Kommentar
16:16 Uhr, 25.09.2017

Fed: Ein Schuss in den Ofen?

Der US-Notenbank ist sehr an höheren Langfristzinsen gelegen. Nicht zuletzt deswegen will sie ihre Bilanz verkleinern. Der Markt macht aber nicht mit.

Nach dem Zinsentscheid am vergangenen Mittwoch sprang die Rendite 10-jähriger Anleihen von 2,24 % auf 2,28 % nach oben. Es gab eine Reaktion auf den Notenbankentscheid. Den Anstieg um 0,04 Prozentpunkte als Sprung zu bezeichnen, ist freilich waghalsig. Es war, wenn man ehrlich ist, ein vorsichtiges Zucken.

Die Rendite sank am Freitag wieder auf 2,246 % und legt gegen Handelsende einen „Spurt“ Richtung 2,26 % hin. Selbst wenn es in den nächsten Tagen und Wochen leicht aufwärtsgeht, ist das alles in allem immer noch wenig. Das ist aus mehreren Gründen bemerkenswert.

Zum einen ist da die Ruhe des Marktes. Unzählige Experten waren noch vor kurzem felsenfest davon überzeugt, dass der Markt nicht ohne Liquiditätsschwemme kann. Bisher kann er. Das mag in einem Jahr anders aussehen. Aktuell ist die Sachlage aber klar: es kümmert niemanden.

Zum anderen hat die Notenbank selbst berechnet, dass die QE Programme die Langfristzinsen um einen Prozentpunkt gesenkt haben. Ohne die Bilanzausweitung müssten die Zinsen heute also bei ca. 3,25 % stehen. Reduziert die Fed nun ihre Bilanz, müsste das im Umkehrschluss die Langfristzinsen anheben. Danach sieht es derzeit nicht aus.

Das liegt möglicherweise auch daran, dass der als langfristig normal angesehene Leitzins nur noch bei 2,8 % liegt. Einzelne Notenbanker gehen geradezu auf Werbetour (San Francisco Fed Chef Williams etwa) für einen Leitzins von 2,5 %. Das bedeutet immer noch eine Verdopplung im Vergleich zum derzeitigen Niveau, doch in absoluten Zahlen ist es nicht viel.

Staatsanleihen gelten als sicher. Wieso sollte eine Staatsanleihe eine wesentlich höhere Rendite abwerfen als der Leitzins? Es gibt Gründe, weshalb die Langfristzinsen von Anleihen höher sein sollten. Da ist einerseits die Unsicherheit über die Inflation (steigt diese, sind die Zinsen derzeit zu niedrig) und andererseits die allgemeine Unsicherheit über das Leitzinsniveau und die Staatsfinanzen. Das rechtfertigt eine höhere Rendite.

Nun ist die Inflation weiterhin moderat und die Notenbank hat den Markt so dermaßen mit Geld überschwemmt, dass ja niemand mehr weiß, wohin damit. Das hält die Zinsen niedrig. Die Liquidität wird nun in den USA abgeschöpft, doch global geht es noch munter weiter.

Die Unsicherheit über das Zinsniveau ist dem Markt genommen, indem die Notenbanken selbst einem immer niedrigeren, natürlichen Leitzins propagieren. Auch die Staatsfinanzen sind kein Argument. Wird es eng, wie etwa in einigen Eurostaaten, kauft die Notenbank den Markt sowieso leer.

Der einzige Faktor, der die Zinsen treiben kann, ist die Inflation. Hier denke ich, dass wir mittelfristig in den USA wieder eine 2 vor dem Komma sehen. Das mag sich nicht ewig halten, dürfte aber mittelfristig viele auf dem falschen Fuß erwischen. Die Langfristzinsen werden etwas steigen, vielleicht sogar ein klein weniger über 3 %. Das war’s dann aber.

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Fundamental lässt sich mehr als 3 % im Moment nicht herleiten. Für viele ist das schon eine schier größenwahnsinnige Ansage. Abtun sollte man die Möglichkeit dennoch nicht. Sehr langsam und daher fast unbemerkt, zeigen US Treasury Notes eine Topbildung aus. Das hat nichts mit fundamentalen Begebenheiten zu tun, doch wir wissen alle, dass der Markt nicht immer in Einklang mit den Fundamentaldaten steht.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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