Kommentar
16:41 Uhr, 19.05.2022

Dieser hochprozentige Indikator schließt eine Rezession aus

Manche Indikatoren sind so zuverlässig, dass man es kaum glauben kann und überraschend sind sie noch dazu.

Ein wenig beachteter Indikator zeigt derzeit weit und breit keine Rezession an. Der Indikator betrachtet das Konsumverhalten und wofür Verbraucher mehr oder weniger Geld ausgeben. Schrumpft die Wirtschaft und steigt die Arbeitslosenrate, haben Verbraucher insgesamt weniger Geld für den Konsum. Sie müssen sich zwischen Gütern entscheiden.

Auf gewisse Güter kann nicht verzichtet werden. Dazu gehören Güter des täglichen Bedarfs wie Zahnpasta oder Waschmittel und Nahrungsmittel. Auf andere Güter kann verzichtet werden. Auf einen neuen Fernseher kann man auch warten bis die Rezession vorbei ist. Bestimmte Konsumgüter liegen in der Mitte. Es sind nicht überlebenswichtige Güter, aber doch Waren, auf die nicht gern verzichtet wird.

Zu dieser Zwischenkategorie gehört Alkohol. Sinken Einkommen und Konsum, geben Verbraucher im Verhältnis zu allen anderen Ausgaben mehr für Alkohol aus. Bei schwächerem Wirtschaftswachstum oder inmitten einer Rezession steigen die relativen Ausgaben, z.B. für hochprozentigen Alkohol (Grafik 1).


Noch offensichtlicher wird der Zusammenhang, wenn man Wein und Bier mit dem Wirtschaftswachstum vergleicht (Grafiken 2 und 3). Alle drei Kategorien zeigen derzeit einen klaren Trend. Der Anteil, den Alkohol an den Konsumausgaben ausmacht, sinkt deutlich. Das ist dann der Fall, wenn Verbraucher alles aufkaufen, was sich nicht verstecken kann. Zumindest in den USA feiern Verbraucher ein solches Konsumfest.

Konsumenten schnüren den Gürtel noch nicht enger. Da der Konsum die wichtigste Stütze der Wirtschaft ist, sollte es auch keine Rezession geben. Oft steigt der Anteil, der für Alkohol ausgegeben wird, bevor es zu einer Rezession kommt. Damit ist zumindest kurzfristig Entwarnung gegeben.

Eine hundertprozentige Trefferquote hat der Indikator nicht und ist auch eher als Exkurs in den Bereich alternativer Wirtschaftsindikatoren zu verstehen. Persönlich wette ich mein Geld nicht darauf, dass keine Rezession kommt, weil Verbraucher einen geringeren Teil ihres Konsums in alkoholische Getränke lenken.

Stattdessen macht nach wie vor die Inflation Sorgen. Effektive Inflationsbekämpfung gelang der Fed nur dann, wenn der Leitzins nicht nur den neutralen Zins (entspricht Zins, bei dem Preisstabilität und Vollbeschäftigung möglich sein sollte), sondern auch die Inflationsrate überstieg (Grafik 4). Davon ist die Fed noch weit entfernt.


Den neutralen Zinssatz schätzt die Fed selbst auf ca. 2,5 %. Steigt der Leitzins auf 2,5 % und zieht man den neutralen Zinssatz ab, ist man wieder bei 0 %. Die Inflation steht jedoch bei mehr als 8 %. Der Leitzins sollte also sehr viel höher sein. Gleichzeitig aber führen immer tiefere Zinshochs zu einer Rezession (Grafik 5). Bleibt der Trend seit den 80er Jahren bestehen, steigt die Wahrscheinlichkeit einer Rezession bei einem Leitzins von 3 % auf 100 %.

Je nach Inflationsentwicklung in den kommenden Monaten könnte dieses Niveau bereits Anfang 2023 erreicht sein. Eine Rezession lässt dann nicht lange auf sich warten. Nach derzeitigem Wissenstand erscheint eine Rezession 2023 immer wahrscheinlicher.

Clemens Schmale


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  • Marc1
    Marc1

    Ich nenne es das "kleine Glück". Wenn Leute nicht in den Urlaub fahren können oder gar ins Restaurant gehen können, gönnen sie sich eine "Zigarre und ein Glas Whisky auf dem Balkon oder der Terrasse".

    17:11 Uhr, 19.05. 2022

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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