Fundamentale Nachricht
16:54 Uhr, 24.06.2020

Europa/USA: Der Handelskrieg 2.0

Die US-Regierung bringt das Thema Zölle zurück auf die Tagesordnung. Geplant sind neue Abgaben auf Importe aus Frankreich, Deutschland, Spanien und Großbritanni von 3,1 Mrd. Dollar. Stress mit Brüssel ist vorprogrammiert. Im Laufe dieses Sommers könnte sich ein veritabler transatlantischer Handelskampf entwickeln.

Washington (Godmode-Trader.de) - Der US-Handelsbeauftragte Robert Lighthizer erwägt, neue Zölle auf europäische Produkte, wie etwa Oliven, Bier, Gin und LKWs, zu erheben und gleichzeitig Zölle auf Produkte wie Flugzeuge, Käse und Joghurt zu erhöhen. So heißt es in einer Mitteilung des US-Handelsbeauftragten, die am späten Dienstagabend veröffentlicht wurde. Die Erklärung sieht eine einmonatige öffentliche Kommentierungsfrist bis zum 26. Juli vor.

Wenn die USA diesen Plan durchziehen, könnten sie europäische Luxusmarken wie Givenchy und Hermes, die Lederwaren herstellen, Remy Cointreau und Pernod Ricard, die Cognac und Champagner produzieren, operativ massiv belasten. Die neuen Zölle könnten bis zu 100 Prozent betragen, was den Preis solcher Produkte für US-Importeure verdoppeln und deren Marktauftritt in den USA erschweren würde. Neue US-Zölle könnten auch die Nachfrage nach deutschem Bier dämpfen.

Die Einfuhrabgaben würden zu den 25-prozentigen Zollabgaben hinzukommen, die die USA im vergangenen Jahr auf die Einfuhr von schottischem und irischem Whisky sowie Likören aus Deutschland, Irland, Italien, Spanien und Großbritannien erhoben haben. Der Destillated Spirits Council in den USA erklärte, dass man sich gegen zusätzliche Zölle auf Spirituosen ausspreche. Dies könnte „die Handelsspannungen über den Atlantik eskalieren und amerikanische Unternehmen und Arbeitsplätze im Gastgewerbe, die aufgrund von COVID-19 ohnehin unter Druck stehen, zusätzlich gefährden“.

Die Androhung steht offenbar im Zusammenhang mit dem 15 Jahre andauernden Streit zwischen den USA und Europa über verbotene Subventionen für die Flugzeugbauer Airbus und Boeing. Vor einigen Jahren urteilte die Welthandelsorganisation WTO, dass sowohl die USA als auch die EU unzulässige Beihilfen ihrer jeweiligen Flugzeugindustrien getätigt hätten. Im vergangenen Oktober gewannen die USA die Oberhand, als die WTO US-Präsident Trump ermächtigte, als Reaktion auf Europas illegale Subventionen für Airbus Vergeltungsmaßnahmen gegen EU-Einfuhren im Wert von 7,5 Mrd. Dollar zu ergreifen. Nächsten Monat wird erwartet, dass die WTO der EU in einem ähnlichen Verfahren Vergeltungsmaßnahmen wegen US-Subventionen an Boeing erlaubt.

Trumps Handelsbeauftragter Lighthizer versucht nun den Druck auf die Europäer zu erhöhen, indem er eine besonders zermürbende Taktik, die man als „Karussellvergeltung" bezeichnen könnte, anwendet, bei der ein Land periodisch die Zölle auf verschiedene Warengruppen verschiebt. Eine Strategie, die Unsicherheit für die Unternehmen und Sorgen für Exporteure und Importeure gleichermaßen schürt.

Anfang dieses Jahres setzten die USA diese Vergeltungsstrategie ein und erhöhten die Zölle auf Importe von Airbus-Flugzeugen und -teilen von 10 auf 15 Prozent. Lighthizer erklärte nun, sein Ziel bei der Erhöhung der Zölle sei es, die EU zu einer Einigung zu bewegen. Aber die Gespräche zwischen den USA und der EU sind dieses Jahr ins Stocken geraten, und jetzt bereitet die EU sich darauf vor, mit neuen Zöllen gegen eine Reihe politisch sensibler US-Industrien zurückzuschlagen.

Die EU hat bei der WTO angefragt, ihr grünes Licht für höhere Abgaben auf US-Ausfuhren nach Europa im Wert von bis zu 11,2 Mrd. Dollar als Vergeltung für die illegalen Subventionen Amerikas an Boeing zu erteilen. Unabhängig von dem WTO-Schiedsspruch nehmen die USA nun offenbar och mehr europäische Produkte ins Visier, um die EU davon abzuhalten, überhaupt Vergeltungsmaßnahmen ins Auge zu fassen.

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Über den Experten

Bernd Lammert
Bernd Lammert
Finanzredakteur

Bernd Lammert arbeitet als Redakteur seit 2010 bei der BörseGo AG. Er ist studierter Wirtschafts- und Medienjurist sowie ausgebildeter Journalist. Das Volontariat absolvierte er noch beim Radio, beruflich fand er dann aber schnell den Weg in andere Medien und arbeitete u. a. beim Börsen-TV in Kulmbach und Frankfurt sowie als Printredakteur bei der Financial Times Deutschland in Berlin. In seinen täglichen Online-Berichten bietet er Nachrichten und Informationen rund um die Finanzmärkte. Darüber hinaus analysiert er wirtschaftsrelevante Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte für eine Finanzagentur. Grundsätzlich ist Bernd Lammert der Ansicht, dass aktuelle Kenntnisse über die Märkte sowie deren immanente Risiken einem keine Erfolge schlechthin garantieren, aber die Erfolgschancen deutlich erhöhen können.

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