Kommentar
15:40 Uhr, 09.10.2019

Diversifikation: Vermeiden Sie diese Fehler bei der Depotstruktur

Bis Anfang Oktober 2008 lag der europäische Leitzins bei 4,00 Prozent. Heute liegt er bei 0,00 Prozent. Dennoch bleiben die Deutschen ihren Sparbüchern, Tages- und Festgeldkonten treu.

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von Andreas Görler, Senior Wealth Manager bei Wellinvest


Ca. drei Billionen Euro liegen mehr oder weniger ohne eine Bruttoverzinsung nutzlos auf Einlagekonten. Berücksichtigt man noch die vorhandene Inflation, ist die Realverzinsung deutlich negativ. Paradoxerweise nehmen Sparer an, dass eine so lange Phase fallender Zinsen ja irgendwann zu Ende sein muss und dass die Zinswende ja nun endlich mal beginnt. Eine echte Zinswende, die auch signifikante Effekte bei der Altersvorsorge bringt ist allerdings eher unrealistisch. Der Hauptgrund liegt in der hohen Verschuldung einiger Staaten der Eurozone. Niedrig- bzw. Negativzinsen werden daher eher zu einer Normalität.

Liquidität sollte in einer Portfoliostruktur daher als zinslose strategische Position gesehen werden, die zwischenzeitlich als Risikoschutz erhöht werden kann, um später Wertpapierpositionen aufzubauen. Im Alltag sollte nur so viel Geld auf Einlagekonten gehalten werden, wie für kurzfristige Ziele, wie eine Urlaubsreise oder alltägliche Risiken, wie Reparaturen benötigt wird. Hier sollte dann auch akzeptiert werden, dass man einen realen Wertverlust erzielt. „Kreative Lösungen“ als Liquiditätsersatz sollten in diesem Bereich gemieden werden.

Diversifikation als Schutz vor Verlusten

Ein Portfolio sollte immer an die persönlichen Ziele und Wünsche angepasst werden. Weiterhin sollte die individuelle Risikotoleranz definiert werden, damit in einer Marktschwäche nicht panikartig verkauft wird. Das einseitige investieren in eine Branche oder eine Anlageklasse sollte vermieden werden. Privatanleger konzentrieren sich außerdem gern auf Branchen mit denen sie emotional verbunden sind. Ein klassisches Beispiel sind in Deutschland Autoaktien, die in den letzten Jahren wenig Freude bereitet haben.

Korrelation der gewählten Investments beachten

Man erlebt immer wieder, dass Anleger sich Fonds-Hitlisten ansehen und sich unter den besten zehn Fonds zwei oder drei aussuchen. In einer Phase in der beispielsweise der europäische Aktienmarkt überdurchschnittlich läuft, kauft man dann aber vielleicht drei europäische Aktienfonds mit einer ähnlichen Struktur. Das macht so lange Spaß, wie dieses Segment läuft. Bei einer Korrektur werden aber wahrscheinlich alle drei Produkte gleich schnell an Wert verlieren.

Ein ETF- Depot aus dem MSCI-World, dem S+P 500 und dem Nasdaq würde amerikanische Titel stark über gewichten, hätte zu viele Überschneidungen und natürlich ein erhöhtes Dollar-Risiko. Eine geringe Korrelation der gewählten Assets ist unter Risikoaspekten deshalb vorzuziehen. Da man aber berücksichtigen muss, dass Unternehmen auch mal ihr Geschäftsmodell ändern können und Fondsmanager ihre Depots auch umschichten, muss man sein Portfolio regelmäßig überprüfen.

Für Fonds gibt es Korrelationstabellen, die von Fachmagazinen veröffentlicht werden. Weiterhin bieten einige Anbieter von Finanzportalen kostenfrei Übersichten an, aus denen hervorgeht wie sich ein ausgewählter Fonds innerhalb seiner Vergleichsgruppe entwickelt hat.

Extremsituation müssen trotzdem ausgehalten werden

Bei einer Finanzkrise wie im Jahr 2007/2008 lag das Problem darin, dass die Störungen aus einem Marktsegment kam, dass man bis dahin als völlig konservativ und sicher eingestuft hatte, nämlich dem amerikanischen Häusermarkt. Genau genommen waren es nicht nur die Immobilienpreise und die Kredite mit niedriger Schuldnerbonität sondern die Tatsache, dass Banken diese Risiken als Wertpapier verpackt auf die ganze Welt verteilten. Durch den immensen Vertrauensverlust, verlor praktische jede Anlageklasse an Wert bis auf klassische Einlagen. In solchen Fällen verliert auch ein gut diversifiziertes Depot an Wert. Auch wenn es schwer fällt in dieser Situation gilt es Ruhe zu bewahren und bewährte Fonds ebenso wie Aktien mit vorhandener Substanz, gutem Management sowie bewährtem Geschäftsmodell keinesfalls zu verkaufen.

Automatisierte Anlageprozesse als Lösung?

Einerseits empfinde ich automatisierte Anlageprozesse besser als die Tatsache, dass ca. 3 Billionen Euro auf Giro-, Anlage- und Sparkonten Substanzverluste erleiden oder 1 Billionen Euro auf Lebensversicherungen praktisch keine Rendite mehr erzielen. Andererseits bieten nicht alle automatisierten Prozesses auch eine regelmäßige Depotüberwachung oder gar eine notwendige Anpassung des Portfolios. Die Tatsache, dass fast alle Robo-Advisors auf ETF-Lösungen setzen, könnte in einer Baisse womöglich zu stärkeren Wertverlusten führen als Anleger tolerieren. Schließlich kennen Einsteiger in diese neue Variante nur positive Marktszenarien, da wir uns seit acht Jahren in einem Bullenmarkt befinden.

Erwartungshaltung der Anleger ist relativ hoch

Bei repräsentativen Befragungen geben ca. 50 Prozent der Befragten an, dass für eine mittelfristige Anlage ca. drei bis fünf Prozent Rendite erwartet werden. Selbst für konservative Investments sollen es schon zwei bi drei Prozent sein. Hier ist deutlich erkennbar, dass Anspruch und Anlageverhalten immer noch völlig auseinanderlaufen.

Fazit

Eine diversifizierte Depotstruktur mit niedrigen Korrelationen der eingesetzten Finanzinstrumente untereinander ist sicherlich hilfreich um langfristig stabile Wertentwicklungen zu erreichen und Negativentwicklungen abzufedern. Um zukünftig ordentliche Erträge zu erzielen kommt man aber um eine höhere Aktienbeimischung und die damit verbundene höhere Volatilität des Portfolios nicht herum. Hier sind Einzelaktien von Unternehmen mit stabilen Geschäftsmodellen, entsprechende Aktienfonds und Mischfonds mit vermögensverwaltendem Ansatz erste Wahl. Auch aktive Rentenfonds können immer noch Rendite bringen. Allerdings sollten hier keinesfalls historische Wertentwicklungen in die Zukunft projiziert werden.


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