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13:21 Uhr, 25.11.2019

Ein zweites Handelsabkommen? Unwahrscheinlich bis unmöglich!

Ein tiefergehendes „Phase-II-Handelsabkommen zwischen den USA und China ist kaum realistisch, sagten Handelsexperten zu Reuters. Warum? Die strittigsten Themen werden jetzt außen vor gelassen, und Ende 2020 ist in den USA Präsidentschaftswahl. Eine schnelle Einigung ist so gut wie unmöglich.

Washington/ Peking (Godmode-Trader.de) - Die Spatzen pfiffen es längst von den Dächern und logisch ist es auch: Sollte in diesem Jahr oder Anfang 2020 ein sog. Phase-I-Abkommen zwischen China und den USA zustandekommen, wird es ungleich schwieriger, einen zweiten, tiefergehenden Deal auszuhandeln. Einfach deshalb, weil dann die harten Nüsse angegangen und geknackt werden müssen, also diejenigen Themenblöcke, die im ersten Teil eines Abkommens der Einfachheit halber umgangen wurden. Wie die Nachrichtenagentur Reuters nun unter Berufung auf nicht näher genannte Regierungsbeamten in Washington und Handelsexperten berichtet, ist die Wahrscheinlichkeit eines zweiten Teil des Handelsabkommens deutlich geringer geworden.

Im Oktober hatte US-Präsident Donald Trump auf einer Pressekonferenz mit dem chinesischen Vizepremier Liu He noch geäußert, er erwarte, dass man nach Abschluss der „ersten Phase" schnell eine zweite Phase der Gespräche einläuten werde. Dann würde man sich auf eine wichtige Beschwerde der USA fokussieren können, nämlich darauf, dass China geistiges Eigentum der USA unlauter abgreift, indem Peking US-Unternehmen im Land zwingt, ihre Technologie an chinesische Konkurrenten zu übertragen, so Trump.

Die US-Präsidentschaftswahlen im November 2020, die Schwierigkeiten bei der Durchführung der jetzigen ersten Phase, in Kombination mit der Zurückhaltung des Weißen Hauses, mit anderen Ländern zusammenzuarbeiten, um Peking unter Druck zu setzen, trüben die Hoffnungen auf etwas Ambitionierteres in naher Zukunft, schreibt Reuters unter Berufung auf die Experten.

Der bereits fast 18 Monate andauernde Handelskrieg mit China hat globale Lieferketten durcheinandergebracht und die Wirtschaft weltweit belastet. Das Versäumnis, den Hauptgrund für den Konflikt (Anm.: den umfassenden Schutz geistigen Eigentums) anzugehen, dürfte negative Folgen haben. Unterdessen bleiben viele der Handelspraktiken Pekings, die in einer freien Marktwirtschaft im Grunde wenig zu suchen haben, bestehen. „Es ist Trump, der diese Verträge unterschreiben will, nicht wir. Wir können warten", sagte ein chinesischer Unterhändler zu Reuters.

Trumps Hauptpriorität im Moment ist es, den Phase-I-Deal zu retten, indem er chinesische Käufe von US-Agrargütern in großem Stil durchsetzt, was für seine Wiederwahlkampagne ein schweres Pfund gegenüber seinem demokratischen Gegenüber wäre, sagte eine Quelle aus der Trump-Administration zu Reuters. Danach könnte China auf Trumps politischer Agenda in den Hintergrund treten, und er sich an innenpolitischen Themen abarbeiten.

Es gibt in den USA eine breite, überparteiliche Unterstützung für Trumps Bestreben, China für jahrelange Wirtschaftsspionage, Cyberangriffe, erzwungenen Technologietransfer und Dumping von Massengütern verantwortlich zu machen. Aber viele dieser Vorwürfe werden in der ersten Phase des Abkommens, das sich auf die Käufe von chinesischen Agrarerzeugnissen, Zollreduzierungen und einige Zusagen zum Schutz geistigen Eigentums konzentriert, keine Rolle spielen. Die schwierigeren Themen Wirtschaftsspionage, Urheberrechte, Datenschutz und Sicherheit werden ausgeklammert.

Die Wirtschaftsberater von Trump zeigen sich laut Reuters weiter gespalten: Einige drängten den Präsidenten, auf einen schnellen Abschluss der Phase I zu pochen, um Märkte und Unternehmen zu beruhigen, andere wollten hingegen, dass er eine umfassendere Vereinbarung mit China abschließt und sich dafür noch mehr Zeit lässt.

Josh Kallmer, ehemaliger Beamter im Büro des US-Handelsbeauftragten und jetziger Executive Vice President des Information Technology Industry Council, sagte zu Reuters, es sei „technisch möglich, aber schwer vorstellbar", dass die Vereinigten Staaten und Peking im nächsten Jahr ein Abkommen der Phase zwei aushandeln könnten. Wir brauchen eine internationale Koalition, um die zweite Phase erfolgreich anzugehen“.

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Über den Experten

Bernd Lammert
Bernd Lammert
Finanzredakteur

Bernd Lammert arbeitet als Redakteur seit 2010 bei der BörseGo AG. Er ist studierter Wirtschafts- und Medienjurist sowie ausgebildeter Journalist. Das Volontariat absolvierte er noch beim Radio, beruflich fand er dann aber schnell den Weg in andere Medien und arbeitete u. a. beim Börsen-TV in Kulmbach und Frankfurt sowie als Printredakteur bei der Financial Times Deutschland in Berlin. In seinen täglichen Online-Berichten bietet er Nachrichten und Informationen rund um die Finanzmärkte. Darüber hinaus analysiert er wirtschaftsrelevante Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte für eine Finanzagentur. Grundsätzlich ist Bernd Lammert der Ansicht, dass aktuelle Kenntnisse über die Märkte sowie deren immanente Risiken einem keine Erfolge schlechthin garantieren, aber die Erfolgschancen deutlich erhöhen können.

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