Exklusivinterview: BX Digital erhält FINMA-Lizenz
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Dieser Beitrag erschien im DACH Insider Ausgabe 15 am 30.03.2025. Der DACH Insider ist das Insider-Journal für die deutschsprachige Digital Assets Industrie. Jeden zweiten Sonntag liefern wir exklusive Analysen und Hintergrundberichte aus dem DACH-Raum.
Das sind die Worte von Lidia Kurt, CEO der Schweizer Handelsplattform BX Digital.
Vergangene Woche erhielt die Tochter der Boerse Stuttgart Group eine Lizenz der FINMA – und ist damit die erste Handelsplattform in der Schweiz, die Banken und Finanzinstituten den Handel mit tokenisierten Vermögenswerten über Public Blockchains anbieten darf.
Wir nahmen die Lizenzvergabe zum Anlass, um uns mit Lidia auf der Frankfurter Crypto Assets Conference zu treffen. Im Gespräch enthüllt sie:
- Die 40-99% Kosteneinsparung – wie BX Digital deutliche Vorteile gegenüber traditionellen Systemen bietet
- Die Minuten-statt-Tage-Transformation – warum große Corporates für ihr Liquiditätsmanagement bereits Schlange stehen
- Das Ethereum-Paradox – weshalb BX Digital trotz hoher Gas-Fees zunächst auf Ethereum setzt
- Schlanke Organisation – wie ein kompaktes Team innovative Marktinfrastruktur aufgebaut hat
Hintergründe zum Lizenzerhalt & BX Digital
Lidia, herzlichen Glückwunsch zum Erhalt der FINMA-Lizenz! Was bedeutet dieser Meilenstein für BX Digital und den europäischen Finanzmarkt?
Vielen Dank! Für uns ist das ein enormer Durchbruch, da wir nun endlich mit unserer Plattform offiziell an den Markt gehen können. Aber die Bedeutung geht weit über BX Digital hinaus – es ist die erste Lizenz für ein DLT-Handelssystem unter dem neuen Schweizer Gesetz, was uns zum Pionier im europäischen Raum macht.
Besonders im internationalen Vergleich zeigt sich hier ein klarer Vorsprung: Während die USA im Kryptobereich große Schritte antönt, übernimmt Europa – und speziell die Schweiz – eine Führungsrolle bei tokenisierten Vermögenswerten. Diese neue Infrastruktur wird den Weg ebnen für einen effizienteren, transparenteren Kapitalmarkt.
BX Digital baut eine Handelsplattform für tokenisierte Vermögenswerte. Wie unterscheidet sich euer Ansatz von traditionellen Börsenplätzen?
Wir kombinieren das Beste aus beiden Welten: Für das Trading nutzen wir bewährte Handelssysteme, sodass sich Banken mit ihren bestehenden Konnektivitäten problemlos anschließen können. Die eigentliche Innovation liegt jedoch in der Abwicklung, die auf der Blockchain stattfindet.
Kern unserer Plattform ist ein spezieller "Delivery versus Payment" Smart Contract auf Ethereum. Dieser stellt sicher, dass Asset und Zahlung ohne Gegenparteirisiko ausgetauscht werden. Sobald ein Asset im Smart Contract blockiert ist, lösen wir eine Zahlung über das Schweizer Interbank-Zahlungssystem SIC aus. Nach Bestätigung der Zahlung gibt der Smart Contract das Asset automatisch für den Transfer an den Käufer frei.
Vor einigen Jahren erhielt die SDX – die DLT-basierte Handelsplattform der Schweizer Börse – bereits eine ähnliche Lizenz in der Schweiz. Worin unterscheidet sich eure Lizenz und euer Setup strukturell?
Ein fundamentaler Unterschied: Die SDX erhielt ihre Lizenz noch unter dem alten Finanzmarktrecht – also bevor das spezifische DLT-Gesetz in Kraft trat. Das bringt erhebliche Einschränkungen mit sich, insbesondere bei der effizienten Integration von Blockchain-Systemen. Erst das neue DLT-Gesetz ermöglicht eine deutlich direktere und effektivere Nutzung von Blockchains.
Noch wichtiger: Wir setzen bewusst auf öffentliche Netzwerke wie Ethereum, während die SDX auf privaten Netzwerken operiert. Das ist ein grundlegend anderer Ansatz.
Über Public Blockchains können wir an ein bereits existierendes, lebendiges Ökosystem andocken – mit Milliarden an tokenisierten Assets und zahlreichen Emittenten. Statt ein geschlossenes System von Grund auf aufzubauen, öffnen wir uns für den globalen Markt.
Was bedeutet die Nutzung öffentlicher Blockchains für eure Kunden konkret?
Es ermöglicht vor allem Zugang zu einem viel breiteren Spektrum an Assets. Bei einem privaten Blockchain-System musst du jedes einzelne Produkt speziell für deine Plattform entwickeln lassen – ein mühsamer, langwieriger Prozess.
Auf Public Blockchains existieren bereits unzählige tokenisierte Vermögenswerte, die wir nach entsprechender Prüfung direkt anbieten können. Das beschleunigt den Aufbau eines liquiden Marktes erheblich.
Zusätzlich profitieren wir vom bereits bestehenden Ökosystem im Infrastrukturbereich: Nodes, Wallets, Standards – alles ist vorhanden und bildet eine solide Grundlage, auf der wir aufbauen können. Mit unserer Vision einer offenen Struktur sind wir in der Lage, gemeinsam mit der dynamischen, öffentlichen Blockchain-Industrie zu wachsen.
Produkt-Pipeline & die Vorteile der Tokenisierung
Mit welchen konkreten Produkten geht ihr nun an den Markt?
Wir haben eine vielversprechende Pipeline mit spannenden Produkten aus verschiedenen Asset-Klassen: Aktien, Anleihen, Fonds und strukturierte Produkte. Diese werden nun sukzessive unseren Listing-Prozess durchlaufen.
Besonders interessant sind dabei tokenisierte Geldmarktfonds, für die wir bereits konkrete Nachfrage von großen Schweizer Unternehmen haben. Diese nutzen Geldmarktfonds für ihr tägliches Liquiditätsmanagement, da sie im Gegensatz zu Bankeinlagen kein Gegenparteirisiko bergen.
Welche Vorteile bieten tokenisierte Geldmarktfonds gegenüber herkömmlichen?
Stell dir vor: Ein Unternehmen stellt um 11 Uhr fest, dass es um 15 Uhr unerwartet Liquidität benötigt. Im traditionellen System kann es zwar seinen Geldmarktfonds verkaufen – erhält das Geld aber erst nach ein bis zwei Tagen.
Mit unserer Lösung steht das Kapital innerhalb von Minuten auf dem Konto. Das verbessert nicht nur die Reaktionsfähigkeit, sondern auch die Kapitaleffizienz: Unternehmen können einen größeren Teil ihrer Bilanz investieren, statt dauerhaft hohe Liquiditätsreserven vorzuhalten.
Ihr sprecht von erheblichen Kostenvorteilen durch die Blockchain-Abwicklung. Wie signifikant sind diese wirklich?
Bei inländischen Transaktionen in der Schweiz senken wir die Abwicklungskosten um 40 bis 50%. Noch deutlicher fällt der Unterschied bei grenzüberschreitenden Zahlungen aus: Kauft jemand beispielsweise ein europäisches Produkt in der Schweiz, können die Gebühren im traditionellen System – je nach Assetklasse und Länderkombination – pro Transaktion mehrere Franken oder sogar zweistellige Beträge erreichen.
Hier können wir die Kosten noch stärker senken, da wir auf der Blockchain eine einheitliche Flat Fee anwenden können – unabhängig von geografischen Grenzen.
Allerdings nutzt ihr zum Start Ethereum, wo Transaktionsgebühren im Schnitt bei etwa 15 USD liegen. Untergräbt das nicht eure Kostenvorteile?
Zum Start subventionieren wir die Gas-Gebühren auf Ethereum für unsere Kunden. Uns war wichtig, mit einer Blockchain zu starten, die höchste Sicherheitsstandards und Vertrauen genießt.
Langfristig verfolgen wir einen Multichain-Ansatz – wir werden also dort präsent sein, wo unsere Kunden aktiv sind und wo die größte Nachfrage besteht.
Bemerkenswert ist übrigens auch die unterschiedliche Entwicklung der Märkte: In der Schweiz läuft derzeit fast alles auf Ethereum, während in Deutschland Polygon dominiert.
Welche Banken können an eurem System teilnehmen? Gibt es geografische Einschränkungen?
Für Handelsteilnehmer ist aktuell ein Anschluss an das Schweizer Interbanken-Clearingsystem (SIC) erforderlich. Diesen haben primär, aber nicht ausschließlich, Schweizer Banken. Einige ausländische Institute verfügen ebenfalls über einen direkten SIC-Anschluss.
Alternativ können sich internationale Banken auch über die Nutzung der Infrastruktur einer Schweizer Bank beteiligen. Auf der Produktseite verfolgen wir hingegen einen klar globalen Ansatz und sprechen mit Emittenten weltweit.
Wie groß ist das Team hinter BX Digital?
Wir sind tatsächlich sehr schlank aufgestellt.
Entscheidend ist aber unsere Einbindung in die Boerse Stuttgart Group: Unsere Schwesterfirma BX Swiss ist ein wichtiger Partner für uns, unter anderem im Bereich des Betriebs des Handelssystems. Zudem greifen wir auf Gruppenfunktionen wie Marketing, Kommunikation und Finanzen zurück. Mit diesem Setup können wir extrem dynamisch agieren und trotzdem auf die Stabilität einer etablierten Börse bauen.
Ausblick
Eine letzte Frage: Fehlende Sekundärmärkte galten bislang als größte Hürde für tokenisierte Assets. Ist mit eurer Lösung nun alles bereit für den Durchbruch?
Die technischen und regulatorischen Hürden sind jetzt tatsächlich beseitigt. Was ich jedoch noch oft höre, ist die Frage nach dem unmittelbaren Business Case. Dabei muss man verstehen: Dieser Markt entwickelt sich gerade erst – mit noch überschaubaren Produkten und Volumen.
Genau jetzt ist aber der ideale Zeitpunkt für Banken, in diesen Markt einzusteigen. Unsere Lösung ermöglicht ihnen, dies mit minimalem Risiko zu tun, da sie unter anderem in ihren bestehenden Cash-Prozessen bleiben können – ohne Gegenparteirisiko.
Langfristig wird sich die Welt ohnehin in Richtung "Onchain Cash" entwickeln, besonders für Anwendungsfälle wie automatisierte Dividenden- oder Zinszahlungen. Ob dies über eine Wholesale CBDC, tokenisierte Einlagen oder neue Formen von Stablecoins geschehen wird, bleibt abzuwarten – aber der Trend ist unverkennbar.
Weitere Interviews
Nach Coinbase, Binance, Kraken und Co. stellte nun auch Bitpanda seine eigene Web3-Strategie vor. Das Ziel? Web3 aus der "Krypto-Bubble" in den Mainstream bringen. Über die genauen Pläne sprachen wir mit Deputy CEO Lukas Enzersdorfer-Konrad. blockstories.beehiiv.com/p/bitpandas-vorstoss-ins-web3
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Das Wertpapierhaus der Sparkassen zählt in Europa zu den Pionieren in der Adoption von Blockchain-Technologie. Ein Gespräch über die Motivation und Digital Assets Strategie des Unternehmens. blockstories.beehiiv.com/p/hinter-den-kulissen-von-dekas-blockchain-strategie
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