Europa: Sorge um Ungarn
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Bis zum Donnerstag vergangener Woche waren die internationalen Aktienmärkte von guten Konjunkturdaten unterstützt und tendierten überwiegend freundlich. Am Freitag verunsicherten jedoch die US-Arbeitsmarktdaten und die Haushaltslage in Ungarn, sodass die Indizes letztlich Verluste hinnehmen mussten.
USA: Arbeitsmarkt schürt Konjunkturängste
Aufgrund des Memorial Day blieben die Börsen in den USA am vergangenen Montag noch geschlossen. Ab Dienstag verzeichneten US-Aktien dann überwiegend Kursaufschläge. Zur freundlichen Stimmung trugen dabei vor allem die guten Konjunkturdaten bei. So fiel etwa der ISM-Index für das verarbeitende Gewerbe besser aus als zunächst erwartet. Gegenüber dem Vormonat ist der Indexwert zwar leicht rückläufig, tendiert aber nach wie vor auf einem Niveau, das eine deutliche Expansion der US-Wirtschaft anzeigt. Merklich über den Umfragewerten präsentierten sich hingegen die Bauausgaben, die allerdings von auslaufenden Fördermaßnahmen begünstigt wurden.
Zum Wochenende wendete sich jedoch das Blatt, als die Daten zum US-Arbeitsmarkt präsentiert wurden. Auf den ersten Blick lesen sich die Zahlen sehr erfreulich. So wurden im Mai 431.000 neue Stellen geschaffen, während zum Jahreswechsel noch über 100.000 Arbeitsplätze verloren gingen. Die kürzlich statt gefundene Volkszählung Census 2010 hat die Statistik allerdings erheblich verzerrt. Ohne den Sondereffekt erhöhte sich die Zahl der Beschäftigten im privaten Sektor lediglich um 41.000. Analysten waren hier jedoch von einem Zuwachs von knapp 200.000 ausgegangen. Im Anschluss an die Veröffentlichung nahmen daraufhin die Sorgen vor einer erneuten Konjunkturschwäche zu und Anleger trennten sich von Aktien und anderen risikobehafteten Papieren. Nach einem Tagesverlust von knapp 3,2 Prozent notierte der Dow Jones Industrial Average letztlich wieder unter der Marke von 10.000 Punkten und musste einen Wochenverlust von zwei Prozent hinnehmen.
Der schwache Freitag zeigt einmal mehr, wie verunsichert die Marktteilnehmer derzeit agieren, denn die Unterkomponenten des Arbeitsmarktberichts geben durchaus auch positive Signale. So nahmen die durchschnittlichen Stundenlöhne im Vergleich zum Vorjahr um knapp zwei Prozentpunkte zu. Diese positive Einkommensentwicklung dürfte in den kommenden Monaten die Konjunktur durch höhere Konsumausgaben stützen. Zu einem großen Unsicherheitsfaktor sind jedoch die sogenannten Eventrisiken geworden, wie etwa die Hiobsbotschaften aus Ungarn, die am Freitag ebenfalls auf den Notierungen lasteten.
Europa: Sorge um Ungarn
Auch in Europa verzeichneten Dividendentitel anfangs noch deutlich Kursaufschläge. Zwischenzeitlich stieg der Dax sogar wieder über die Marke von 6.100 Punkten. Anders als in den USA fiel der deutsche Arbeitsmarktbericht überraschend positiv aus. Noch nie seit 1992 waren in einem Mai so wenig Arbeitslose registriert. Zweifellos ist die Statistik durch die Kurzarbeit verzerrt, dennoch legen die Daten den Schluss nahe, dass sich die Lage schneller erholt als von vielen Marktteilnehmern bisher erwartet. Nach Bekanntgabe der US-Daten konnte sich aber auch der deutsche Leitindex den Kursverlusten nicht mehr entziehen und verzeichnete im Wochenvergleich ein leichtes Minus von 0,1 Prozent.
Insgesamt wurden europäische Titel mit kräftigen Kursabschlägen abgestraft, als die neugewählte Regierung in Ungarn bekannt gab, das Haushaltdefizit könne womöglich größer ausfallen als bisher angenommen. Bereits 2008 haben der IWF und die EU dem Land umfangreiche Kredite gewährt, um einen Staatsbankrott zu verhindern. Angeblich soll die nun abgewählte Regierung - ähnlich wie in Griechenland die Haushaltslage geschönt dargestellt haben. Sofort breitete sich die Sorge vor einem Übergreifen der Schuldenkrise auf Osteuropa aus. Der Sprecher des Ministerpräsidenten ließ obendrein verlauten, dass es seiner Meinung nach keine Übertreibung sei, über einen möglichen Zahlungsausfall zu spekulieren. In der Folge stieg die Risikoaversion stark an. Anleger reagierten entsprechend nervös und flüchteten aus Aktien. Unter besonderem Abgabedruck standen dabei österreichische Banktitel, da diese in großem Umfang in Osteuropa engagiert sind. Die Erste Bank etwa hat über 13 Prozent ihrer Konsumentenkredite in Ungarn vergeben. In diesem angespannten Umfeld vermochten es selbst die ungarischen Währungshüter nicht, die ausgeprägte Skepsis einzudämmen, als sie ihre Prognosen von einem deutlichen geringeren Defizit noch einmal bestätigten. Im Vergleich zur Vorwoche verloren Aktien, gemessen am Euro Stoxx 50 Index, 2,3 Prozent an Wert. Angesichts der Turbulenzen büßte auch der Euro weiter an Vertrauen ein und fiel unter die Marke von 1,20 US-Dollar.
Zur vergleichsweise positiven Kursentwicklung japanischer Titel sei angemerkt, dass die belastenden Faktoren erst nach dem dortigen Handelsschluss veröffentlicht wurden. Heute Morgen holte der Nikkei Index die Marktentwicklung der anderen Börsen entsprechend nach und notierte zum Handelsschluss 3,2 Prozent schwächer.
Ausblick
Am Donnerstag findet die nächste EZB-Sitzung statt. Angesichts der Schuldenkrise in Europa rücken mögliche Zinserhöhungen in immer weitere Ferne. Im Mittelpunkt dürften diesmal die Details zu den Anleihekäufen stehen, mit denen eine weitere Erhöhung der Risikoaufschläge verhindert werden soll.
In den USA werden die Marktteilnehmer am Freitag vor allem auf die Einzelhandelsumsätze schauen. Ein weiterer Anstieg würde für die Konsumfreude der Amerikaner sprechen.
Quelle: Union Investment
Gegründet im Jahr 1956, zählt Union Investment heute zu den größten deutschen Investmentgesellschaften. Rund 161,9 Mrd. Euro verwaltete die Gesellschaft per 30. September 2009, davon 99,5 Milliarden Euro in Publikumsfonds. Die Produktpalette für private Anleger umfasst Aktien-, Renten- Geldmarkt- und Offene Immobilienfonds sowie gemischte Wertpapier- und Immobilienfonds und Dachfonds. Anleger erhalten diese Produkte bei allen Volksbanken, Raiffeisenbanken, Sparda-Banken und PSD-Banken. Rund 4,6 Millionen Anleger nutzen überdies die Depotdienstleistungen der Union Investment.
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