Kommentar
10:43 Uhr, 14.06.2016

Dieser Mann warnt vor einer "Supernova" an den Anleihemärkten!

Bond-König Bill Gross ist sich sicher: Die Notenbankpolitik mit ihren negativen Zinsen wird zur Explosion des Anleihenmarktes führen. Da täuscht er sich.

Bill Gross war lange Zeit der Manager des weltweit größten Anleihefonds. Diese Zeiten sind vorbei, doch Bill Gross ist immer noch jemand, auf den die Welt hört. Spricht er Warnungen oder Empfehlungen aus, dann hören Anleger zu, denn kaum jemand war so lange so erfolgreich auf dem Anleihemarkt wie Bill Gross.

Jeder irrt sich einmal – auch Bill Gross. Mit seiner Einschätzung, dass der Anleihemarkt explodieren oder implodieren wird, liegt er falsch. Zugegeben, seine Argumentation ist bestechend. Negative Zinsen haben zu einem Run auf Anleihen geführt. Das gilt insbesondere für Staatsanleihen, aber nicht nur. Inzwischen können sich nicht nur die Regierung in Japan oder Deutschland über Negativzinsen freuen, sondern auch so manches Unternehmen.

Bereits vor Ankündigung der EZB zukünftig auch Unternehmensanleihen zu kaufen, gab es vereinzelt Unternehmensanleihen mit kurzer Laufzeit, die eine negative Rendite auswiesen. Inzwischen können Unternehmen mit bester Kreditbewertung auf negative Renditen für Anleihen bis fünf Jahre Laufzeit hoffen.

Je tiefer die Renditen für Anleihen sinken, desto höher steigen die Preise der Anleihen. Die Kurse vieler Anleihen standen noch nie so hoch wie in diesen Tagen. Selbst in Japan, wo der Staat für Anleihen mit mehr als 10 Jahren Laufzeit nichts mehr zahlen muss, hört der Kursanstieg nicht auf. Das klingt stark nach einer Übertreibung.

Die Preise sicherer Staatsanleihen steigen fast senkrecht an. Das ist nie ein gutes Zeichen. Für gewöhnlich muss man nach solchen Kursbewegungen mit dem Kollaps des Marktes rechnen. Es gibt historisch gesehen kaum Ausnahmen, sei es bei Technologieaktien zur Jahrtausendwende oder der Tulpenmanie in den Niederlanden im 17. Jahrhundert.

Je schneller Preise von Anlagen in die Höhe schnellen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit für einen spekulativen Exzess, der durch einen Crash korrigiert wird. Staatsanleihen bilden da grundsätzlich keine Ausnahme. Doch dieses Mal ist alles anders.

„Dieses Mal ist es anders“ ist der wohl gefährlichste Satz, den man an den Märkten hören kann. Wenn sich über Jahrhunderte etwas gezeigt hat, dann sicherlich, dass sich die Geschichte immer und immer wieder wiederholt. Bill Gross müsste mit seiner Vermutung also eigentlich Recht bekommen. Eigentlich.

Im Gegensatz zur Tulpenmanie oder der Technologieblase, bei denen keine Notenbank den Markt leerkaufte, sind Zentralbanken heute die größten Käufer der betroffenen Assets. Sie kaufen Staatsanleihen in einem Tempo, dass es einem den Atem verschlägt. Sie sind zudem Käufer, denen das Geld niemals ausgehen kann. Sie können per Knopfdruck einfach 500 Mrd. mehr Geld schaffen, falls es notwendig sein sollte.

Das Problem an Spekulationsblasen ist vor allem Eines: Die Anlegerherde kauft ohne nachzudenken Assets zu jedem Preis. Irgendwann steigen die Preise so hoch, dass es keine Käufer mehr gibt, z.B. weil keiner mehr das Geld oder die Liquidität besitzt, um einen noch höheren Preis zu zahlen. Das unterscheidet die heutige Situation von früheren Spekulationsblasen. Es gibt einen Käufer mit unbegrenzten Geldmitteln.

Der Markt für Staatsanleihen kann nur implodieren, wenn es keinen Käufer mehr gibt. Das ist unwahrscheinlich. Sinken die Preise für Staatsanleihen zu schnell und steigen dadurch die Zinsen auf ein für Staaten nicht mehr tragfähiges Niveau, dürften die Zentralbanken schnell eingreifen. Daran kann nach den letzten Jahren wohl kaum ein Zweifel bestehen.

In den USA kauft die Notenbank keine Staatsanleihen mehr. Der Markt ist bisher nicht kollabiert und wird es vermutlich auch nicht. Die Notenbank hält die Summe konstant. Auslaufende Anleihen werden durch neue ersetzt. Im Verhältnis zu den Gesamtschulden des Staates sinkt der prozentuale Anteil der von der Notenbank gehaltenen Schulden (siehe Grafik). In den USA ist der Abwärtstrend zu erkennen. In Japan und der Eurozone läuft die Expansion noch auf Hochtouren.

Der Abwärtstrend in den USA ist der Tatsache geschuldet, dass der Schuldenberg des Staates weiterhin wächst. Die in der Höhe von ca. 2,5 Billionen gehaltenen Anleihen werden im Vergleich zu den Gesamtschulden kleiner.

In Japan und in der Eurozone kaufen Notenbanken derzeit mehr Anleihen als Staaten an neuen Anleihen ausgeben. Der prozentuale Anteil steigt und wird vermutlich auch über 2017 hinaus noch ansteigen. Sofern Notenbanken überhaupt aus dem Quantitative Easing wieder aussteigen, wird es zu keiner Normalisierung der Bilanz kommen.

Seitdem es die US-Notenbank gibt, hat sie kein einziges Mal in ihrer über hundertjährigen Geschichte den Bestand an Staatsanleihen in ihrer Bilanz signifikant reduziert. Bill Gross begeht also einen Denkfehler. Er geht davon aus, dass es eine Normalisierung geben wird. Diese wird es jedoch nicht geben. Es wäre das erste Mal, dass eine Notenbank ihre Bilanz tatsächlich wieder normalisiert.

An dem spekulativen Exzess, den man auf dem Markt beobachten kann, ist nichts gewöhnlich. Man kann also auch nicht die Logik anwenden, die sich bei Aktien oder Immobilien bewährt hat. Auch wenn die derzeitige Entwicklung nach der Mutter aller Spekulationsblasen aussieht, würde ich persönlich nicht auf den Kollaps wetten. Die Wahrscheinlichkeit, dass man als Anleger dadurch mehr Geld verliert als gewinnt, ist sehr hoch.

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11 Kommentare

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  • mkotthoff
    mkotthoff

    Also Herrr Schmale: Ich glaube Sie überblicken auch nicht alles! Irgendwann wird Verschuldung der Staaten (auch D weil wir die Schulden anderer übernehmen werden müssen) so ansteigen, dass die Zinsen steigen werden.

    15:02 Uhr, 15.06.2016
  • Actarus
    Actarus

    Es gibt ein Arbitrageeffekt bei Anleihen. und zwar unmittelbar!

    Steigen die Zinsen bis 6% steht der Bundfuture bei 100! Oder ~40%darunter.

    Ich möchte derzeit kein Rentenfonds mit einer Duration >5 Jahre verantworten!

    13:38 Uhr, 14.06.2016
  • dschungelgold
    dschungelgold

    Die Golddrueckerbande gibt sich heute maechtig muehe den roten bereich wenigstens optisch zu erhalten. Sieht ja auch scheisse aus wenn nur EIN wert gruen ist.

    13:18 Uhr, 14.06.2016
  • Kung-Fu-Trader
    Kung-Fu-Trader

    Schulden machen, vom Gläubiger dafür noch Geld bekommen,

    das soll eine gesunde Wirtschaft sein und dauerhaft funktionieren?

    Da gibt es doch dieses Märchen: Des Kaisers neue Kleider.

    13:02 Uhr, 14.06.2016
    1 Antwort anzeigen
  • tschak
    tschak

    Traue Keinem, der "nur" unter Rückenwind seine Performance eingestreift hat. p.s. Die Zinsen sind in den letzten 30 Jahren mehr oder weniger nur gefallen. Keine Meisterleistung somit. Seit Q4/2014 bewerte ich die Performance von Anlegern als seriös, weil MAPI nicht mehr so wichtig ist. Der Markt war vor Q4-2014 sehr einfach, weil sehr trendig. seit 2015 merkt man erst, wer weiss, was er tut - in guten, wie in schlechten Zeiten - von denen es BEIDE ZEITEN UNTERJÄHRIG gibt. Trend/Free-Rider - Momentumplayer müssen nun auch was "Anderes" lernen - wink an die Hedge-Fonds-community!

    13:02 Uhr, 14.06.2016
  • Kaputtnick
    Kaputtnick

    wenn der Patient tot ist hilft künstliche Beatmung nicht wirklich weiter.....

    11:23 Uhr, 14.06.2016
  • 1000Bagger
    1000Bagger

    Es wird ein Panikflucht ins Gold geben. Dann werden alle feststellen,das es kein Gold mehr gibt. Daraufhin werden die Gold und Silberaktien in unfassbare Höhe befördert, in der Hoffnung sich so indirekt Gold und Silber zu sichern...http://gebert-trade.weebly.com/potential-goldaktie...

    10:52 Uhr, 14.06.2016
  • 1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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