Analyse
15:45 Uhr, 25.07.2019

EZB enttäuscht den Markt: Zinsen werden vorerst nicht gesenkt

Update: Die EZB lockert ihre Geldpolitik vorerst noch nicht. Zwar stellt die EZB weitere Zinssenkungen und mögliche neue Anleihekäufe in Aussicht und will im September über die neuen Maßnahmen diskutieren. Doch das reicht dem Markt offensichtlich nicht.

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Das war wohl nichts: Manche Beobachter hatten darauf spekuliert, dass die EZB bereits heute eine Senkung des sogenannten Einlagezinses beschließen würde. Doch außer einer Anpassung des Ausblicks beschloss der EZB-Rat nichts konkretes. Der eigentliche Leitzins ("Hauptrefinanzierungssatz") bleibt auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent, wie die EZB in Frankfurt mitteilte. Auch beim sogenannten Einlagensatz (derzeit minus 0,4 Prozent , "Strafzins für die Banken") und beim sogenannten Spitzenrefinanzierungssatz (0,25 Prozent) gibt es keine Veränderungen.

Im Statement zum Zinsentscheid finden sich Hinweise auf eine künftige Lockerung der Geldpolitik. So heißt es im Statement jetzt, dass die Leitzinsen bis zum Ende des ersten Halbjahres 2020 auf dem aktuellen Niveau oder einem niedrigeren Niveau bleiben sollen. Der Hinweis auf ein "niedrigeres Niveau" wurde nun wieder ins Statement eingefügt und deutet damit künftige mögliche Zinssenkungen an.

Im Statement heißt es außerdem: "Sollten die mittelfristigen Inflationsaussichten weiterhin hinter dem Ziel des EZB-Rats zurückbleiben, ist er dementsprechend entschlossen, im Einklang mit seiner Verpflichtung auf die Symmetrie des Inflationsziels zu handeln. Er ist daher bereit, all seine Instrumente gegebenenfalls anzupassen, um sicherzustellen, dass sich die Inflation auf nachhaltige Weise auf sein Ziel zubewegt." Mit Symmetrie des Inflationsziels ist dabei gemeint, dass die EZB weder eine dauerhaft zu hohe noch eine dauerhaft zu niedrige Inflation akzeptieren will.

Der Mitarbeiterstab der EZB soll mögliche weitere Maßnahmen prüfen: "In diesem Zusammenhang hat der EZB-Rat die entsprechenden Ausschüsse des Eurosystems mit der Überprüfung von Optionen beauftragt, darunter Möglichkeiten zur Stärkung seiner Forward Guidance zu den Leitzinsen, Ausgleichsmaßnahmen wie die Entwicklung eines gestaffelten Systems bei der Verzinsung der Reserveguthaben und Optionen hinsichtlich des Umfangs und der Zusammensetzung möglicher neuer Nettoankäufe von Vermögenswerten."

Zu den Optionen gehören also auch mögliche neue Anleihekäufe und die Einführung von Staffelzinsen. Staffelzinsen könnten die Banken von den negativen Folgen der Strafzinsen entlasten.

In seinen Aussagen auf der Pressekonferenz verwies Draghi auch darauf, dass die Fiskalpolitik, also die Regierungen, gefordert seien, um "idiosynkratische Schocks" wie die jüngsten Probleme der deutschen Industrie, abzufedern.

Die EZB hatte bereits am Vormittag mitgeteilt, dass der EZB-Rat "keine Einwände" gegen Christine Lagarde als künftige EZB-Präsidentin und Nachfolger von Mario Draghi habe. Draghis Amtszeit endet im Oktober. "Der EZB-Rat hat keine Einwände gegen die Ernennung der vorgeschlagenen Kandidatin, Christine Lagarde, die eine in Währungs- oder Bankfragen anerkannte und erfahrene Persönlichkeit im Sinne von Artikel 283 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union ist", heißt es im Statament. Auf der Pressekonferenz sagte Draghi, dass er glaube, dass Lagarde eine "herausragende EZB-Präsidentin" sein werde. Für die Übernahme des Chefpostens beim IWF stehe er nicht zur Verfügung, sagte Draghi. Zuvor war berichtet worden, Frankreich befürworte Draghi als neuen IWF-Chef.

Marktreaktionen: Die heutigen Entscheidungen der EZB reichten dem Markt offensichtlich nicht. Der Euro legte deutlich zu, nachdem er bis zum Beginn der Pressekonferenz deutlich zugelegt hatte.

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Der DAX und andere Aktienindizes gaben zwischenzeitliche Kursgewinne wieder ab und rutschten deutlich ins Minus.

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Wichtige Aussagen von EZB-Präsident Mario Draghi auf der Pressekonferenz:

  • Wenn die Inflation hinter den Erwartungen der EZB zurückbleibt, sei die EZB bereit, "alle Instrumente" einzusetzen, so Draghi.
  • Beschäftigung und Lohnentwicklung stützen die Wirtschaft.
  • Im September soll über weitere Maßnahmen gesprochen werden.
  • Geopolitik, Protektionismus und die wirtschaftliche Situation in den Schwellenländern belasten aber die Stimmung und sind potenzielle Risiken.
  • Es überwiegen weiter die Abwärtsrisiken.
  • Die Inflationserwartungen sind zuletzt gesunken.
  • Eine umfangreiche Stimulierung der Wirtschaft ist weiterhin notwendig.
  • Das verarbeitende Gewerbe hat sich zuletzt besonders schwach präsentiert.
  • Der Ausblick wird schlechter und schlechter, vor allem in der Industrie.
  • Es gab Diskussionen darüber, ob das Inflationsziel der EZB angepasst werden soll.
  • "Wir mögen nicht, was wir sehen bei der Inflation."
  • "Wir akzeptieren keine dauerhaft zu niedrige Inflation."
  • Die EZB will zunächst weitere Daten abwarten, bevor man über eine Lockerung entscheidet. Außerdem wären die Entscheiungen recht komplex, weshalb man heute keine Entscheidung getroffen hat.
  • Es wurde nicht diskutiert, wie stark die Zinsen gesenkt werden könnten oder wie die künftigen Wertpapierkäufe genau aussehen könnten, die Diskussionen haben sich darauf beschränkt, die heutigen Anpassungen im Ausblick zu formulieren, so Draghi.
  • Das Risiko für eine Rezession ist ziemlich gering.
  • Die Industrie in Deutschland sowie in Italien und zu einem gewisseren Grad in anderen Ländern wird von einem idiosynkratischen Schock belastet, so Draghi. Es sei entscheidend, dass ein starker Abfall durch fiskalpolitische Maßnahmen abgefedert werde.
  • Über die designierte EZB-Präsidentin Christine Lagarde: "Ich glaube meine Nachfolgerin wird eine herausragende EZB-Präsidentin sein."
  • Über Libra wurde heute nicht gesprochen, darüber wurde aber intensiv beim Treffen der G7-Staaten getroffen. Es gebe ernsthafte Bedenken.

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18 Kommentare

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  • godfather
    godfather

    Ob ein Einlagezins von -0,5% wirklich zu einer erhöhten Kreditvergabe der Banken führt, darf bezweifelt werden. Besonders dann, wenn die Banken ausreichend hohe Freibeträge für Ihre bei der EZB geparkten Gelder erhalten. Sch… äh ganz egal sind der EZB die Banken also nicht.

    Es geht hier m.E. auch nur vordergründig um Kreditvergabe, Inflation und allerlei andere ökonomische Daten. Nicht umsonst bereitet die EZB die Märkte ja langsam darauf vor, dass man freudig bereit ist, neue Instrumente der Geldpolitik einzusetzen. Bei den Anleihekäufen werden dann z.B. die bisherigen Bedingungen einfach mal ignoriert oder angepasst. So kann man dann künftig mit Sicherheit (Ramsch)Anleihen jeder Art von jedem beliebigen EU-Land in unbegrenzter Höhe kaufen. Ebenso könnte man den Banken den ganzen Schrott aus den Bilanzen heraus kaufen, da geht sicher noch viel mehr.

    Diese Art der Geldpolitik kann sicher noch lange gut gehen, allerdings können die Zinsen in diesem System nie wieder ihrer eigentlichen Aufgabe als Risikoprämie gerecht werden und das ist (wird) das eigentliche Problem. Eine effiziente, wettbewerbsfähige Wirtschaft ist so nicht mehr zu erhalten. Reformen und viele andere unbequeme Maßnahmen sind ja jetzt überflüssig. Sie werden zwar bei jeder EZB-Sitzung gebetsmühlenartig gefordert aber nie umgesetzt. So wird die europäische Wirtschaft im globalen Wettbewerb abgehängt und mit unserem derzeitigen Wohlstand war’s das dann. Die Kaufkraft des Euros wird das dementsprechend widerspiegeln…

    18:01 Uhr, 25.07. 2019
    1 Antwort anzeigen
  • Dr. Bull
    Dr. Bull

    Die Märkte erholen sich schon wieder. Die müssen die Situation erstmal einordnen. Und schwupps ist der Dax wieder auf mindestens 12600 und der Nasdaq auf über 8000.

    17:55 Uhr, 25.07. 2019
  • Globesurfer
    Globesurfer

    Ich bin kein Oekonom, aber ich denke in die Richtung. Fuer mich macht es keinen Sinn den Einlagezins zu senken... Ich verstehe schon das Prinzip, aber Banken werden ja geradezu gezwungen Kredite zu vergeben. Wahrscheinlich auch Kredite an Leute, den man vorher keinen Kredit geben wollte.

    So bring ich doch mehr Risiko-Geld in den Markt. Wenn da mal eine natuerliche Rezession kommt und einige Unternehmen pleite gehen (ganz natuerlicher Vorgang) und dazu einige Leute Ihren Job verlieren oder Kreite nicht mehr bezahlen koennen.... Ja dann kommen wir doch unweigerlich an einen Punkt wo die Domino Steine hart und schnell fallen.

    Wo kommt denn der Drang her nach 10 Jahren Boom Phase den Markt noch oben zu halten. Nur weil man Inflation und Preisstabilitaet als Vorwand haelt? Das Geld kam halt nie bei der Bevoelkerung an ODER wuerde halt einfach in den Aktienmarkt und Co gepumpt.

    Geld gebe ich doch nur aus, wenn ich es MUSS! Also Helikopter Geld mit der Verpflichtung davon was zu kaufen. Sonst lege ich das doch Mittel- oder langfristig an.

    Ich bin halt kein Oekonom... xD

    16:56 Uhr, 25.07. 2019
    1 Antwort anzeigen
  • Hajolu
    Hajolu

    Herr Baron, klaeren Sie doch bitte mal auf, kapiere das schon lange nicht mehr:

    Wie sollen denn Zinsen gesenkt werden, wenn sie schon bei NULL bzw. negativ sind?!

    15:51 Uhr, 25.07. 2019
    2 Antworten anzeigen
  • grinder1337
    grinder1337

    das übliche gequatsche reicht wohl nicht mehr aus. dummes blabla mit 0 substanz

    15:26 Uhr, 25.07. 2019
  • Floh11
    Floh11

    Was ist denn jetzt passiert? Siehe Euro usw...

    15:08 Uhr, 25.07. 2019

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Über den Experten

Oliver Baron
Oliver Baron
Experte für Anlagestrategien

Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

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