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10:39 Uhr, 24.04.2017

Eurobonds: Eine Anleihe für alle?

Die Einführung von Eurobonds ist nach Meinung von Wolfgang Bauer, Anleihenexperte bei M&G Investments, in naher Zukunft eher unwahrscheinlich.

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London (GodmodeTrader.de) - 2016 tendierten die Risikoaufschläge für Anleihen aus den Peripheriestaaten der Eurozone insgesamt nach oben, obgleich wesentlich weniger stark als 2011/2012. Ob damit auch der Ruf nach Eurobonds wieder lauter wird, dieser Frage geht Wolfgang Bauer, Anleihenexperte bei M&G Investments, in einem aktuellen Marktkommentar nach.

Der Aufschlag von zehnjährigen spanischen Staatsanleihen gegenüber zehnjährigen deutschen Staatsanleihen betrage aktuell etwa 1,3 Prozent, was nah am Mittelwert der letzten zehn Jahre liege. Die Renditedifferenz von zehnjährigen italienischen Anleihen liege nur einen halben Prozentpunkt höher (1,8 Prozent). In Portugal liege der Spread aktuell bei 3,7 Prozent. Die Spreads beider Länder lägen höher als der Mittelwert der letzten zehn Jahre. Der griechische Renditeaufschlag gegenüber Bundesanleihen von 7,0 Prozent sei der höchste unter den Peripheriestaaten, liege aber unterhalb des historischen Mittelwerts. Die Lage in Griechenland sei dieser Kennzahl nach zu urteilen also durchaus entspannt – ein Satz, den man nicht oft lese, heißt es weiter.

„Ein gemeinsamer zehnjährigen Eurobond ließe die Renditeaufschläge der Peripheriestaaten sofort verschwinden, aber welche Rendite könnten Anleger von den Eurobonds erwarten? Alle Länder der Eurozone, mit Ausnahme von Estland, haben Staatsanleihen im Umlauf. Demzufolge können wir als vernünftigen Ausgangspunkt gewichtete zehnjährige Durchschnittsrenditen berechnen. Hier haben wir zwei Gewichtungsfaktoren verwendet: BIP und Schuldenquote“, so Bauer.

Die BIP-gewichtete Rendite berücksichtige die Wirtschaftskraft der Länder und damit ihre Fähigkeit, Steuergelder einzusammeln und Schulden zu tilgen. Deutschland erhalte aufgrund des hohen BIP eine hohe Gewichtung. In der Folge sinke die durchschnittliche Rendite auf 1,2 Prozent, was in etwa dem Niveau der aktuellen zehnjährigen Rendite der Slowakei entspreche. Wäre dies die tatsächliche Rendite der Eurobonds, würden sich die Finanzierungskosten für Deutschland auf Zehn-Jahres-Basis in etwa verdreifachen, während die Renditen für Peripheriestaaten deutlich sinken würden, heißt es weiter.

„Demgegenüber reflektiert die schuldengewichtete Rendite den Verschuldungsgrad sowie die Bonität der Länder. Aufgrund der hohen Schuldenlast ist die Gewichtung von Italien hoch und drückt den Durchschnitt auf 1,6 Prozent nach oben, was der aktuellen zehnjährigen Rendite von Malta entspricht und vier Mal so hoch ist wie die zehnjährige Rendite von Deutschland“, so Bauer.

Zugegeben, die BIP- und schuldengewichteten Schätzungen seien für hypothetische Eurobond-Renditen zu hoch, da sie eine Weiterentwicklung der Markttiefe und Verbesserung der Liquidität außer Acht ließen. Die Schaffung einer Kategorie gemeinsamer Eurobonds würde den fragmentierten europäischen Staatsanleihenmarkt fundamental verändern und ihn deutlich stärker standardisieren. Vor allem kleinere Länder, deren nationale Rentenmärkte vielleicht von vielen Anlegern außer Acht gelassen worden seien, würden in hohem Maße von der Partizipation an einem tiefen und liquiden Eurobond-Markt profitieren, heißt es weiter.

„Die Probe aufs Exempel könnte jedenfalls noch lange auf sich warten lassen: Die Einführung von Eurobonds in naher Zukunft ist eher unwahrscheinlich. Abgesehen von dem potenziellen „Moral Hazard“, den eine Schuldenlast nach dem Gegenseitigkeitsprinzip erzeugen würde, und den möglichen Konflikten mit dem Lissabon-Vertrag gibt es erhebliche politische Hindernisse in Deutschland. CDU/CSU haben sich hier schon seit langem positioniert. Martin Schulz hat zwar in seiner Zeit als Präsident des Europäischen Parlaments die Idee von Eurobonds vertreten, doch als Kanzlerkandidat hat er das Thema nicht mehr angesprochen. Auch eine mögliche SPD-geführte Regierung dürfte dieses Thema also kaum vorantreiben“, so Bauer.

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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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