Kommentar
21:18 Uhr, 26.06.2020

Emerging Markets: Zusammenbruch noch nicht abgewendet

Derzeit stehen alle Länder unter enormen Druck. Doch so schlimm die Lage bei uns auch erscheinen mag, es gibt viele Länder, in denen es noch schlimmer ist.

Emerging Markets haben es generell nicht leicht, doch wenn es in der entwickelten Welt nicht rund läuft, ist der Druck besonders groß. Das Phänomen ist nicht neu und die Geschichte wiederholt sich regelmäßig. Verschlechtert sich die Lage auf dem Finanzmarkt, ziehen Investoren Gelder ab. Die Währungen von Emerging Markets fallen, die Inflation steigt, die Investitionen knicken ein und die Notenbanken erhöhen die Zinsen, um den Absturz der Währung aufzufangen. So läuft es normalerweise ab. Diesmal ist es jedoch ein klein wenig anders. Inflation ist kein Problem, trotz fallender Währungen. Notenbanken heben die Zinsen daher nicht an, sondern senken sie. Sie gehen sogar noch einen Schritt weiter. Einige Entwicklungsländer haben ihre eigene Form von QE eingeführt. Der Effekt ist bemerkenswert.

Entwicklungsländer, die QE eingeführt haben, konnten die Zinsen senken (Grafik 1). QE wird also positiv aufgenommen. Das war am Anfang nicht so klar. Wenn Notenbanken Geld drucken und die Notenbank nicht unabhängig ist, kann das schnell ausarten und wie in Venezuela enden.


Den Ländern, die QE eingeführt haben, scheinen Investoren aber zu vertrauen. Die Programme sind auch nicht ansatzweise so groß wie in Europa oder den USA (Grafik 2). Am weitesten geht Chile, doch selbst dort ist QE gerade einmal ein Drittel von dem, was die US-Notenbank bisher schon geleistet hat.

QE war für viele Länder notwendig. Kapital floss wie in jeder Krise ab. In Südamerika liegt der Kapitalabfluss beim Dreifachen dessen, was während der Finanzkrise verkraftet werden musste (Grafik 3). Würden Notenbanken nicht helfen, lägen die Renditen für Staatsanleihen schon ganz woanders.

Die Renditen konnten sich in vielen Ländern wieder etwas normalisieren. Das gilt für die meisten Emerging Markets, ob in Südamerika, Asien oder Afrika. Die Renditen liegen aber immer noch 200-800 Basispunkte über dem Vorkrisenniveau. Dies gilt insbesondere in Afrika (Grafik 4).

Die Renditen sind wieder gesunken, doch sie sind immer noch hoch. Langfristig ist die Zinslast zu groß. Trotz QE in Entwicklungsländern und bei uns sind die Renditen nicht ganz zurückgekommen. Obwohl überall auf der Welt viel getan wird, um den Finanzmarkt zu beruhigen, reicht es nicht, um den Stress komplett abzubauen.

Dies gilt jetzt. Kommt erst einmal wieder Panik auf den Finanzmärkten auf – und das ist nur eine Frage der Zeit – verschlechtert sich die Lage wieder schnell. Entwicklungsländer stehen noch immer unter enormen Druck und dieser dürfte in diesem Jahr auch noch einmal steigen.

Verwunderlich ist das nicht. Die Verfassung der Wirtschaft ist trotz enormer Hilfen selbst bei uns katastrophal. Man kann sich also nur ansatzweise vorstellen wie es in so manchem Land sein muss, dass keine starke Notenbank und Fiskalpolitik hat.

Manchen Ländern dürfte ohnehin nicht mehr zu helfen sein. Die Verschuldung ist teils riesig. Vor allem externe Schulden sind ein Problem (in Fremdwährung). Notenbanken sind die Hände gebunden, wenn die externe Verschuldung zu hoch ist. Sie können nicht einfach Geld drucken und die Zinsen senken. Die Gefahr einer Währungsabwertung ist zu groß.

Ein Extremfall ist die Mongolei (Grafik 5). Hier sind die Schulden so hoch, dass man von einem hoffnungslosen Fall sprechen muss. Doch auch Länder wie Malaysia sind im Ausland hoch verschuldet. Die Lage ist angespannt und trotz kurzfristiger Besserung muss man befürchten, dass es in diesem Jahr noch einmal schlimmer kommt.


Der Zusammenbruch vieler Länder ist vorerst abgewendet. Emerging Markets bleiben aber hoch gefährdet. Trübt sich die Lage bei uns erst einmal wieder ein, könnte es beim zweiten Stressszenario in so kurzer Zeit zu einem Dominoeffekt kommen. Als Anleger sollte man gut überlegen, ob man Aktien aus Emerging Markets halten will.

Die Ausgangslagen sind freilich ganz verschieden. Es gibt jedoch keine Region, die nicht ihre eigenen Problem hat. In Südamerika und Asien kann QE noch zur Belastung für die Währungen werden. Die Verschuldung ist fast überall hoch. Die externe Verschuldung ist exorbitant, egal, auf welchen Kontinent man blickt. Das ist ein Pulverfass.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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