Kommentar
09:52 Uhr, 08.03.2016

EZB - Die Woche der Entscheidung!

Die Spannung steigt und ist förmlich greifbar. Am 10.3. beginnt die EZB den Reigen der Zinsentscheide. Am 15.3. folgt die Bank of Japan (BoJ) und einen Tag später die US-Notenbank Fed.

Während die US-Notenbank den Markt kaum überraschen wird, können die EZB und BoJ den Markt gehörig bewegen. Die Fed wird in ihrer Entscheidung und folgenden Pressekonferenz kaum vom bisherigen Pfad abweichen. Sie wird sich besorgt über die weltweite Lage äußern, aber die Stärke der US Wirtschaft betonen. Eine Zinserhöhung ist nicht zu erwarten, ebenso wenig wie eine klare Absage der Zinswende. US Notenbankchefin Janet Yellen wird sich alle Türen offen halten im Juni den nächsten Zinsschritt zu wagen.

Auf der EZB lastet der höchste Druck, etwas zu tun. Sie selbst hat wieder einmal die Erwartungen aufgebaut. Kaum ein Direktoriumsmitglied hat versucht, die Erwartungen zu dämpfen. Ganz im Gegenteil sogar, die Entscheidungsträger bestätigten wieder und wieder die Erwartung, dass Handlungsbedarf besteht.

Noch zu Jahresbeginn hieß es, dass man die Lage im März prüfen muss. Im Februar wurde davon geredet wie dramatisch die Lage sei. Offiziell hieß das: die Inflation ist zu niedrig. Die Risiken für eine weiter fallende Inflation sind zu groß. Praktisch hat die EZB im Februar also bereits verkündet, dass Handlungsbedarf besteht. Käme sie am Donnerstag dann doch noch zu dem Schluss, dass alles in Ordnung ist, dann wird die Enttäuschung groß sein.

Wie eine solche Enttäuschung aussehen kann, haben wir im Dezember erlebt. Die EZB schaukelte vor der Entscheidung die Erwartungen in die Höhe, um dann zu enttäuschen. Ein zweites Mal innerhalb so kurzer Zeit wird ein solcher Fehler hoffentlich nicht geschehen.

Die EZB hat im Gegensatz zur japanischen Notenbank noch viel Handlungsspielraum. Sie kann die Zinsen noch ein Stück weiter senken. Das drückt die Margen der Banken, doch dies kann abgefedert werden, indem wie in Japan ein Stufensystem für den negativen Einlagensatz eingeführt wird. Die EZB kann auch den Leitzins noch ein Stück weiter senken. Dieser liegt immerhin noch im positiven Bereich. Auch das Anleihenkaufprogramm kann ausgeweitet werden.

Eine Ausweitung des QE Programms durch eine Erhöhung der Käufe von Staatsanleihen halte ich persönlich nicht für gegeben. Die EZB kann wegen selbst auferlegter Regeln nicht in so großem Ausmaß Anleihen kaufen wie etwa die BoJ. Der Anteil an jeder einzelnen Anleihe darf die Marke von 33 % (Sperrminorität) nicht überschreiten. Die Zentralbank will im Falle eines Staatsbankrottes nicht in der Position sein über einen Schuldenschnitt allein entscheiden zu können. Das läuft gegen ihr Mandat (Verbot der direkten Staatsfinanzierung). Ebenso muss die Rendite von Anleihen über dem Einlagensatz für Banken liegen. Die EZB will dadurch garantierte Verlust vermeiden.

Die Ausweitung des Programms könnte vor allem durch eine Ausweitung der Assets, die gekauft werden, stattfinden. Persönlich halte ich eine Ausweitung auf Unternehmensanleihen für möglich und auch für effektiver als die Zinsen weiter zu senken.

Der Handlungsspielraum der EZB ist noch groß. Bei der BoJ sieht das anders aus. Die Zinssenkung in den negativen Bereich zu Jahresbeginn ging gehörig schief. Heute hielt Notenbankchef Kuroda einen Vortrag, indem er die Möglichkeit einer zusätzlichen Lockerung im März abwies. Das tat er auch wenige Tage vor der Zinssenkung im Januar. Seine Aussage muss also nicht viel heißen.

Eine weitere Zinssenkung wird die BoJ dem Markt erst einmal nicht zumuten. Bürger und Politiker waren zuletzt so verärgert über die Zinssenkung, dass Kuroda wohl zunächst zu viel Aufmerksamkeit vermeiden wird. Eine Zinssenkung ist keine Option. Das Anleihenkaufprogramm ist bereits stark ausgereizt. Auch hier ist kaum etwas zu erwarten. Das einzige, was bleibt, ist die Ausweitung der Wertpapierkäufe (Aktien und Schuldscheine von Banken).

Die Last, den Markt zu überzeugen, liegt auf den Schultern der EZB. Es geht dabei nicht nur um die kurzfristige Reaktion des Marktes, sondern um sehr viel mehr.

Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (die Zentralbank der Zentralbanken) äußerte sich zuletzt sehr kritisch gegenüber der weltweiten Geldpolitik. Sie zweifelt an der Wirksamkeit der Maßnahmen und führte die Turbulenzen zu Jahresbeginn auch darauf zurück, dass der Markt nicht mehr blind an den Zauber des billigen Geldes glaubt. Man kann es auch so formulieren: es liegt an der EZB den Markt davon zu überzeugen, dass die Notenbanken noch handlungsfähig sind und wirklich etwas bewirken können.

Gelingt ihr das nicht, dann hängt der Markt plötzlich ohne Richtungsgebung in der Luft. Es wird eine wirklich spannende Woche, die sehr viel mehr entscheidet als den Trend des Marktes auf Sicht einiger Wochen.

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10 Kommentare

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  • RArmbruster
    RArmbruster

    Man darf sich, so schwer es auch fällt, nicht ständig verrückt machen lassen. Trader müssen auch Investoren sein, da man im aktuellen Umfeld sonst zu oft auf dem falschen Fuß erwischt wird. Insofern sollte man in Kursrücksetzer Dividendentitel mit hoher Rendite abgreifen, weil das dieses Jahr die einzig sichere Kapitalerwerbsquelle sein wird.

    06:53 Uhr, 09.03. 2016
    1 Antwort anzeigen
  • Kasnapoff
    Kasnapoff

    Super Mario und seine Mitstreiter haben den Ballon mal wieder mächtig aufgeblasen. Wehe Sie enttäuschen die hohen Erwartungen der Marktteilnehmer, dann rappelts in der Kiste.

    21:01 Uhr, 08.03. 2016
  • Unbedingt
    Unbedingt

    Ich vermute, dass es nur eine Frage der Zeit sein wird, bis man Draghi vorhalten wird, dass ausgerechnet Italien der größte Profiteur der QE-Prozedur geworden ist. Zumindest, was die Zinsersparnis angeht. Aber es sollte auch weitere positive Effekte geben, die sich über die Verschuldungszahlen gar nicht abbilden lassen. Rein gefühlsmäßig hätte ich gedacht, wir Deutschen wären die größten Nutznießer des Programms. Haben wir im Gegensatz zu den Italienern nur versäumt, das richtig auszunutzen? Der Herr Schäuble ist wohl ein zu kleiner Gauner für sein Amt?

    11:12 Uhr, 08.03. 2016
  • ASKANIOS
    ASKANIOS

    um wieviel wird die Entscheidung erwartet Donnerstag?14 Uhr

    10:19 Uhr, 08.03. 2016

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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