Kommentar
11:36 Uhr, 18.07.2022

Euro-Dollar Parität: Der Beweis, dass der Euro eine schwache Währung ist?

Nach dem Erreichen der Parität drängt sich der Verdacht auf, dass der Euro eine schwache Währung ist, die durch Krisen immer weicher wird. Die Lage ist besser als viele denken.

Erwähnte Instrumente

  • EUR/USD
    ISIN: EU0009652759Kopiert
    Kursstand: 1,01453 $ (FOREX) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • EUR/USD - WKN: 965275 - ISIN: EU0009652759 - Kurs: 1,01453 $ (FOREX)

In den vergangenen 15 Monaten verlor der Euro gegenüber dem US-Dollar fast 20 %. Für Währungen wie den Euro oder Dollar sind Bewegungen von 20 % nahezu spektakulär. Der Trend ist beständig und beharrlich. Gründe für den Trend lassen sich viele finden. Währungskurse werden von Realzinsdifferenzen bestimmt. Die US-Notenbank ist der EZB um mehr als zwei Prozentpunkte voraus. Die Inflation ist ähnlich hoch. Das Zinsumfeld begünstigt den Dollar. Die Realzinsdifferenz erklärt jedoch nicht den ganzen Verlust von 20 %. Stattdessen drängt sich der Verdacht auf, dass der Eurokurs eine nahende Eurokrise widerspiegelt. Regierungskrisen in Italien kennen wir bereits und der Schrecken darüber war schon größer. Dennoch kommt die Krise zur Unzeit. Der EZB muss zudem die Quadratur des Kreises gelingen, indem sie die Geldpolitik gleichzeitig strafft und lockert. Die Zinsen werden steigen, um der Inflation entgegenzutreten. Dies darf jedoch nicht dazu führen, dass die Renditen von italienischen, spanischen oder griechischen Anleihen auf ungesunde Niveaus steigen.

Am Ende wird der EZB nichts anderes übrigbleiben, als die Transferunion indirekt über die Geldpolitik voranzutreiben. Das an sich ist für viele ein Skandal und eine Krise des Euros. Trotz dieser Probleme und einem Krieg vor der Haustür kann beim Euro nicht von panikartigen Verkäufen gesprochen werden.

Vielmehr folgt der Europreis einer sehr einfachen Logik. Hohe Rohstoffpreise sorgen dafür, dass die Eurozone ein Handelsbilanzdefizit ausweist. Es ist seit Einführung des Euros das höchste Defizit (Grafik 1). In den vergangenen drei Monaten lag das monatliche Defizit bei durchschnittlich 25 Mrd. Euro.


Für einen Währungsraum wie der Eurozone ist das Defizit hoch. Dem Defizit stehen auch nur begrenzt Devisenreserven gegenüber. Das Eurosystem hält 1,1 Billionen an Reserven. Davon entfallen jedoch 600 Mrd. auf Gold und 210 Mrd. auf Sonderziehungsrechte und Reserven beim Internationalen Währungsfonds.

Gemessen an der Größe des Wirtschaftsraums sind die Reserven überschaubar. Gleichzeitig werden Rohstoffe größtenteils in Dollar importiert. Fast 60 % der Ölimporte Deutschlands werden in Dollar abgewickelt. In Ländern wie Frankreich, Spanien und Italien sind es bis zu 98 %.

Die Handelsbilanz gibt einen Hinweis darauf, wie viel Geld abfließt. Noch deutlicher wird der Zusammenhang zwischen Eurokurs und Handel beim Betrachten der Leistungsbilanz, bei der Güter, Dienstleistungen und die Zahlungsbilanz berücksichtigt werden (Grafik 2). Gemessen an der Veränderung der Leistungsbilanz, Zinsdifferenzen, politische und geldpolitische Krisen hält sich der Euro bemerkenswert gut.


Der Euro ist derzeit eine weiche Währung. Dafür gibt es gute fundamentale Gründe, die nichts mit einer Eurokrise zu tun haben. Indirekt spricht dies dafür, dass Marktteilnehmer der EZB bis jetzt noch vertrauen, im Krisenfall handlungsfähig zu sein.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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