moderat unter Druck und geben in der Breite leicht nach. Belastend wirken sich auch Aussagen des chinesischen Ministerpräsidenten Wen Jiabao aus, der vor dem Nationalen Volkskongress vor den Gefahren der Inflation für den Zusammenhalt des Landes gewarnt hat. Die Teuerungsrate soll daher im laufenden Jahr nicht mehr als 4% betragen. Um dieses Ziel zu erreichen, ist allerdings die Einführung weiterer restriktiver geld- und fiskalpolitischer Maßnahmen notwendig. Zudem soll das Wirtschaftswachstum im Durchschnitt der kommenden fünf Jahre auf 7% begrenzt werden, um Überhitzungen vorzubeugen. Dies könnte im Endeffekt dazu führen, dass sich die Rohstoffnachfrage Chinas abschwächt - mit negativen Folgen für die Preise. Am Kupfermarkt bleibt zunächst jedoch das angespannte Angebots-Nachfrage-Verhältnis bestimmend. Der weltweit größte Kupferproduzent, Codelco, geht davon aus, dass das Angebot bis ins nächste Jahr hinein nicht die Nachfrage decken kann. Die spekulativen Finanzanleger haben in der Woche zum 1. März im Falle von Kupfer ihre Netto-Long-Positionen zum ersten Mal seit drei Wochen wieder moderat um gut 6% auf 25,7 Tsd. Kontrakte ausgeweitet und damit zum leichten Preisanstieg in dieser Periode beigetragen.
Agrarrohstoffe: Am Donnerstag wird das US-Landwirtschaftsministerium USDA seine aktuellen Prognosen zu Angebot und Nachfrage für wichtige Agrarprodukte in den USA und weltweit veröffentlichen. Bekannt ist bereits, dass das USDA davon ausgeht, dass in diesem Frühjahr die US-Anbaufläche für Mais so groß wie zuletzt 1944 sein und die Sojabohnenfläche sogar ein Rekordhoch erreichen wird. Derzeit schwankt der Maismarkt zwischen der Erwartung einer entsprechenden Angebotsausweitung und starker Nachfrage zur Herstellung von Ethanol und Tierfutter sowie aus dem Ausland. Bei Sojabohnen bestimmten zuletzt Regenfälle, die die Erntearbeiten in Brasilien herauszögern, sowie die Arbeitskämpfe in Argentinien das Bild, während sich die Ernteprognosen insgesamt auf sehr hohem Niveau halten. Das Analysehaus Informa hat am Freitag seine Schätzung für die brasilianische Sojabohnenernte um gut 2 Mio. Tonnen auf 71,4 Mio. Tonnen angehoben, die argentinische Ernte um 3 Mio. Tonnen auf 52 Mio. Tonnen. Für die weitere weltweite Entwicklung bleibt v.a. abzuwarten, ob das Wetter in den USA so mitspielt, dass nach dem schneereichen Winter nicht Überschwemmungen im Frühjahr die Aussaat verzögern, und aus der großen Fläche auch tatsächlich Rekorderträge werden. Diese müssten, um dauerhaft entspannend zu wirken, die hohe Nachfrage befriedigen und gleichzeitig eine Aufstockung der niedrigen Lagerbestände erlauben. In den USA sollen diese nach bisheriger Schätzung des USDA zum Ende des Wirtschaftsjahres 2010/11 bei Mais nur noch 20 Tage und bei Sojabohnen nur 15 Tage der Nachfrage nach US-Mais und -Sojabohnen decken.
Quelle: Commerzbank
Disclaimer: Diese Information dient ausschließlich Informationszwecken und stellt weder eine individuelle Anlageempfehlung noch ein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder sonstigen Finanzinstrumenten dar. Diese Ausarbeitung ersetzt nicht eine individuelle anleger- und anlagegerechte Beratung. Die in der Ausarbeitung enthaltenen Informationen wurden sorgfältig zusammengestellt. Wesentliche Informationsquellen für diese Ausarbeitung sind Informationen der Fondsgesellschaft. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann jedoch nicht übernommen werden. Einschätzungen und Bewertungen reflektieren die Meinung des Verfassers im Zeitpunkt der Erstellung der Ausarbeitung.
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