Kommentar
09:26 Uhr, 29.12.2011

Dow Jones: von Schwarzen Schwänen und Charttechnik – Teil I

Das Konzept vom Schwarzen Schwan ist ja inzwischen bekannt. Ein Schwarzer Schwan ist ein unerwartetes Ereignis mit weitreichenden Konsequenzen. Weil sich ein solches Ereignis nicht vorhersagen lässt, kann es für Anleger der blanke Horror sein. Trotz Risiko und Moneymanagements können große Verluste auftreten. Stop Loss Orders helfen kaum, wenn der nächstmögliche Kurs, zu dem verkauft werden kann, 7% tiefer liegt. Das eigentliche Risiko solcher Ereignisse lässt sich schwer managen. Im Nachhinein lässt sich allerdings von solchen Ereignissen profitieren. Während Panik und Chaos herrschen, können sich Anleger das Muster solcher Kursbewegungen zunutze machen.

Als ich das Buch vom „Erfinder“ des Schwarzen Schwans las, wartete ich Seite um Seite gebannt auf Charts, Analysen, Prognosen, Empfehlungen, irgendetwas Greifbares – vergeblich. Damit macht Nassim Taleb seinen Punkt über das gesamte Buch hinweg noch einmal deutlich: zu Schwarzen Schwänen gibt es wenig Konkretes. Auch wenn es per Definition nicht möglich ist, ein solches Ereignis vorherzusagen, kann man doch aus vergangenen lernen. Da fangen die Probleme allerdings schon an. Was genau bedeutet ein Schwarzer Schwan für den Kurszettel? -10, -20, -30%? Seit 1900 gab es im Dow Jones knapp 20 Tagesbewegungen auf Schlusskursbasis und 40 Monatsbewegungen von mehr bzw. weniger als 10%.

80% dieser Tagesschwankungen (gelbe Punkte) und 55% der Monatsschwankungen fanden alle zur Zeit der großen Depression statt. Davor und danach kam lange Zeit fast nichts. Nennenswert waren die Kursbewegungen zu Beginn des Ersten Weltkrieges mit einem Einbruch von mehr als 20% an einem Tag und über 33% auf Monatsbasis. Damit war das der schlechteste Monat in 110 Jahren. Auffällig ist, dass solche Kursausschläge im Zweiten Weltkrieg ausblieben. Der „Schwarze Schwan“ von 1914 war aber auch einer mit Ankündigung, aus dem gelernt wurde. Die Börse blieb über Wochen geschlossen. Erst Ende 1914 wurde der Handel wieder aufgenommen und entsprechend auf einen Schlag der ganze Krieg eingepreist. Obwohl damit der Kurssturz von 1914 kein echter Schwarzer Schwan war, zeigt die Kursentwicklung perfekt die Systematik eines solchen Ereignisses: ein Kursrutsch mit senkrechtem Anstieg der Volatilität und ebenso schneller Rückkehr zum Ausgangswert.

Allein nach der Höhe von Kursbewegungen zu urteilen macht bei der Suche nach Schwänen wenig Sinn. Mit der Abgrenzung ±10% würde alle drei bis fünf Jahre ein solches Event eintreten. Das widerspricht der Definition von sehr selten. Unter zusätzlicher Berücksichtung der Volatilität reduziert sich die Anzahl an Ereignissen drastisch. Es geht also nicht nur um heftige Kursausschläge, sondern auch um einen heftigen Ausschlag der Volatilität aus dem Nichts und einen ebenso spontanen Abfall der Volatilität nach dem Ereignis. Unterm Strich bleiben dann nur wenige Schwarze Schwäne in 110 Jahren übrig: die Panik von 1907, der Beginn der großen Depression 1929, der Black Monday 1987 und 9/11. Vom Dezember 1914 abgesehen kommt der Crash von 1987 dem Idealbild am nächsten. Dem folgt die Panik von 1907.

Die Mutter aller Schwarzen Schwäne ist der Kurssturz von 1929. An zwei aufeinander folgenden Tagen brachen die Kurse um mehr als 10% ein. Diese Kursbewegungen sind beispiellos in der Geschichte des Dow Jones. Das Ereignis relativiert sich allerdings wieder ein wenig, wenn man bedenkt, dass dem großen Crash ein kleinerer vorausging ebenso wie ein beispielloser Exzess an den Aktienmärkten. Einige der besten Tagesentwicklungen des Dow Jones fallen in die Zeit direkt vor 1929. In den wenigen Jahren zuvor hatte sich der Index ungefähr verfünffacht. Diese Übertreibung wurde mit einer Verkaufspanik korrigiert. Die große Depression gab dem Dow dann den Rest. Den 500% Kursgewinn folgte ein langer Abwärtstrend, der letztlich 90% der Kursgewinne wieder zunichte machte. Der Crash von 1929 ist sicherlich ohnegleichen. Die Volatilität schoss um mehr als das zehnfache nach oben. Bis zum Ende der Depression gab es weitere, ähnliche Ereignisse. Insgesamt gab es drei massive Kurseinbrüche mit entsprechend drastischem Volatilitätsanstieg.

Der 11. September 2001 ist hingegen relativ unspektakulär verlaufen. Der Börsenhandel war allerdings auch mehrere Tage ausgesetzt. Das hat möglicherweise Schlimmeres verhindert, auch wenn gerade der Handelsstopp 1914 das Gegenteil bewirkte. Für die Börse war dieses Aussetzen jedenfalls ein historisches Ereignis. Die Aussetzung des Handels für mehr als wenige Stunden oder einen Tag lassen sich für die letzten 110 Jahre an einer Hand abzählen.

Schwarze Schwäne sind sicherlich zu selten, als das man als Anleger eine Strategie darauf aufbauen könnte. Für diesen Artikel habe ich die Grenzen sehr eng gewählt. Mit Ausnahme von 9/11 musste der Kursabschlag mindestens 10% betragen und mindestens eine Verfünffachung der Volatilität zur Folge haben. Ist man mit der Eingrenzung weniger streng und zieht Kursbewegungen von ±6% heran, kommt ein solches Ereignis alle 7-8 Monate vor. Das ist erschreckend häufig und reicht für regelmäßige Trades. Während auf Bullenmärkte nur 20% dieser Bewegungen entfallen, kann in Bärenmärkten im Schnitt alle 2-3 Monate mit einem heftigen Kursausschlag und Volatilitätspeak gerechnet werden. Das zeigt auch schön der Volatilitätsverlauf des Dow Jones der letzten 110 Jahre.

Den eigentlichen Kursbewegungen kann man als Anleger schwer entgehen, da Schwarze Schwäne ja aus dem Nichts kommen. Auch die regelmäßigeren Ereignisse mit Abschlägen von 5% oder mehr lassen sich kaum vorhersagen. Betrachtet man die Charts des Dow Jones, kann im Nachhinein schon argumentiert werden, dass ja eindeutig eine Aufwärtstrendlinie durchbrochen wurde. Das ist richtig, allerdings wurden die Trendlinien plötzlich und gleich mit 5, 7, 10 oder mehr Prozent durchbrochen. Bis Anfang August 2011 konnte der Dow ganze 5% zulegen. Diese mühsam erarbeitete Performance war mit dem Beginn des Augustcrashs mehr als wieder weg. Die gute Nachricht für Anleger ist zweierlei. Zum einen sollte man sich schnell vom Gedanken verabschieden, dass das alles schon wieder wird, die Kurse schnell wieder steigen werden. Mit ganz wenigen Ausnahmen sind solche Ereignisse Trendumkehrpunkte oder der Beginn von längeren Korrekturbewegungen. Zum anderen lassen sich diese Ereignisse hervorragend traden. Wenn Sie meine Artikel regelmäßig verfolgen, wissen Sie bereits, dass ich ein großer Anhänger von Volatilitätstrades bin. Einbrüche von -5% kommen häufig genug vor. Teilweise reichen auch schon -3 oder -4% an einem Tag, um die Volatilität senkrecht nach oben schießen zu lassen. Der Flash Crash vom 6.5.2010 ist so ein Beispiel. Per Tagesschluss hatte der Dow gut 3% nachgegeben, die Volatilität stieg daraufhin gleich um 250%. All diesen Ereignissen ist gemein, dass die Volatilität innerhalb von einer Handelswoche um mindestens 20% wieder nachgibt und während eines Monats um 40%. Bei echten Schwänen ist das noch viel drastischer. Dort fällt die Volatilität innerhalb weniger Tage wieder um mehr als 50%. Anstatt sich beim nächsten überraschenden Kurseinbruch zu ärgern, sollten Sie beherzt Volatilität shorten. Damit können Drawdowns abgemildert oder ausgeglichen werden. Der momentane Bärenmarkt wird wahrscheinlich noch die ein oder andere unerwartete Wendung bereithalten. Davon lässt sich mit klassischen Hebelzertifikaten profitieren, die derzeit nur von der Commerzbank angeboten werden (VSTOXX und VIX). Wer ansonsten nicht gleich den Weg über Futures gehen will, kann auch mit Optionsscheinen der Société Générale den VSTOXX handeln.

Zum Abschluss noch ein Wort zur Lehman Pleite. Vielleicht haben Sie sich schon gefragt, wieso es der Lehman Bankrott nicht unter die Schwarzen Schwäne geschafft hat. Als historisches Ereignis hat die Pleite zweifellos einen Ehrenplatz verdient. Die Pleite selbst jedoch war lediglich der Auslöser für eine ganze Reihe an außergewöhnlichen Kursbewegungen. Die Finanzkrise ist nicht wirklich auf einen Schwan reduzierbar. Wie 1929 – wenn auch 2008/09 viel kürzer – war das Ereignis ein längerer Zeitraum. Für einen Volatilitätstrade hat die Krise dennoch allemal gereicht. Dadurch, dass es sich allerdings nicht um ein zeitlich kurzes Ereignis handelte, war der Hochpunkt der Volatilität schwer bestimmbar, wenn überhaupt. Man brauchte also schon gute Nerven. Generell sind diese Setups aber nicht nur lukrativ, sondern auch zeitlich gut abschätzbar. Schnellt die Volatilität fast senkrecht in die Höhe, ist es meist nur eine Sache von Tagen, bis sie wieder 20% oder mehr nachgegeben hat. Bei einem konservativ gehebelten Engagement reicht das für eine anständige Rendite. Das Lehman Beispiel zeigt aber auch, dass es nicht schadet, Gewinne mitzunehmen. Darauf zu warten, dass die Volatilität schnell auf ihr ursprüngliches Niveau zurückkehrt, kann lange dauern und im schlimmsten Fall auch sehr teuer werden, wenn Sie mit Optionen handeln.

Viel Erfolg

Clemens Schmale

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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