Kommentar
14:55 Uhr, 15.12.2022

Lagarde: Zinsen sollen weiter "signifikant und gleichmäßig" steigen

Die Europäische Zentralbank (EZB) verlangsamt das Tempo ihrer Zinserhöhungen, stellt gleichzeitig aber weitere "deutliche" Anhebungen in Aussicht. Die Zinsen müssten weiter "signifikant und gleichmäßig" steigen, sagte EZB-Präsidentin Christine Lagarde auf der Pressekonferenz zum Zinsentscheid.

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Hinweis: Updates von der Pressekonferenz finden Sie weiter unten im Artikel.

Im Kampf gegen die hohe Inflation in der Eurozone erhöht die Europäische Zentralbank (EZB) die Leitzinsen zwar weiter, drosselt aber die Geschwindigkeit der Zinserhöhungen. Nach zwei Anhebungen um jeweils 0,75 Prozentpunkte (75 Basispunkte) in Folge steigen die Zinsen nun wie erwartet nur noch um 0,5 Prozentpunkte, wie die EZB im Rahmen ihres Zinsentscheids am Donnerstag mitteilte.

Der eigentliche Leitzins (Hauptrefinanzierungszins) steigt von 2,00 Prozent auf 2,50 Prozent. Der Einlagensatz für die Banken erhöht sich von 1,50 Prozent auf 2,00 Prozentpunkte. Der Spitzenrefinanzierungszins wird von 2,25 Prozent auf 2,75 Prozent angehoben.

Die EZB stellt weitere deutliche Zinserhöhungen in Aussicht. Der EZB-Rat gehe "aufgrund der erheblich nach oben korrigierten Inflationsaussichten davon aus", dass die Zinsen weiter steigen müssten, heißt es im Statement zum Zinsentscheid. "Der EZB-Rat ist insbesondere der Auffassung, dass die Zinsen noch deutlich und in einem gleichmäßigen Tempo steigen müssen, um ein ausreichend restriktives Niveau zu erreichen, das eine zeitnahe Rückkehr der Inflation zum mittelfristigen 2 %-Ziel gewährleistet. Ein restriktives Zinsniveau wird im Laufe der Zeit die Inflation senken, indem es die Nachfrage dämpft, und gleichzeitig dem Risiko vorbeugen, dass sich die Inflationserwartungen dauerhaft nach oben verschieben. Die Leitzinsbeschlüsse des EZB-Rats werden auch in Zukunft von der Datenlage abhängen und von Sitzung zu Sitzung festgelegt."

Die EZB gab auch erste Details zu dem von ihr geplanten Abbau der Bilanzsumme (Quantitative Tightening, QT) bekannt. "Ab Anfang März 2023 werden die Bestände aus dem Programm zum Ankauf von Vermögenswerten (Asset Purchase Programme – APP) in einem maßvollen und vorhersehbaren Tempo reduziert, da das Eurosystem die Tilgungsbeträge von Wertpapieren bei Fälligkeit nicht mehr vollumfänglich wieder anlegen wird", heißt es im Statement zum Zinsentscheid. "Bis zum Ende des zweiten Quartals 2023 werden die Bestände monatlich im Durchschnitt um 15 Milliarden Euro reduziert. Das Tempo danach wird im Zeitverlauf festgelegt." Die genauen Parameter des Bilanzabbaus sollen bei der Sitzung im Februar bekanntgeben werden.

Am Vorabend hatte bereits die US-Notenbank Fed das Tempo ihrer Zinserhöhungen auf 50 Basispunkte reduziert, gleichzeitig aber ebenfalls weitere deutliche Zinserhöhungen im kommenden Jahr in Aussicht gestellt.

Die Inflationsrate in der Eurozone war nach vorläufigen Angaben von 10,6 Prozent im Oktober auf 10,0 Prozent im November gesunken, befindet sich damit aber weiter bei einem Vielfachen des EZB-Ziels von zwei Prozent.

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Ihre Inflationsprognosen erhöhte die EZB deutlich. Experten des Eurosystems gehen davon aus, "dass die durchschnittliche Inflation 2022 bei 8,4 Prozent liegen wird, bevor sie 2023 auf 6,3 Prozent sinkt, wobei die Inflationsrate im Verlauf des Jahres merklich zurückgehen dürfte", heißt es im Statement zum Zinsentscheid. "Danach wird die durchschnittliche Inflation den Projektionen zufolge 2024 bei 3,4 Prozent und 2025 bei 2,3 Prozent liegen."

Nach Einschätzung der EZB könnte die Wirtschaft der Eurozone in diesem und im nächsten Quartal schrumpfen, eine Rezession dürfte aber "relativ kurz und milde sein", heißt es. "Insgesamt gehen die von Fachleuten des Eurosystems erstellten Projektionen nun von einem Wirtschaftswachstum von 3,4 % für 2022, 0,5 % für 2023, 1,9 % für 2024 und 1,8 % für 2025 aus."

Updates von der Pressekonferenz mit EZB-Präsidentin Christine Lagarde: Auf der Pressekonferenz sagte EZB-Präsidentin Christine Lagarde, dass die Zinsen weiter "signifikant und gleichmäßig" steigen müssten. Dabei sollen die Entscheidungen zu Anhebungen weiter datenabhängig und von Meeting zu Meeting beschlossen werden. Beim Bilanzabbau soll das APP-Portfolio monatlich bis zum Ende des zweiten Quartals um 15 Milliarden Euro sinken. Die Inflation sei zu hoch und werde zu lange hoch bleiben, so Lagarde. Die Wirtschaft in der Eurozone könnte in diesem und dem nächsten Quartal schrumpfen.

Der kleinere Zinsschritt der EZB bedeute kein "Umschwenken" in der Geldpolitik, betonte Lagarde. Im Vergleich zur US-Notenbank Fed habe man noch einigen Boden gutzumachen. Aus heutiger Sicht müsse der Leitzins beim nächsten Zinsentscheid erneut um 50 Basispunkte und möglicherweise beim anschließenden Zinsentscheid und weiteren Zinsentscheiden jeweils ebenfalls um 50 Basispunkte angehoben werden.

Marktreaktionen: Die Aktienmärkte gaben in einer ersten Reaktion deutlich nach, während die Zinsen, EUR/USD und der Goldpreis zulegten.

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