Kommentar
17:29 Uhr, 12.04.2018

EZB: Ist vielleicht alles ganz anders als gedacht?

Mit einer etwas abstrusen Rede hat EZB-Direktoriumsmitglied Benoît Cœuré schon einmal argumentative Vorarbeit für die mögliche Abkehr von der ultralockeren Geldpolitik geliefert.

Wer einen Beweis für die These wollte, dass Notenbanker eigentlich relativ ahnungslos in Bezug auf die Wirtschaft sind, der kann sich jetzt auch auf einen Notenbanker selbst berufen, nämlich auf EZB-Direktoriumsmitglied Benoît Cœuré. In einer Rede in Paris brachte Cœuré die Möglichkeit ins Spiel, dass einige bisherige Annahmen, die der EZB-Geldpolitik zugrunde liegen, falsch sein könnten.

Ein Großteil der Rede beschäftigt sich mit der Frage, worauf die Nachfrageschwäche in der globalen Wirtschaft der vergangenen Jahre zurückzuführen sein könnte - und ob es sich um ein vorübergehendes oder um ein strukturelles Problem handelt. Dieser Teil der Rede soll hier nicht wiedergegeben werden. Interessant ist aber eine Schlussfolgerung von Cœuré, die weitreichende Konsequenzen für die Geldpolitik der EZB haben könnte - und die der eigentliche Grund für die Rede sein könnte.

Als Folge seiner Überlegungen stellt Cœuré die These auf, dass der sogenannte neutrale Zins, bei dem die Wirtschaft durch die Geldpolitik weder besonders unterstützt noch gebremst wird, höher liegen könnte als gedacht. Grund dafür wäre, dass die Wirtschaft der Eurozone durch die Folgen der Finanzkrise einen geringeren strukturellen Schaden davongetragen haben könnte als angenommen. "Wenn das Potenzialwachstum nicht so stark gefallen ist, wie wir gedacht haben, könnte das bedeuten, dass der neutrale Zins, dessen Höhe den Akkommodationsgrad unserer Politik bestimmt, höher als allgemein angenommen ist", sagte Cœuré. Ein höherer neutraler Zins würde gleichzeitig bedeuten, dass die Geldpolitik der EZB expansiver ist als bisher angenommen.

Mit seiner These eines höheren neutralen Zinses liefert Cœuré schon einmal argumentative Vorarbeit für die mögliche Abkehr von der ultralockeren Geldpolitik. Denn sollte sich diese These bestätigen, "würde uns ein unerwartet hoher neutraler Zins erlauben, unsere Geldpolitik bei anhaltender Erholung zu rekalibrieren", sagte Coeure. Und zwar auch dann, wenn es weiterhin einen wirtschaftlichen "Stillstand" gebe - denn auch der könnte laut Cœuré größer sein als gedacht.

Die Rede eines Notenbankers wäre natürlich nicht vollständig ohne eine gehörige Menge an Einschränkungen und Relativierungen. So betont Cœuré auch, dass aktuell eine "reichliche geldpolitische Unterstützung weiterhin angemessen" sei, um die Inflation in Richtung des Ziels von zwei Prozent zu bewegen. Und vorsorglich bekräftigt Cœuré auch noch das Niedrigzinsversprechen der EZB, dass die Leitzinsen weit über das Ende des Anleihekaufprogramms hinaus auf dem aktuellen Niveau bleiben sollen.

Mit der These, dass der neutrale Zins eigentlich höher liegt als angenommen, eröffnet allerdings Cœuré der EZB relativ elegant die Möglichkeit, eine Kehrtwende in der Geldpolitik einzuleiten, ohne dass sich wirtschaftlich viel verändern muss. Denn bisher hat die starke wirtschaftliche Erholung in der Eurozone ja bekanntermaßen nicht ausgereicht, um die Geldpolitik wieder nennenswert zu straffen - abgesehen von einer Reduzierung der Anleihekäufe zu Beginn des Jahres. Gleichzeitig ist aber erkennbar, dass die EZB früher oder später wieder den Fuß vom Gaspedal nehmen muss, um größeren Schaden zu vermeiden. Das Rätselraten um die eigentliche Höhe des neutralen Zinses eröffnet der EZB die nötige Flexibilität, um die Geldpolitik auch dann wieder zu straffen, wenn sich wirtschaftlich nicht viel verändert. Das könnte der eigentliche Grund dieser etwas kryptischen Rede von EZB-Direktoriumsmitglied Cœuré sein.

Die ganze Rede von EZB-Direktoriumsmitglied Benoît Cœuré finden Sie hier (englisch).

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12 Kommentare

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  • wolp
    wolp

    Wer auch immer sich hierher verirrt, scrollen Sie nicht nach unten... da regiert der Schreibewahn, tut echt weh soviel Schmarrn.

    22:16 Uhr, 12.04.2018
    1 Antwort anzeigen
  • rosarot
    rosarot

    ich muss zugeben ich bin auch naiv! Ich dachte wir hätten in Europa eine Demokratie, doch manche Politiker sind un antassbar egal welche Verbrechen sie begehen.

    Der einfach Menschen dagegen ist nur das übel.

    21:55 Uhr, 12.04.2018
  • rosarot
    rosarot

    Das Fiatsystem kollabiert noch langsam aber es kollabiert durch sich selbst... Hohe Zinsen, wenig Konsum, siehe FED. Mehr billiges Geld durch nah null oder negativ Zinsen, etwas mehr Konsum.

    Aber irgendwann müssen die Zinsen wieder rauf..

    Dann folgt DAS!!! Der Ewige Kreislauf

    Zinswende treibt verschuldete Amerikaner in den Ruin

    Deutsche Wirtschafts Nachrichten |

    Veröffentlicht: 06.04.18 21:59 Uhr

    Die Verschuldung der US-Amerikaner steigt, während die Ausfälle bei Kreditkarten deutlich anziehen.

    USA: Insolvenz-Welle erfasst Markt für Autokredite

    Deutsche Wirtschafts Nachrichten |

    Veröffentlicht: 09.04.18 22:01 Uhr

    In den USA häufen sich die Insolvenzen bei kleinen Autokredit-Versicherern. Die Entwicklung könnte eine branchenweite Krise einläuten.

    .

    und sie Spiral zerfällt wie irgendwann das ganze Universum

    .

    Viel spass bein nachdenken und bilden

    21:41 Uhr, 12.04.2018
    1 Antwort anzeigen
  • rosarot
    rosarot

    Auch nicht lang her ;)

    Klartext vom Ex-BundesbankerThilo Sarrazin erklärt, wie Europa Deutschland schröpft

    Mittwoch, 28.03.2018, 11:48 Die Euro-Katastrophe ist abgewendet? Mitnichten! Ex-Bundesbanker Thilo Sarrazin legt schonungslos offen, wie die heimlichen Geldpipelines von Deutschland in den Süden funktionieren, was er an Angela Merkel zu kritisieren hat und wie man Flüchtlingen helfen sollte.

    https://www.focus.de/finanzen/...

    .

    nicht ganz unterinteressant auch wenn er selbst naja ist ;)

    .

    komm noch mal zu Coeure Einsicht :) :D isch schmeiß mich echt weg vor lachen

    .

    MISES SPOT ON: „Die Funktion des Geldes“

    Von LvMID – 19. Juli 2017Eingestellt unter: Aktuelles, Zeitloses

    misesde.org/?p=16240

    .

    Hayek, Mises und die Notenbanken

    22. Februar 2018 von Gerald Braunberger | 9 Lesermeinungen

    http://blogs.faz.net/fazit/201...

    .

    Falscher Zins und kranke Banken? Prof. Dr. Thomas Mayer Flossbach von Storch Research Institute Thomas.Mayer@fvsag.com Prof. Dr. Gunther Schnabl Universität Leipzig schnabl@wifa.uni - leipzig.de 9. September – 11. September 2016 Hotel am Schlosspark, Gotha

    hayek.de/wp-content/uploads/2016/10/Hayek-WissKr_2016-2_Literaturliste-Gotha-2016.pdf

    .

    Die Geldpolitik kann eine Volkswirtschaft nicht „steuern“

    Von LvMID – 23. November 2016Eingestellt unter: Aktuelles, Zeitloses

    misesde.org/?p=14324

    .

    es gibt etliche Artikel der Austrian welche genau das sagen was mister Insider Handel sagt!?

    :D

    21:28 Uhr, 12.04.2018
  • rosarot
    rosarot

    können sie nicht mit spielen, ihr Einfluss ist = 0
    sie würden den Markt sich selbst überlassen, damit die Kontrolle über den Geldfluss AUS dem Fiatsystem verlieren

    Es ist nur naiv zu glauben das sie keine kaufen oder siehe Fall JPMorgan / Sachsprognosen von 2017...
    Aber so lang die Menschen auf Banker hören/Vertrauen welche nur an ihren eigenen Bonis interessiert sind und NICHT die Masse reich machen möchten mit Ihren Prognosen..

    So lang wird es Menschen geben die ihr hart erarbeitetes Geld verlieren..

    Ich sags nur immer wieder LESEN BILDET!

    .

    Das der Mann noch im Amt ist, ist eine Farce.. Aber ist Politiker da gelten wohl andere Rechte!?

    und die Menschen vergessen so schnell das es schon krank scheint!

    .

    EZB steckt Hedgefonds-Managern Insider-Informationen

    Von Sebastian Jost, Holger Zschäpitz | Veröffentlicht am 20.05.2015 | Lesedauer: 5 Minuten

    https://www.focus.de/finanzen/...

    .

    und die wenigsten infomieren sich selbst sondern höhren auf Banker...

    Die nur ihren Bonis sehen..

    Sprichwörter haben etwas wahres

    "Bei Geld hört die Freundschaft auf" das könnte man weiter führen - Die Gier siegt!

    .

    Beweis! von gestern!

    JPMorgan sued over fees for cryptocurrency purchases

    Business News
    April 11, 2018 / 7:52 PM / Updated a day ago

    https://www.reuters.com/articl...

    21:20 Uhr, 12.04.2018
  • rosarot
    rosarot

    Oh ein Abtrünniger vom keynesianismus und der FED.. da bleibt er sicher nicht mehr lang im Amt :D

    Schliesslich hat er vor dem Europaparlament auch schon Ausserirdischen gefaselt!

    Googlen ist echt witzig der Irre.

    Aber vllt bekommt er auch gerade die Erkenntnis und hat mal bei den Kollegen der österreichisch Nationalökonomie nach gelesen!

    Und um seinen Arsch zu retten, versucht er nun sich aus dem jahrelangen edelhaften mit Steuergeldern für sein Gehalt zu retten weil der keynesianismus sich selbst in den Ruin treibt..

    Die Logik ist ganz einfach, ist das verdiente Geld der Masse weniger Wert, kann die Masse, auf der keynesianismus beruht und deren verbindliche Konsum nicht funktionieren!!

    Nur weil Menschen faul sind sich selbst zu informieren, funktioniert dieses kranke System!

    Klartext vom Ex-BundesbankerThilo Sarrazin erklärt, wie Europa Deutschland schröpft

    https://www.focus.de/finanzen/...

    .

    20:56 Uhr, 12.04.2018
  • Bigdogg
    Bigdogg

    Wen interessiert was diese Schwachköpfe der EZB von sich geben...trotzdem Danke.

    17:33 Uhr, 12.04.2018
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Oliver Baron
Oliver Baron
Experte für Anlagestrategien

Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

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