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09:33 Uhr, 06.07.2012

EZB-Zinsentscheid: Inflationsgefahr rückt näher

Köln (BoerseGo.de) - Die Märkte haben es erwartet, und die Notenbank hat nicht enttäuscht: Am Donnerstag senkte die Europäische Zentralbank den Leitzins in der Eurozone auf einen historischen Tiefstand von 0,75 Prozent. Banken können sich nun so billig wie noch nie Geld von der EZB borgen. Der neue Zinssatz von 0,75 Prozent gilt auch für die großen Refinanzierungsgeschäfte der Zentralbank vom Jahreswechsel. Die EZB hatte den Banken im Dezember und Februar eine Billionen Euro für drei Jahre zum Leitzins angeboten. Nach Einschätzung der Experten des Instituts der Deutschen Wirtschaft in Köln, trägt der jüngste EZB-Schritt dennoch keineswegs zur Lösung der Eurokrise bei. Die Ökonomen befürchten im Gegenteil langfristig eher negative Auswirkungen.

Hintergrund der Zinssenkung ist die schwächelnde Konjunktur in der Eurozone und die derzeit niedrige Inflationsrate. Jüngste Daten belegen den Negativtrend: die Konjunktur in der Euro-Zone bricht in der Breite eine und droht in eine Rezession zu schlittern. Auch die Unsicherheit über den Fortgang der Staatsschulden- und Bankenkrise und über das Überleben des Euro ist weiterhin spürbar. Mittlerweile steht auch der einstige Fels in der Brandung Deutschland mitten im Abwärtstrend. Hinzu kommt, dass die Euro-Inflationsrate mit 2,4 Prozent zwar noch über dem Zielwert der EZB von knapp 2,0 Prozent verharrt, der Trend im Währungsraum aber nach unten zeigt.

Nach Ansicht der Forscher des IW Köln verbessert der Zinsschritt die Ertragssituation der Banken und wird mit einiger Verzögerung auch die Finanzierungsbedingungen der Realwirtschaft verbessern. Die Ökonomen warnen jedoch, dass die lockere Geldpolitik die Krise letztlich nur symptomatisch bekämpfen kann. Zudem sei keineswegs gesichert, dass die EZB die Zinsen störungsfrei wieder erhöhen und die geschaffene Liquidität wieder einzusammeln vermag. Im schlimmsten Fall, so die Befürchtung des IW Köln, drohe langfristig eine Geldentwertung. Zudem könne es zu Fehlinvestitionen kommen, weil sich das viele Geld auch schlechte Projekte sucht.

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Über den Experten

Bernd Lammert
Bernd Lammert
Finanzredakteur

Bernd Lammert arbeitet als Redakteur seit 2010 bei der BörseGo AG. Er ist studierter Wirtschafts- und Medienjurist sowie ausgebildeter Journalist. Das Volontariat absolvierte er noch beim Radio, beruflich fand er dann aber schnell den Weg in andere Medien und arbeitete u. a. beim Börsen-TV in Kulmbach und Frankfurt sowie als Printredakteur bei der Financial Times Deutschland in Berlin. In seinen täglichen Online-Berichten bietet er Nachrichten und Informationen rund um die Finanzmärkte. Darüber hinaus analysiert er wirtschaftsrelevante Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte für eine Finanzagentur. Grundsätzlich ist Bernd Lammert der Ansicht, dass aktuelle Kenntnisse über die Märkte sowie deren immanente Risiken einem keine Erfolge schlechthin garantieren, aber die Erfolgschancen deutlich erhöhen können.

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