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09:39 Uhr, 12.07.2012

DIW-Vorschlag einer Zwangsanleihe: Bestechender Vorschlag – aber Unfug?

Berlin (BoerseGo.de) - Nach einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) könnten reiche Bürger in Europa unter anderem mit einer Zwangsanleihe die hohen Staatsschulden finanzieren. Die Berechnungen des Instituts gehen von einer zehnprozentigen Abgabe ab einem individuellen Vermögen von 250.000 Euro (bei Ehepaaren 500.000 Euro) aus. Das Finanzministerium in Berlin hat sich in einer ersten Reaktion offen für diesen Vorschlag gezeigt - aber nicht für Deutschland, sondern für andere Staaten in Europa. Der Sprecher von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), Martin Kotthaus, sagte am Mittwoch, hierzulande gebe es für eine solche Maßnahme keinen Bedarf. Deutschland verfüge über einen „solide finanzierten Haushalt“ und müsse deshalb nicht über die „klassischen Methoden“ der Steuererhebung hinausgehen. Eine Zwangsabgabe sei „eine Frage, die sich vielleicht für andere Staaten eher stellt“. Kotthaus hat laut eigener Aussage eher jene Staaten im Blick, „in denen Sie ein besonders schwieriges Verhältnis haben zwischen dem Steueraufkommen und dem Privatvermögen“.

Dem DIW-Vorstoß zufolge könnten reiche Bürger unter anderem mit einer Zwangsanleihe die hohen Staatsschulden finanzieren. „Je nach Konsolidierungsfortschritt beim Staat können diese Anleihen dann später zurückgezahlt und auch verzinst werden“, heißt es in der Studie des Instituts. DIW-Präsident Gert G. Wagner verteidigt nicht nur diesen Vorschlag, sondern geht noch einen Schritt weiter: „Neben einer stärkeren Progression bei der Einkommensteuer gibt es auch Möglichkeiten von sinnvollen Steuererhöhungen im Bereich der Grund- und Erbschaftsteuer“, schrieb Wagner in einem Gastbeitrag für die „Welt“ (Donnerstag).

Die SPD sieht sich durch den DIW-Vorschlag in ihrer Forderung nach Wiedereinführung einer Vermögensteuer bestätigt. Die Union hält demgegenüber wenig von der neuen Zwangsabgabe: „Dieser Sommerlochwiedergänger hat einen Bart wie seit Adams Zeiten. Hauptleidtragende dieses Schuldenmodells würde wieder einmal die Mittelschicht sein, die schon jetzt die Hauptlast der Staatsfinanzierung trägt“, sagte der Sprecher des CSU-Wirtschaftsflügels, Hans Michelbach, gegenüber „Handelsblatt Online“.

Berechnungen der DIW-Forscher für Deutschland kommen zu dem Ergebnis, dass sich bei einer Abgabe, die ab einem individuellen Vermögen von 250.000 Euro (Ehepaare 500.000 Euro) erhoben wird, eine Bemessungsgrundlage von immerhin 92 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ergibt. „Ein Zwangskredit oder eine Abgabe in Höhe von zum Beispiel zehn Prozent auf diese Bemessungsgrundlage könnten somit gut neun Prozent des Bruttoinlandsprodukts mobilisieren - rund 230 Milliarden Euro“, heißt es in der Studie.

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Über den Experten

Bernd Lammert
Bernd Lammert
Finanzredakteur

Bernd Lammert arbeitet als Redakteur seit 2010 bei der BörseGo AG. Er ist studierter Wirtschafts- und Medienjurist sowie ausgebildeter Journalist. Das Volontariat absolvierte er noch beim Radio, beruflich fand er dann aber schnell den Weg in andere Medien und arbeitete u. a. beim Börsen-TV in Kulmbach und Frankfurt sowie als Printredakteur bei der Financial Times Deutschland in Berlin. In seinen täglichen Online-Berichten bietet er Nachrichten und Informationen rund um die Finanzmärkte. Darüber hinaus analysiert er wirtschaftsrelevante Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte für eine Finanzagentur. Grundsätzlich ist Bernd Lammert der Ansicht, dass aktuelle Kenntnisse über die Märkte sowie deren immanente Risiken einem keine Erfolge schlechthin garantieren, aber die Erfolgschancen deutlich erhöhen können.

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