Kommentar
21:10 Uhr, 09.09.2020

Etwas stimmt nicht mit Quantitative Easing (QE)

Notenbanken geben sich alle Mühe ihre bisherigen Lockerungsrekorde in den Schatten zu stellen. Die Wirkung ist diesmal jedoch anders als sonst.

Wenn es derzeit an einem nicht mangelt, dann ist es Quantitative Easing. Die US-Notenbank hat ihre Bilanz im Vergleich zum Vorjahr um mehr als drei Billionen Dollar aufgebläht. Das ist mehr als doppelt so viel wie der bisherige Rekord. Auch die EZB lässt sich nicht lumpen. Die Bilanzsumme wurde von 4,7 Billionen Euro auf 6,45 Billionen erweitert. Da die Wirtschaftsleistung der Eurozone kleiner ist als die der USA ist die Ausweitung der Bilanzsumme relativ zur Wirtschaftsleistung absolut vergleichbar. Bei der EZB ist die Zusammensetzung jedoch etwas anders. Die US-Notenbank hat vor allem Wertpapiere gekauft. Auch die EZB kauft Wertpapiere, doch mehr als die Hälfte der Bilanzerweiterung entfällt auf die Liquiditätsversorgung der Banken. Diese konnten sich zu sehr guten Konditionen Geld bei der EZB leihen. Banken machten davon Gebrauch, da die Zinsen für diese Geschäfte negativ sind. Über diese Sonderrefinanzierungsgeschäfte wurde die Bilanzsumme um mehr als 1,4 Billionen Euro erweitert. Damit hat die EZB deutlich weniger Wertpapiere gekauft als die Fed. Der Effekt der geldpolitischen Lockerung ist aber immer der gleiche. Die Bedingungen sollen verbessert werden...


Eingriffe der Notenbank sorgt für ausreichend Liquidität. Ursprünglich wurde QE eingeführt, um den Markt mit Liquidität zu versorgen und Zinsen zu beeinflussen. Letzteres hat nie auf die Art funktioniert wie gedacht. Kauft die Notenbank Anleihen – sie erhöht damit die Nachfrage – sollten die Zinsen eigentlich sinken.

Tatsächlich geschah das Gegenteil. Immer dann, wenn ein neues QE Programm absehbar war oder startete, stiegen die Renditen für Anleihen (Grafik 2). Das war zunächst ein unerwarteter Effekt, lässt sich aber erklären. Durch die Eingriffe der Notenbank wurden Anleger zuversichtlicher. Das Vertrauen, dass es langfristig besser wird, wurde gestärkt.


Aus diesem Grund verkaufen Anleger sichere Anlagen wie Staatsanleihen und kaufen riskantere Vermögenswerte wie Aktien und Ramschanleihen. Aktien stiegen, die Rendite für Staatsanleihen stieg ebenfalls. Aktuell ist das anders.

Die Notenbank begann ein kurzfristiges QE-Programm im Herbst 2019, da die Liquidität bei einigen Banken knapp wurde. Das führte zu dem bekannten Phänomen. Die Renditen stiegen. Nun läuft das größte QE-Programm aller Zeiten und die Renditen steigen nicht.

Im März war das kein Wunder. Der Leitzins wurde gesenkt und es herrschte Panik. Beides führte zum Einbruch der Rendite. Inzwischen ist die Risikofreude jedoch zurückgekehrt und die Notenbank kauft immer noch Anleihen im Eiltempo. Die Rendite bleibt aber am Boden kleben.
Das unterscheidet das jetzige QE Programm von früheren. Man kann es nicht damit erklären, dass Anleger risikoscheu wären. Wäre das der Fall, dürfte der Aktienmarkt nicht so hoch stehen. Vielleicht ist es einfach das Ausmaß des QE-Programms, das diesmal den Unterschied macht. Das ist schwer zu sagen. Das aktuelle QE-Programm hat einen anderen Effekt als frühere. Es ist immer noch ein experimentelles Instrument.

Clemens Schmale


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5 Kommentare

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  • Schimanski
    Schimanski

    Bedeutet für mich, dass die EZB eine direkte Subvention der Banken betreibt.

    07:46 Uhr, 10.09.2020
  • Andreas Hoose
    Andreas Hoose

    Man darf gespannt sein, wie lange es noch dauert. bis die Experten Ross und Reiter nennen, anstatt um den heißen Brei herumzureden:

    Dieses System ist am Ende, weil das Vertrauen den Bach hinunter rauscht - und jeder, der Augen im Kopf hat, kann das mittlerweile sehen...

    Man beachte dazu den Goldpreis...

    01:57 Uhr, 10.09.2020
    2 Antworten anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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