EZB-Chef Draghi umgarnt seine Kritiker
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Belrin/ Frankfurt (BoerseGo.de) - Angesichts der nicht nachlassenden Kritik aus Deutschland an der Linie der Europäischen Zentralbank (EZB) ist deren Präsident Mario Draghi bereit, seine Politik zur Rettung des Euro vor dem deutschen Parlament zu erläutert und gegebenfalls auch zu rechtfertigen. „Sollte mich der Bundestag einladen, komme ich gerne“, sagte Draghi der „Süddeutschen Zeitung“ (Freitag). „Das wäre eine gute Gelegenheit zu erklären, was wir tun“.
Hintergrund ist, dass fast die Hälfte der Deutschen dem EZB-Präsidenten misstraut. Dies erschwere seine Arbeit, sagte Draghi. „Ich muss mehr tun, um unsere Maßnahmen zu erklären“, so der Italiener. Draghis Kurs, künftig unbegrenzt Anleihen kriselnder Euro-Länder zu kaufen, stößt vor allem einigen Politikern in Berlin und München und der Bundesbank übel auf. Draghi sagte der SZ, die Anleihen würden nur gekauft, wenn die profitierenden Staaten strenge Auflagen erfüllten.
Zur Kritik von Bundesbankpräsident Jens Weidmann, die EZB betreibe eine fragwürdige Staatsfinanzierung, sagte Draghi: „Es wäre schön, wenn wir immer mit der Bundesbank zusammenarbeiten könnten, aber zurzeit haben wir unterschiedliche Ansichten, wie die Krise zu bewältigen ist.“ Der Grund für die deutsche Opposition gegen seine Politik liege in der deutschen Furcht vor Inflation. Gar nicht zu handeln, wäre riskanter, betonte der EZB-Chef. In diesem Fall drohe den Krisenländern ein Teufelskreis, aus dem sie sich auch durch gute Wirtschaftspolitik nicht mehr befreien könnten. Steigende Anleihenrenditen würden die Lage verschlimmern, was die Zinsen noch weiter steigen ließe. Deshalb müsse die Notenbank handeln.
Draghi, sieht auch bereits erste positive Ergebnisse des angekündigten Anleihekaufprogramms. „Allein unsere Ankündigung sorgte dafür, dass weltweit das Vertrauen in den Euro zugenommen hat“. Fondsmanager brächten ihr Geld zurück nach Europa, das sei gut für die Wirtschaft der Euro-Zone, fügte er hinzu. Bei der Lösung der Eurokrise sei man inzwischen auf einem guten Weg: „Wir sehen beachtliche Fortschritte in Spanien und Italien. Besonders wenn man vergleicht, was sie in den letzten sechs Monaten geleistet haben und was sie viele Jahre zuvor versäumt haben“.
Kritik am Vorgehen der Zentralbank kam auch heute wieder von prominenter Stelle. Der ehemalige EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark beanstandete die geplanten Anleihenkäufe der EZB. „Geldpolitik kann und darf nicht an Bedingungen geknüpft werden. Indem eine Zentralbank ihr Handeln vom Verhalten Dritter abhängig macht, ist dies nicht mehr geldpolitisch begründbar", so Stark in einem Gastbeitrag für die Tageszeitung "Die Welt".
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat der EZB und Draghi hingegen sein Vertrauen ausgesprochen. Der geplante Ankauf von Staatsanleihen sei Geldpolitik und damit vom Mandat der Notenbank gedeckt, sagte Schäuble am Freitag dem Deutschlandfunk. Wenn man eine Obergrenze für die Ankäufe genannt hätte, wäre dies eine Einladung an Spekulanten gewesen, so der CDU-Politiker. Die Zentralbank handle unabhängig und erfülle ihren Auftrag seit zehn Jahren hervorragend.
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