Kommentar
11:23 Uhr, 21.04.2015

Ende der paradiesischen Zustände?

Das Wachstum ist mager, aber gleichzeitig sind die Finanzierungskosten für Unternehmen relativ zur Vergangenheit nur unterdurchschnittlich ausgeprägt, und Firmenpleiten gehören deshalb im Großen und Ganzen der Vergangenheit an.

Die Kreditkosten sind billig, da immer mehr Gelder in den Markt für Unternehmensanleihen fließen, und die Zinskurve dank der niedrigen Leitzinsen noch relativ steil steht (Ausdruck von lockeren Kreditbedingungen, da Banken kurzfristig leihen und langfristig ausleihen).

Nun rechnet die Deutsche Bank jedoch damit, dass sich diese paradiesischen Zustände in naher Zukunft, sprich ab 2017, aufgrund der sich jüngst wieder abflachenden Kurve ändern könnten.

Die Analysten sehen sogar eine gewisse Wahrscheinlichkeit für einen „perfekten Sturm“, wenn nämlich das lange Ende der amerikanischen Zinsen vom europäischen QE gedrückt wird, während die Fed versucht das kurze Ende nach oben zu manipulieren.

Die Bank hat basierend auf der Zinskurve, die dem Pleite-Zyklus etwa 30 Monate vorausläuft, ein simples Modell entwickelt, welches die mögliche Entwicklung der Firmenpleiten am High Yield-Markt skizziert.


Das Modell kann sogar weiter verbessert werden, wenn man die steigende Realrendite (Nominalrendite – Inflation) mit in Betracht zieht.

Realrenditen wirken auf die Frequenz mit der Firmen kollabieren, indem sie die Opportunitätskosten für Banken verändern. Zum Beispiel animieren steigende Realrenditen Geldgeber dazu ihr Geld risikofrei anzulegen, anstatt riskante Darlehen an Unternehmen zu vergeben. Hinzu kommt, dass die Kapitalkosten grundsätzlich steigen.

Für die Eurozone wird übrigens ein ähnlich steiler Stressanstieg in der Realwirtschaft prognostiziert, wie die nachfolgende Grafik verdeutlicht.

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Während das Modell sich relativ gut zu Timing-Zwecken eignet, ist es offensichtlich nur bedingt brauchbar, um die Stärke von Kreditklemmen vorher zu sagen.

Das liegt einmal daran, dass Banken in mauen Zeiten oft unverhältnismäßig agieren und selbst kreditwürdigen Unternehmen Gelder verweigern, und hängt wahrscheinlich auch mit der zunehmenden Kreditunwürdigkeit (ausgedrückt in Ratings) von Unternehmen ab, welche aber aufgrund von langfristigen, strukturellen Gründen maskiert wird.

2 Kommentare

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  • Investor
    Investor

    Niedrige Zinsen beinhalten das Problem, daß Geld nicht effizient allokiert wird. Viele Firmen führen Projekte durch, die bei höheren Marktzinsen unrentabel sind. Zusätzlich wird es schwer die niedrigen Zinsen deutlich steigen zu lassen. Versicherung, Banken und pension funds werden unterschiedlich auf steigende Renditen und fallende Preise reagieren. Ich würde erwarten, daß die Banken bei fallenden Kursen Bilanzverluste realisieren müssen. Dies wird zu einer zusätzlichen Kreditklemme treiben, die die Renditen weiter treiben. Dann werden wir die Pleiten der Zombiefirmen sehen, die jetzt nur wegen die niedrigen Zinsen überleben können.

    Die durch QE künstlich verringerten Zinsen werden den Anpassungsprozess tendenziell stärker ausfallen lassen.

    16:17 Uhr, 21.04.2015
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Simon Hauser
Simon Hauser
Redakteur

Simon Hauser hält für Guidants News die Stellung in North Carolina und sendet aus sicherer Entfernung zur Wall Street Echtzeitnachrichten in die Welt. Leider spielen die Kennzahlen der Wirtschaftsteilnehmer oft nur eine untergeordnete Rolle und werden dominiert von einem hysterischen Medienzirkus, punktundkommalosem Zentralbank-Blubber, und mysteriösen Algo-Kreaturen. Simon Hauser hat über die Jahre als aktiver Börsenteilnehmer ein krudes Interesse für diese Dinge, welche in einer perfekten Welt eigentlich keine Rolle spielen sollten entwickelt, und versucht (mit wechselndem Erfolg) zu ergründen was die Kurse wirklich treibt.

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