"Europäische Krise bleibt uns 2012 erhalten"
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Paris (BoerseGo.de) - Didier Saint-Georges, Mitglied des Investmentkomitees bei Europas größter unabhängiger Fondsboutique Carmignac Gestion, äußert sich in einem Kommentar zu der anhaltenden Euro-Schuldenkrise und wagt einen Ausblick auf das erste Quartal 2012.
Das Ausmaß der europäischen Krise könne auf das Zusammentreffen zweier miteinander unvereinbarer Umstände zurückgeführt werden, schreibt der Experte: unhaltbar hohe Staatsschulden und ein Bankensektor, der nicht ausreichend kapitalisiert ist, um dem Ausmaß dieses Risses in seinen Bilanzen Rechnung zu tragen. Der erste Teil der Gleichung verschlechtere sich tendenziell. So habe beispielsweise Portugal derzeit eine Zinsbelastung für seine Schulden von 4,2 Prozent des BIP zu tragen, während sein Primärdefizit 1,5 Prozent beträgt und seine Wirtschaft um 2 Prozent schrumpft. Folglich werde das Land das Jahr 2012 mit 7,7 Prozent von einem ausgeglichenen Haushalt entfernt starten, der es dem Land ermöglichen würde, mit der Rückzahlung seiner Schulden zu beginnen.
Diese Situation treffe auf die meisten europäischen Länder, wenn auch in unterschiedlichem Maße, zu und wird sich mit der Konjunkturabkühlung verschlimmern, glaubt Saint-Georges. Die Entwicklung in der Bankenbranche ist laut dem Experten ebenfalls besorgniserregend. Um die Bilanzen zu stärken, bemühten diese sich, ihre ausstehenden Beträge zu verringern und Risiken zu mindern. „Dadurch beschleunigten sie den wirtschaftlichen Umschwung und verlieren jegliches Interesse an Staatsanleihen“, folgert der Carmignay Gestion-Fachmann.
Sein Fazit: „Die Ende Dezember durch die EZB zu einem Zinssatz von 1 Prozent über drei Jahre gewährte umfangreiche Liquidität stellt für die Banken eine willkommene Finanzspritze dar. Diese erwartete Maßnahme senkt ihre Finanzierungskosten und ihr Liquiditätsrisiko. Doch ihr Umfang sollte nicht überschätzt werden: Zum einen beträgt der gewährte zusätzliche Nettobetrag unseren Schätzungen zufolge lediglich etwa 180 Milliarden Euro. Allein der Refinanzierungsbedarf der Staaten beläuft sich im ersten Quartal jedoch bereits auf 650 Milliarden Euro. Zum anderen handelt es sich zwar um eine Reaktion auf das Liquiditätsrisiko der Banken, doch keineswegs auf das Insolvenzrisiko der staatlichen Emittenten. Die europäische Krise bleibt uns mit Beginn des Jahres 2012 in ihrem ganzen Ausmaß erhalten.“
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