Kommentar
05:48 Uhr, 14.03.2014

FDAX und Bund-Future: Handelstagebuch vom 14. März 2014

Wie wird der FDAX heute nach dem gestrigen Kursabriss reagieren? Statistische Auswertungen könnten eine Indikation liefern. Der Bund-Future markierte gestern ein neues Hoch.

Hinweis in eigener Sache: weiterführende Markteinschätzungen intraday zu DAX / FDAX und Bund-Future, aber auch interessante Beiträge zum Thema als auch zu anderen Handelsansätzen von anderen Lesern, finden Sie börsentäglich unterhttp://go.guidants.com/#c/uwe_wagner

Allgemeine Markteinschätzung

Die Krise in der Ukraine im Allgemeinen, Sorgen im Bezug auf die Durchführung und den Ausgang (besonders im Hinblick auf die Reaktionen des Westens) der Abstimmung auf der Krim am Sonntag im Besonderen, die Furcht davor, dass Sanktionen gegen Russland zu einem Bumerang für unsere Wirtschaft werden könnten, Schwächeanfälle von Währungen in Schwellenländern, nachlassendes Wirtschaftswachstum in China …. Nur einige wenige offene Flanken, denen sich die Börsenmärkte derzeit gegenübersehen. Lösungen sind auf kurze Sicht nicht zu erkennen, mit dem Ergebnis, dass die Akteure im gestrigen nachmittäglichen Handel ihrem Leidensdruck der letzten Tage erneut nachgaben und reagierten. An den Aktienmärkten war es tiefrot, die Rentenmärkte schnellten zum Teil auf neue Höchststände. Gold setzte seinen Höhenflug fort, der Euro kletterte gegen den USD weiter. Und alle fragen sich: war es das jetzt endlich? Oder fängt es alles erst richtig an?

Das allgemeine Stimmungsumfeld ist jedenfalls deutlicher erschüttert, als man es sich in den letzten Tagen eingestehen wollte. Hier wird nun deutlich, auf welch dünnem Eis Märkte gebaut sind (bezieht sich auf beide Seiten), wenn ihre Kurse bereits seit langer Zeit von der Realwirtschaft durch die umherwabernden Kapitalmassen der Zentralbanken abgekoppelt sind und zunehmend ein Eigenleben führen.

FDAX

(Hinweis: Widerstände, Unterstützungen, Reaktionspotentiale etc. werden ab sofort in einem jeweilig gesonderten Arbeitsblatt zum Abruf bereitgestellt)

Weiterführende Einschätzung (Tageschart)

Beginnen wir unsere Markteinschätzung zum DAX / FDAX heute einmal andersherum: wir sehen uns erst die Einschätzung der grundsätzlichen Ausrichtung der Aktienmärkte an, leiten über zur Analyse des DAX / FDAX aus technischer Sicht, verkürzen auf die intraday-Ausgangslage und legen dann unsere beabsichtigte Kern-Positionierung für den Tag fest.

  1. Einschätzung der grundsätzlichen Ausrichtung der Aktienmärkte: Die gestrigen Kursabschläge erfassten nahezu alle von uns analysierten Indizes, jedoch mit unterschiedlichem Ausmaß. In Asien zeigte sich ein gemischtes Bild, wobei sich bei Nikkei 225 und HSI die Minuszeichen noch weniger stark ausprägten, da diese Märkte den Ausverkauf vom Nachmittag unserer Zeit naturgemäß nicht mehr mitmachen konnten. In den USA kamen Dow Jones und S&P 500 auffälliger unter die Räder, beide Indizes unterschritten zudem ihre erst jüngst angepassten, folglich abgeflachten Trendkanäle. Dennoch unterschritten weder der DJ, noch der S&P 500 im gestrigen Tagestief ihre vorangegangenen Reaktionstiefs innerhalb ihrer übergeordneten Aufwärtstrends im Tageschart, womit zumindest formal die charttechnische Abfolge von „steigenden Hochs und steigenden Tiefs“ zumindest bis jetzt noch gilt. Voraussichtlich könnte sich das heute ändern. In Europa sehen wir für gestern tiefrote Indexstände, wobei wir wieder einmal feststellen können: je näher der Markt am Brennpunkt Ukraine liegt und je enger dessen Wirtschaft von möglichen Auswirkungen von Sanktionsmaßnahmen betroffen sein wird, umso stärker hat es diese Märkte auch belastet. Damit bestätigt sich einmal mehr die Einschätzung, dass die Sorge vor einer weiteren Eskalation in dieser Region tatsächlich der Hauptbelastungsfaktor ist. Das heißt aber auch im Umkehrschluss: kommt es hier zu einer nachhaltigen Entspannung, wie auch immer, schwimmen gerade die jetzt am meisten abgestraften Börsen wieder ganz oben mit, wenn sich eine Kurserholung durchsetzt. Der Anstieg der Rentenmärkte und des Goldpreises macht jedoch auch deutlich: die zunehmend defensiveren Positionierungen, um Kapitalerträge zu schützen wo es nur geht, sind nicht punktuell erfolgt, sondern erfassen das gesamte Anlagespektrum.
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  1. Technische Beurteilung DAX / FDAX: Beginnen wir mit der strategischen Ausrichtung: blicken wir auf den DAX-Index, hier ist die immer wieder als übergeordnetes strategisches Muster angesprochene Doppelspitze per gestern vollendet worden. Die 9.071 in der Kasse und die 9.010 im FDAX war als Kurs-Ziel weiterführend immer vor Augen (wir wiesen auf diese Möglichkeit hin, wir hatten aber erst für heute (am Tag vor dem Abstimmungswochenende) mit der Vollendung gerechnet). Somit war der Markt in der Realität einen Tag schneller. Was bedeutet das jetzt? Zunächst: komplexe Kursformationen, wie eine Doppelspitze, eine Flagge, ein Wimpel usw. bilden die ersten Kursmusterklassifizierungen ab (was zu der Zeit, als diese erstmals zusammengestellt wurden, eine enorme analytische Leistung war). Ihr Manko ist, dass diese Formationen mathematisch nicht vollständig in ihrer Form erfasst werden können, was diese Formationen folglich statistisch nicht auf Zuverlässigkeit und Aussagekraft hin auswertbar macht. Das heißt, ihre Klassifikationen und ihre erwarteten Aussagen im Hinblick auf Kurs-Ziele, sind diskretionär und basieren auf Erfahrungswerten, mit all ihren Unsicherheiten. Das im Hinterkopf behaltend, würde eine vollendete Doppelspitze im DAX auf Sicht der nächsten Wochen durchaus ein weiterführendes Abwärtspotential von minus 800 Punkten haben (zumindest im Sinne der Definition). Diese Aussage jetzt aber bitte nur informativ aufnehmen. Die Markttechnik im DAX-Wochenchart trübt sich selbstredend weiter ein. Der unterlegte Richtungsfilter ist neutral, die Schwungkraft ist unverändert deutlich rückläufig. Sehen wir uns den FDAX auf Tagesbasis an, wird die vollendete Umkehrformation ebenfalls deutlich. Das zumindest diskretionär definierte Auffangniveau im 9.000er Bereich wurde gestern auch per Schlusskurs unterschritten. Die Markttechnik „stürzt“ dieser Entwicklung selbstredend hinterher: Richtungsfilter = short, Stärke weiter abnehmend und mittlerweile im Bereich des überverkauften Niveaus. Auffällig im Tageschart: der Kurs hat gestern seinen Abschwung beschleunigt fortgesetzt und damit die untere Trendkanalbegrenzung unterschritten. Formal liegt uns damit auch eine charttechnische Überhitzung vor.
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  1. Wie sieht das Tagesmuster im FDAX aus? Wie interpretieren wir den FDAX intraday? Das Tagesmuster im FDAX Tageschart ist ein sogenannter „schwarzer Block“, der Name sagt alles. Hieran wollen wir uns auch gar nicht zu lange festhalten. Viel interessanter wird jetzt die Frage nach dem, wie es weiter gehen könnte. Machen wir uns nichts vor: wenn die Krise in der Ukraine weiter eskaliert, braucht man wohl kaum Hellseher zu sein um zu wissen, dass das gestern noch nicht das Ende des Abschwungs gewesen sein wird. Auch per gestrigen Schlusskurs liegen uns keine Kursmuster vor, welche auf eine rasche Erholung setzen lassen. Aber dennoch, auch wenn eine solche Auswertung gerade in politisch getriebenen Börsen meist wenig aussagekräftig ist, wollen wir diese an dieser Stelle anbringen: Der FDAX verlor gestern 2,76 Prozent. Wir haben jetzt statistisch untersucht, in wieviel vergleichbaren Fällen der Future nach solchen Tagen (an denen er 2,7 Prozent oder mehr verloren hat) wieder in eine Erholung startete, bzw. sein Minus per Schlusskurs fortsetzte. Das Ergebnis fiel, bezogen auf einen gemessenen Zeitraum von 4 Jahren, wie folgt aus: ein solcher Fall trat 34-mal ein. In 17 Fällen schloss der FDAX am Ende des Folgetages im Plus, in 16 Fällen gab er weiter nach. Der aktuelle, nämlich 34. Fall ist ja Stand jetzt noch nicht geklärt. Damit liegt eine 50 prozentige Trefferquote vor, wenn es darum geht zu prognostizieren, wo der FDAX heute schließen wird. Der Profit-Faktor aber, sofern man jedes Mal eine Long-Position ohne Stopp-Kurs eröffnet hätte, liegt bei 1,75 Punkten. Am Ende des Tages erbrachte diese Strategie sogar einen Gewinn bei volatil aber stetig ansteigender Ertragskurve. Die durchschnittlichen Gewinne lagen auffällig höher als die Verluste, was darauf schließen lässt, dass in der Regel im Durchschnitt eine Erholung ausgeprägter ausfällt, als eine Fortsetzung des Abschwungs. Hätte man eine solche Handelsstrategie durchgeführt, wäre in den letzten vier Jahren nur 2013 mit einem Verlust zu Ende gegangen. Den höchsten Gewinn hätte 2011 erbracht, gefolgt von 2014 (!) und dann 2012 vor 2010. Auf was wollen wir hinaus? Die Chance auf eine Erholung und auf einen heutigen positiven Schlusskurs liegt zumindest statistisch bei 50 Prozent mit der Chance darauf, dass die Erholung, wenn sie denn eintritt, ausgeprägter ausfällt, als das Minus ausfallen würde, wenn es weitere Abschläge gibt. Errechnen wir noch schnell, der Vollständigkeit halber, die Erholungspotentiale, bezogen auf das laufende Bewegungsfraktal von 9.603 bis zum gestrigen Tagestief bei 8.928 Punkten: Minimumkorrektur bei 9.152 bis 9.185, Normalkorrektur bei 9.265, Maximumkorrektur bei 9.345 / 9.377 Punkten. Charttechnische Widerstände, ermittelt am 30 Minuten-Chart: 9.141 (orientativ), 9.168 (orientativ), 9.182 und 9.193. Auf einen Aspekt wollen wir aber hinweisen, welcher auf jeden Fall positiv zu werten ist: der FDAX ist sowohl im Tageschart, als auch im Stunden und 30 Minuten-Chart überverkauft – zum Teil extrem.
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  1. Geplante Handelsrichtung: Kommen wir jetzt zum schwierigsten Teil, der Bestimmung unserer Kern-Positionierung. Da hier auch statistisch alles offen ist, werden wir uns auf die Seite stellen, wo wir im Erfolgsfalle den höchsten Ertrag erwarten könnten und das wäre (zumindest der Statistik folgend) die Long-Seite. Selbstverständlich wird der Besicherung durch entsprechende Hedge-Strategien eine sehr hohe Bedeutung zukommen. Hinzu kommt, dass möglicherweise die heutige Anfangsphase des Handels noch sehr unter Druck stehen könnte, das werden wir alles mit zu berücksichtigen haben und in unserem Stream unter

http://go.guidants.com/de#c/uwe_wagner besprechen.

Bund-Future

(Hinweis: Widerstände, Unterstützungen, Reaktionspotentiale etc. werden ab sofort in einem jeweilig gesonderten Arbeitsblatt zum Abruf bereitgestellt)

Der Bund-Future profitierte gestern Nachmittag von der Sorge, welche die Aktienmärkte im Griff hatte. Nach einer anfänglichen Seitwärtsphase über weite Strecken des Vormittages, zeigten sich gegen 13:00 Uhr erste Ansätze zu einem Ausbruch auf der Oberseite, was uns im Bezug auf unsere gestern Morgen noch positiv geführte Einschätzung für den FDAX den „Rückwärtsgang“ einlegen ließ. Im gleichen Momentum, wie der FDAX dann abgab, setzte sich der Renten-Kontrakt auf der Oberseite durch und markierte im Juni-Kontrakt mit 143,79 ein neues Hoch (Tagesschluss 143,70).

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Sowohl Tages-, als auch Stundenchart des FGBL zeigen damit einen intakten Aufwärtstrend, chart- wie auch markttechnisch in jeder Hinsicht bestätigt. Hinweisen möchten wir auf folgende Aspekte. Der Renten-Kontrakt ist im 60 Minuten Chart deutlich überkauft und formt noch immer an einer negativen Divergenz zwischen Stärke und Kursverlauf im Tageschart-Zeitfenster. Sinnvolle Widerstände liegen uns nach oben hin keine vor, Unterstützung erhalten wir im Bereich um 143,49 / 143,43, darunter um 143,08 und 142,93. Eine bereits gestern überwundene HC kommt im Bereich um 143,54 in den Markt.

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Sollte sich unsere 50/50 Einschätzung im FDAX heute auf der Oberseite durchsetzen, wäre das ein Indiz, dass wir auch im Bund-Future heute leichte Gewinnmitnahmen sehen könnten.

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Über den Experten

Uwe Wagner
Uwe Wagner
Technischer Analyst und Trader

Uwe Wagner arbeitete bereits während seines Wirtschaftsstudiums als Maklergehilfe an den Börsen in Berlin, Wien und Madrid. 1991 trat er dann in die Deutsche Bank AG ein, wo er eine fundierte Ausbildung im Wertpapier- und Derivatehandel erhielt – in Frankfurt/Main sowie in Chicago im International Trading Institute unter dem bekannten Warenhändler Toni Saliba. Innerhalb der Deutschen Bank AG durchlief Wagner diverse Etappen im Handelsbereich. So betreute er als DTB Market Maker zunächst diverse Werte, verantwortete anschließend den Options- und Future-Handel in der Deutsche Bank S.A. in Madrid und mehrere Jahre die spekulative Verwaltung von Teilen des Eigenkapitals der Bank über DB Advisor. Wagner baute innerhalb der Deutsche Bank AG das damals erste Internet-Tool für Technische Marktanalysen (dbS-Trade) auf und führte den systembasierten Handel in Future-Märkten. Sein Schwerpunkt liegt seit über 20 Jahren auf dem FDAX und dem Bund-Future-Markt, den er täglich analytisch seziert, um daraus Handelsszenarien zu entwickeln und diese dann auch aktiv umzusetzen. Seit 2003 lebt und arbeitet Wagner in Hamburg. Uwe Wagner ist aktiv im FDAX und Bund-Future tätig.

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