Kommentar
15:15 Uhr, 18.07.2018

Eine weitere US-Finanzkrise wird es nicht geben

2008 sitzt vielen immer noch in den Knochen und bei jeder Andeutung eines Problems wird gleich die nächste Finanzkrise befürchtet. Das ist unnötig, denn so schnell wird es keine Finanzkrise mehr geben.

Die ehemalige Fed-Chefin Janet Yellen sagte vor nicht allzu langer Zeit, dass es eine neue Finanzkrise zu unseren Lebzeiten nicht mehr geben wird. Ob das zutrifft, kommt wohl aufs Alter an... Generell liegt sie aber nicht ganz falsch. In den letzten 100 Jahren gab es in den USA zwei außergewöhnliche Krisen.

Die erste fand zur Zeit der Großen Depression in den 1930er Jahren statt. Die Wirtschaft schrumpfte im zweistelligen Bereich und die Arbeitslosigkeit lag bei 20 %. Eine Bank nach der anderen meldete Insolvenz an.

Die zweite Krise eskalierte 2008. Sie hatte einen anderen Ausgangspunkt als damals. Pauschal kann man sagen, dass einfach zu viel Kredit gegen zu wenig Sicherheiten vergeben wurde. Ein solches Problem kann immer wieder auftreten. Das gab es auch schon einmal in den 80er Jahren.

In den 80er Jahren verloren Banken zwar mehr Geld (siehe Grafik), aber das Problem weitete sich nicht zu einer großen und globalen Krise aus. Keiner kann garantieren, dass sich eine solche Krise nicht wiederholt, doch die Behörden versuchen aus den Krisen zu lernen.

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In den 80er Jahren lag das Hauptproblem darin, dass Bausparkassen zu laxe Standards anwandten und ein hohes Zinsänderungsrisiko trugen. In den 70er und 80er Jahren stiegen die Zinsen rapide an, weil die Inflation so hoch war. Bausparkassen hatten zu viel Kredit zu niedrigen Zinsen vergeben. Sie mussten sich zu den hohen Zinsen refinanzieren und konnten auf der Kreditseite zu wenig einnehmen.

Heute dürfen Banken nicht mehr das volle Zinsänderungsrisiko nehmen. Dies wurde durch Regulation eingeschränkt. Ebenso wurden nach 2008 die Eigenkapitalvorschriften angepasst. Das Eigenkapital, relativ zur Bilanzsumme der Banken, lag vor 30 Jahren gerade einmal bei 6,6 %. Heute sind es über 10 %.

Die höheren Anforderungen reduzieren natürlich die Eigenkapitalrendite. Diese lag vor der Krise 2008 bei 15 %. Heute sind es 10 %. US-Banken bleiben allerdings unterm Strich Geldmaschinen mit vergleichsweise hohem Eigenkapitalpolster. Solange das so bleibt, ist eine neue Finanzkrise praktisch ausgeschlossen.

Die Politik will die Regeln wieder lockern. Man kann nur hoffen, dass die Lockerung bescheiden ausfällt. Andernfalls wiederholt sich das Schlamassel früher oder später wieder. Bis dahin wird es aber wohl keine neue Krise geben.

Es gibt im US-Finanzsystem mehrere Problemfelder, doch keines reicht aus, um das System in Schieflage zu bringen. Aktuell gibt es zwei Subprime Krisen: Studienkredite und Autokredite. Erstere liegen größtenteils bei der Regierung. Autokredite, vor allem Subprime-Kredite, liegen vor allem in den Bilanzen von Nicht-Banken, die relativ klein sind.

Ob ich persönlich, wie von Yellen vorausgesagt, zu meinen Lebzeiten keine Krise mehr sehen werde, sei dahingestellt. Zumindest aber steht keine Krise unmittelbar bevor, weder heute noch in den 20er Jahren.

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16 Kommentare

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  • JürgenSK
    JürgenSK

    ausserdem herrscht noch Überproduktion, angefangen bei der Autoindustrie. Der andere Konsum wird doch nur noch durch 0% Finanzierung am laufen gehalten...

    23:53 Uhr, 18.07.2018
  • JürgenSK
    JürgenSK

    ...aber was, wenn es eine Krise von China ausgehend gibt???? die sind gross genug um für mehr als Turbulenzen zu sorgen.

    23:51 Uhr, 18.07.2018
  • lussien
    lussien

    Da werden noch Dividenden bei DAX nicht berücksichtigt.

    Sonst wäre DAX schon längst im Abwärtstrend.

    20:07 Uhr, 18.07.2018
  • Kasnapoff
    Kasnapoff

    Das mag schon sein, aber die USA sind nicht der Nabel der Welt, die Risiken in der EU und China sind nicht gering und eine neue Krise könnte jederzeit in diesen Wirtschaftsräumen ihren Anfang nehmen, zumal Trump nichts unversucht läßt um China unter Druck zu bringen.

    20:04 Uhr, 18.07.2018
  • lussien
    lussien

    Da fehlt mir das Glauben.

    Wir werden noch das Eurozone-Auseinanderbrechen erleben, und zwar in den nächsten 5 Jahren, da bin ich mir sicher. Mit allem drum und dran, und eine Billion Euro bei target-2 verlieren, und dann gehen alle europäische Banken kaputt. Die Amerikaner übernehmen das Bankgeschäft in Europa und das ist gut so, die können viel besser mit dem Geld umgehen als wir.

    18:44 Uhr, 18.07.2018
  • vespa
    vespa

    Ich werfe jetzt einfach mal die Verschuldungsquote und die Mege an Geld M1 die im System ist in den Raum. Ich weiß nicht, ob das direkt damit zusammenhängt.

    Aber ich habe das Gefühl (wenn ich so Revue passieren lasse was ich so gelesen/gehört habe) dass die Fallhöhe dieses Mal einfach höher ist.

    Systematisch ist nichts besser geworden. Es ist ein auf Kredit basierendes System dass nach der Finanzkrise 2008 einfach massiv aufgebläht wurde...

    Und Kredit hat ja auch was mit Vertrauen zu tun. Und so richtig Vertrauen hat da keiner mehr.

    Ein Freund von mir arbeitet bei einer großen Investmentbank. Da geht seit Monaten der Sprich durchs Büro: "Das wird demnächst schief gehen und wir werdens nicht kommen sehen! Aber solange die Party läuft sind wir dabei!"
    Wohl wissend, dass jeder schnell sein Kapital abziehen wird wenns ungemütlich wird.

    17:53 Uhr, 18.07.2018
  • K4sti
    K4sti

    Ich glaube 2008 war einfach deswegen so heftig weil das (naive) Vertrauen in der Banken- und Versicherungswelt weg war.

    Ich glaube auch, dass eine solche Krise nicht mehr den Ursprung in den USA haben wird weil nun alle Risikoabteilungen auf ihrere Agenda "2008" haben.

    Aber was weiß man was in Asien (China) passieren wird. Weil diese ~10% Puffer sind schnell mal Weg wenn eine Schattenbank kippt.

    17:16 Uhr, 18.07.2018

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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