Kommentar
15:02 Uhr, 20.11.2017

Es muss nicht immer Krise sein

Die EZB bleibt skeptisch und pumpt weiterhin Milliarden in den Markt. Dass sich die wirtschaftliche Lage deutlich aufgehellt hat, scheint da nicht zu interessieren.

Die EZB ist noch immer in Krisenstimmung. Es erschließt sich nicht so recht, weshalb das der Fall ist. Wie ein Mantra wird immer wieder die niedrige Inflationsrate angeführt, so als ob dies das einzige Maß aller Dinge wäre. Das ist es natürlich nicht. Niedrige Inflation und hohes Wachstum ist eigentlich das Beste, was passieren kann.

Die Notenbank orientiert sich aber anscheinend an den schwächsten Mitgliedern der Eurozone. Dazu gehört etwa Italien. Das Wirtschaftswachstum ist immer noch moderat. Immerhin bekommen Banken die faulen Kredite in den Griff. Grafik 1 zeigt die Entwicklung dieser Kredite. Sie stiegen zwischen 2008 und 2016 von weniger als 50 Mrd. Euro auf 200 Mrd.

Zuletzt ging die Summe fauler Kredite deutlich zurück. Das liegt allerdings nicht daran, dass sie wirklich weg sind, sondern daran, dass sie Banken aus ihren Bilanzen entfernt haben. Ein Teil der Kredite wurde verkauft oder ausgelagert. Diese fragwürdigen Kredite sind also nicht plötzlich wieder einbringlich gewesen. Sie sind lediglich in anderen Bilanzen zu finden und nicht mehr bei den Banken.

Italien bleibt ein Sorgenkind. Viele andere Länder haben allerdings gezeigt, dass das nicht so bleiben muss. Als Krisenländer galten einmal Zypern, Slowenien, Irland, Spanien, Portugal, Griechenland und eben Italien – fast die Hälfte der Eurozone.

Von Italien und Griechenland abgesehen hat sich die Lage deutlich verbessert. Irland steht heute besser da als vor der Krise. Spaniens Wirtschaft wächst mit 3 %, die Staatsschulden stabilisieren sich und die Arbeitslosigkeit geht in großen Schritten zurück. Slowenien gehört aus wirtschaftlicher Sicht zu den Top Performern der Eurozone.

Zypern hat noch einen weiten Weg vor sich, doch der Trend stimmt. Die Wirtschaft wächst mit mehr als 3 % und die Arbeitslosenrate fällt relativ schnell. Der wirkliche Star ist allerdings Portugal, obwohl es kaum Aufmerksamkeit erhält.

Portugal hatte lange Zeit ein ähnliches Schicksal wie Italien. Die Wirtschaft wuchs kaum und schleppte sich von einer Stagnation zu nächsten. Der Staat war hoch verschuldet und die Arbeitslosigkeit stieg selbst in guten Zeiten an. Das zeigt die Zeit von 2002 bis 2007 (Grafik 2).

Inzwischen ist die Arbeitslosenrate wieder auf dem Niveau von Anfang 2008 und wird aller Voraussicht nach weiter fallen. Portugal tritt gerade in eine Phase ein, in der es die ewige Stagnation hinter sich lässt. Das Wachstum hat sich auf 3 % beschleunigt und ist damit so hoch wie seit Ende der 90er Jahre nicht mehr.

Es gibt einen Wermutstropfen. Der Staat bleibt hochverschuldet. Es wird viele Jahre dauern bis der Schuldenberg wieder abgetragen ist. Die Wirtschaft aber boomt. Es sieht auch nicht nach einer Eintagsfliege aus. Portugal scheint fast zwei Jahrzehnte der Stagnation zu beenden. Das hat sich auf dem Aktienmarkt bisher überhaupt nicht gezeigt. Inzwischen gilt der portugiesische als einer der billigsten der Welt und bietet dazu noch 4 % Dividendenrendite. Der Markt ist ein langfristiger Kauf.

In der Eurozone gibt es viele Beispiele, die zeigen, dass Krise kein Schicksal sein muss. Es ist kein gottgegebener Dauerzustand. Portugal zeigt, wie es geht und Anleger haben das noch nicht erkannt. Zusammen mit weiterhin extrem lockerer Geldpolitik bietet das Chancen.

Clemens Schmale

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5 Kommentare

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  • hikaruninja
    hikaruninja

    @gomorra: Gute Besserung!

    09:58 Uhr, 21.11. 2017
  • Bigdogg
    Bigdogg

    ..."der Staat bleibt hochverschuldet. Es wird viele Jahre dauern bis der Schuldenberg wieder abgetragen ist." Ich lach mich schlapp - liest eigentlich irgendjemand gegen bevor sie veröffentlicht werden??

    08:55 Uhr, 21.11. 2017
  • Data75
    Data75

    Sie haben es richtig geschrieben. Es geht um die Schwachen, die eine Trendwende nicht vertragen würden. Soweit so logisch. :)

    15:16 Uhr, 20.11. 2017
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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