Kommentar
08:27 Uhr, 31.03.2015

Erfriert die US-Wirtschaft?

Der Start ins neue Jahr ist der US Wirtschaft nicht sonderlich gut geglückt. Die Dynamik hat spürbar nachgelassen. Dafür gibt es eine eindeutige Erklärung.

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Frostige Zeiten für die US Wirtschaft

Anleger können über den Start ins neue Jahr enttäuscht sein. Die US Wirtschaft kühlt sich ab. Am Aktienmarkt sieht es so aus, als könnten die Indizes kippen. S&P 500 und Dow Jones halten sich zwar noch einigermaßen gut über Wasser, aber der Dow Transportation Average zeigt sich schwach und droht ein Top auszubilden. Der Transportindex gilt als Vorlaufindikator für den breiten Markt. Das funktioniert seit bestehen der Aktienmärkte gut. Der Grund: die Transportaktivität hängt von der Wirtschaftsaktivität ab. Kühlt sich die Wirtschaft ab, dann wird auch weniger transportiert.

Im Moment sehen wir, dass sich die US Wirtschaft abkühlt. Der Grund dafür ist aber weniger eindeutig. Einige Beobachter nennen den starken Dollar oder eine erhöhte Sparquote der Amerikaner. Keiner der Gründe ist wirklich so überzeugend, dass man sich denkt: jawohl, das ist es.

Seit vergangenem Wochenende gibt es neue Erklärungsversuche. Beobachter geben nicht auf, Gründe zu suchen. Wer einen klaren Grund für die Abkühlung findet, der kann erklären, wieso das alles nur temporär ist und muss sich nicht mit dem Gedanken auseinandersetzen, dass es mit dem Aufschwung vielleicht vorbei ist. Die gute Nachricht: der Aufschwung ist nicht vorbei. Ob sich das Wachstum nach einem ersten schwachen Quartal aber wieder beschleunigen wird, kann man noch nicht sagen. Die Chancen dafür stehen gar nicht so schlecht.

Die neueste Erklärung, die tatsächlich Sinn macht, ist das Wetter. Das Wetter hat in den USA in den vergangenen Wochen für heftige Diskussion gesorgt. Einige Politiker sehen in der Kältewelle bereits den Beweis, dass es den Klimawandel nicht gibt. Da sieht man einmal wieder, wie wenig sich manch Politiker mit dem Thema befasst hat. Eine Folge des Klimawandels sind extreme Wetterlagen. Dazu gehören nicht nur Hitze- sondern auch Kältewellen. Letzteres hat die USA fest im Griff gehabt.

Grafik 1 zeigt Temperaturdaten des National Climatic Data Centers der USA. Abgebildet sind die Bundesstaaten mit ihren relativen Temperaturen. Der Osten des Landes ist in dunklem Blau. Das heißt nichts anderes, als dass dort unterdurchschnittliche Temperaturen herrschten. Bis in den mittleren Westen hinein lässt sich der vergangene Winter als überdurchschnittlich kalt beschreiben. Lediglich im Westen kam es zu überdurchschnittlich hohen Temperaturen. Auch das ist nicht gut. Kalifornien leidet unter einer starken Dürre. Das Wasser wird knapp.

Für die gesamten USA kann man einen besonders kalten Winter feststellen. Das beeinträchtigt die Wirtschaftsaktivität. Grafik 2 zeigt das Wirtschaftswachstum der USA im ersten Quartal eines jeden Jahres und die dazugehörige Temperatur. Die Temperatur ist als Abweichung vom Mittel (in Fahrenheit) abgebildet. Der Winter 2014 lag mit seiner Temperatur ca. 4 Fahrenheit unter dem Durchschnitt. Das ist nicht viel, hat aber zu einem so deutlichen Rückgang des Wachstums geführt, dass es sogar negativ war.

Betrachtet man die lange Zeitreihe genau, dann scheint der Zusammenhang zwischen Temperatur und Wachstum häufig aufzugehen. Häufig bedeutet aber nicht immer. In einigen Jahren ist die Korrelation so gut wie gar nicht vorhanden oder sogar negativ. Das liegt insbesondere daran, dass die Temperatur per se nur ein Faktor ist, der das Wachstum beeinflusst.
Die Wirtschaftsaktivität geht in kalten Wintern zurück. Die Temperatur allein ist jedoch nicht ausschlaggebend. Wenn es kalt ist gehen Konsumenten vielleicht ein klein wenig seltener einkaufen, aber das führt noch lange nicht dazu, dass die Wirtschaft schrumpft. Etwas deutlicher wird der Zusammenhang, wenn man sich Wachstum und Schneebedeckung ansieht. Schnee kann die wirtschaftliche Aktivität erheblich behindern. Es hindert Menschen teilweise daran zur Arbeit zu gehen. Es behindert auch stark den Transport von Gütern.

In der Zeitreihe seit 1967 sieht man auch nicht in jedem Jahr eine perfekte Korrelation. Sie tritt jedoch so häufig auf, dass man kaum noch von Zufall sprechen kann. Je mehr Schnee liegt (positive Werte in der Grafik) desto geringer fällt das Wachstum aus. Ist ein Winter hingegen mild bzw. liegt wenig Schnee, dann kann das sogar für einen Wachstumsimpuls sorgen.

Der vergangene Winter war kalt und es lag viel Schnee. Die Abkühlung der Wirtschaft kann man daher erwarten und erklären. Saisonale Faktoren haben das Wachstum im ersten Quartal im Griff. Im zweiten Quartal wird sich dann zeigen, ob es wirklich nur der Winter war oder ob es doch eine strukturelle Abkühlung gibt. Bis das deutlicher wird dürften es Aktien schwer haben nach oben auszubrechen.

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8 Kommentare

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  • whynot
    whynot

    Immer dann, wenn die USA ihre Wirtschaftentwicklung schönreden will, dann benutzt sie das Winterwetter als Ausrede und verkauft dann ein Anstieg der Wirtschaftsleistung nach dem Winter dann aber als reinen Erfolg der wirtschaftlichen Entwicklung und kehrt dabei Aufholeffekte (aufgrund eben des schwachen Winterquartals davor) geflissentlich unter den Teppich - so geschehen auch im Winter 2013/2014.

    14:30 Uhr, 31.03. 2015
    1 Antwort anzeigen
  • Bigdogg
    Bigdogg

    Kältewellen müssen also jetzt auch schon für die Klimaerwärmung herhalten. Super, dann passt ja alles...man kann also die olle Geschichte der Klimaerwärmung immer schön begründen, völlig egal was das Wetter macht! Da fällt einem echt nix mehr ein! Das Klima hat sich schon immer gewandelt, bzw. ständig geändert - DAS IST DER NORMALZUSTAND! US-Politiker sind zwar zu nicht viel zu gebrauchen, aber hier könnten sie tatsächlich einmal recht haben. Hier von oben herab festzustellen, dass sich diese nicht mit dem Thema auseinandergesetzt haben ist mehr als billig und spricht dafür, dass SIE selbst keine Ahnung haben (wohlgemerkt von der Klimaentwicklung, ihre wirtschaftlichen Ausführungen lese ich immer sehr gerne)

    13:35 Uhr, 31.03. 2015
  • dschungelgold
    dschungelgold

    Schon klar. Jetzt ist das Wetter schuld. Irgendwie muss man ja die kaputte, voellig ueberschuldete Wirtschaft der USA erklaehren.

    12:09 Uhr, 31.03. 2015
  • Investor
    Investor

    Hat nicht schon das kalte Wetter Anfang 2914 für einen Abschwung hergehalten. Was mir fehlt, ist der parallel Anstieg des online handels. Wenn die Menschen weniger fahren, würde ich mehr online shopping erwarten.

    Eigentlich war der Aufschwung 2014 durch fracking getragen. Seit Herbst 2014 werden hier jobs abgebaut und Produktion zurückgefahren. Der Handel baut seit Mitte 2014 deutlich Beschäftigte ab.

    Da der starke USD die Gewinne und die Exporte einbrechen läßt, würde ich hier eher eine konjunkturelle Delle geben. Selbst J. Yellen sagt, daß die FED nur noch auf Sicht fährt und Maßnahmen ergreifen wird, abhängig von der FED Erwartung.

    Wenn man Inflation und steigende Zinsen haben will, darf es keine Konjunkturdelle geben

    09:38 Uhr, 31.03. 2015

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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