Kommentar
07:58 Uhr, 11.02.2015

Europäische Aktien: wirklich spottbillig?

Der deutsche Aktienmarkt kriegt sich nach der QE Ankündigung der EZB gar nicht mehr ein. Die Performance ist in diesem Jahr schon deutlich höher als im gesamten letzten Jahr. Trotzdem sind europäische Aktien relativ billig.

Das Zauberwort lautet relativ. Relativ zu anderen Märkten ist der breite europäische Markt noch günstig. Insbesondere gilt das im Vergleich zu US Aktien. Dort nehmen die Bewertungen so langsam Extremwerte an. Das Shiller KGV (oder CAPE: cyclically adjusted price earnings ratio) ist mit einem Wert von über 27 so hoch wie zuletzt vor dem großen Crash 2008. Davor gab es lediglich zwei Phasen, in denen das Shiller KGV höher war. Die Internetblase der Jahrhundertwende und 1929 vor der Großen Depression waren die zwei Phasen, in denen das KGV höhere Werte erreichte.

Das Shiller KGV ist ein um die Inflation bereinigtes Durchschnitts-KGV der letzten 10 Jahre. Der 10-Jahresdurchschnitt soll die zyklischen Bewegungen entschärfen und so einen besseren Eindruck vom Bewertungsniveau verschaffen. Das ist sinnvoll. Das aktuelle KGV eines Index oder eines Basiswertes kann ziemlich wilde Ausschläge zeigen. So hätten 2009 bei einem KGV der Märkte von über 100 wohl keine Aktien gekauft werden dürfen. Es war aber der lukrativste Einstiegspunkt auf viele Jahre gesehen.

Es scheint zwar so, als hätte die US Notenbank die Gesetze der Schwerkraft für Aktien außer Kraft gesetzt, aber bekanntlich sind die fatalsten Worte an der Börse ja: Diesmal ist alles anders. Natürlich ist es diesmal nicht anders. Aus der Überbewertung kommen die Aktien heraus, indem sie entweder korrigieren oder Unternehmen ihre Gewinn deutlich steigern. Letzteres ist beim aufwertenden Dollar nicht zu erwarten. Banken schätzen, dass die Gewinne von US Unternehmen in diesem Jahr 3 bis 4 Prozentpunkte weniger wachsen werden. Damit würde sich das Gewinnwachstum je nach Branche um ein Drittel bis zur Hälfte reduzieren.
Es heißt also umsatteln. Umsatteln kann man auf europäische Aktien. Diese sind im Verhältnis günstig. Grafik 2 zeigt wo das europäische Shiller KGV im Verhältnis zum S&P Shiller KGV steht. Aktuell liegt der europäische Wert knapp 40% unter dem US Wert. Europäische Aktien sind quasi geschenkt - trotz der Rallye der letzen drei Wochen.
Europäische Aktien waren selten höher bewertet als US Aktien. Im Durchschnitt waren europäische Titel 10% günstiger als US Aktien. Zu diesen langfristigen Mittel sollten EU Aktien in den kommenden Jahren zurückkehren können.

Mit der Relativität ist das aber so eine Sache. Die Bewertungslücke könnte auch geschlossen werden, indem US Aktien fallen und EU Aktien einfach nicht steigen. Glaubt man an die Story von QE und an die Überbewertung der US Aktien, dann müsste man eigentlich einen Short auf US Aktien und einen Long auf europäische Aktien eröffnen.

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2 Kommentare

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  • tschak
    tschak

    Hochinteressant - die "Relativität zu US-equities" in einem einfachen CAPE Diagramm. Sehr hilfreich - Danke!

    13:29 Uhr, 11.02. 2015
  • hochdietassen
    hochdietassen

    Plausibel und ohne Kaffeesatzleserei...und vor allem ohne die Vermittlung des Anscheins, dass es "auf jeden Fall" in eine bestimmte Richtung geht.

    08:24 Uhr, 11.02. 2015

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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