Fundamentale Nachricht
10:15 Uhr, 25.03.2019

Einmal Süß-Sauer von der US-Fed

Die US-Fed hat es den Finanzexperten der DWS zufolge geschafft, die Märkte zu überraschen – aber das Zinsgeschenk habe seinen Preis.

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  • S&P 500
    ISIN: US78378X1072Kopiert
    Kursstand: 2.800,71 Pkt (Chicago Mercantile Exchange) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung

Frankfurt (GodmodeTrader.de) - Diesmal hat Europa den Weg gewiesen. Der Zinsentscheid der Federal Reserve (Fed) am vergangenen Mittwoch wies viele Parallelen zur Entscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB) vom 7. März auf: Die Zentralbank überbot die bereits vorsichtigen Markterwartungen; die Zins- und Währungsmärkte feierten die Entscheidung erwartungsgemäß; und die Aktienmärkte begrüßten die Entscheidung zunächst, bevor sie angesichts der angeführten Gründe für die „dovische" Zinspolitik doch kalte Füße bekamen, wie Finanzexperten der DWS im aktuellen „CIO Flash“ schreiben.

Fast deckungsgleich wie der Stoxx 600 Europe sei es mit dem S&P 500 zunächst nach oben gegangen, bevor nach rund einer Stunde wieder der Rückwärtsgang eingelegt worden sei. Dabei habe insbesondere der Finanzsektor den Gesamtmarkt nach unten gezogen, heißt es weiter.

„Die wichtigsten Signale der Fed aus unserer Sicht: Die Medianprognose für das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) wurde um 0,2 Prozentpunkte für 2019 und um 0,1 Prozentpunkte für 2020 nach unten korrigiert, auf jetzt 2,1 und 1,9 Prozent. Die Inflationserwartungen für 2019 wurden um 0,1 und für 2020 um 0,2 Prozentpunkte reduziert, auf jetzt jeweils 1,8 und 1,9 Prozent. Zusammen mit der Bemerkung von Fed-Vorstand Jerome Powell, dass ‚das Wachstum sich stärker als erwartet abschwächt‘, mündet das in den gesenkten Zinsprojektionen (‚dots‘) der FOMC-Mitglieder (Federal Open Market Committee): Statt wie bisher mit zwei, wird nunmehr dieses Jahr im Schnitt mit keinem Zinsschritt mehr, und 2020 nur mit einem Schritt gerechnet“, so die DWS-Finanzexperten.

Damit habe sich der Höhepunkt des Zinserhöhungspfads binnen drei Monaten um 0,5 Prozentpunkte auf den Korridor von jetzt 2,50 bis 2,75 Prozent reduziert. Ein weiterer wichtiger Punkt sei die geplante Rückführung der Fed-Bilanz. Diese solle ab Mai von 30 auf 15 Milliarden Dollar monatlich reduziert werden und nur noch bis September weiterlaufen. Dass die Fed für die kommenden Monate im Beobachtungsstatus verharre, ihre weiteren Entscheidungen „datenabhängig" fällen möchte und den aktuellen Leitzins bei 2,25 bis 2,5 Prozent belassen habe, gerate da eher zur Randnotiz, heißt es weiter.

„Insgesamt dürfte sich die Fed-Politik damit, abgesehen von einem übergroßen Schock, für die nächsten Quartale nicht ändern. Während die Hürde für eine Zinserhöhung recht hoch ist, ist das auch für eine Zinssenkung der Fall. Für eine weitere Zinserhöhung müsste es klare Hinweise geben, dass die Wirtschaft wieder über Trend wachsen kann, mit entsprechenden Auswirkungen auf Arbeitsmarkt und Inflationserwartungen. Aber um die Zinsen zu senken, müssten sich die Konjunkturaussichten deutlich verschlechtern, und damit deutlich unter unserer Kernprognose (oder die der Fed) liegen“, so die DWS-Finanzexperten.

In der Vergangenheit hätten Zinssenkungszyklen immer dann begonnen, wenn die Arbeitslosenquote über der langfristigen Gleichgewichts-Arbeitslosenquote NAIRU (Inflationsstabile Arbeitslosenquote) gelegen habe, wovon wir weit entfernt seien. Tatsächlich sei man nach wie vor der Meinung, dass sich die Wirtschaft im Laufe des Jahres wieder erholen werde und damit eine Zinserhöhung wahrscheinlicher als eine Zinssenkung bleibe, auch wenn damit nicht in naher Zukunft zu rechnen sei. „Die neuen Rahmendaten für die Bilanzverkürzung würden wir wiederum nicht überinterpretieren. Obwohl dieser Plan eine etwas langsamere Bilanzverkürzung impliziert als erwartet, ist dies unseres Erachtens kein geldpolitisches Signal. Es handelt sich um eine technische Entscheidung im Zusammenhang mit der Steuerung der Zentralbankreserven der Geschäftsbanken. Die Bilanz ist aktuell kein aktives Instrument der Geldpolitik (obwohl sie bei Bedarf wieder zu einem Instrument werden könnte)“, so die DWS-Experten.

Die Marktreaktion zeige die gezügelte Freude der Anleger über eine Fed, die nunmehr noch akkommodierender sei als geplant. Auch wenn die Fed in ihrem Communiqué von einer gesunden Wirtschaft und einem weiter starken Arbeitsmarkt spreche, sei die Vorstellung, dass der Zinserhöhungspfad bereits bei einem Realzins von nahe Null fast an seinem Ende angelangt sei, nicht für alle sehr beruhigend, heißt es weiter.

„Auch die Zinskurve wird jetzt wieder argwöhnisch von vielen beobachtet werden. Nach der Fed-Entscheidung notieren jetzt US-Staatsanleihen mit Laufzeiten bis zu sieben Jahren unterhalb der effektiven Fed Funds Rate. Wir bleiben bei unserer Prognose, dass es dieses Jahr nicht zu einer Gewinnrezession kommen wird und das Wirtschaftswachstum im zweiten Halbjahr wieder anzieht. Allerdings ist dieses positive Szenario in den meisten Anlageklassen auch weitgehend bereits eingepreist“, so die DWS-Finanzexperten.

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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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