Kommentar
10:20 Uhr, 09.09.2020

Die zweite Welle

Bei einer zweiten Welle denkt man gleich an Corona-Neuinfektionen. Das ist hier aber nicht gemeint.

In vielen europäischen Ländern steigen die Neuinfektionen wieder an. Das ist keine Überraschung. Der Tourismus hat dabei eine Rolle gespielt. Der Trend ist noch relativ neu. Im Juli stiegen die Zahlen in vielen Ländern leicht an. Erst im August kam es zu einer Beschleunigung des Trends. Die steigenden Fallzahlen sind nicht das, was die wirtschaftlichen Daten im Juli beeinflusst haben. Genau um diese geht es aber. In der Eurozone ist der Einzelhandelsumsatz im Juli wieder gesunken und dies, obwohl man noch lange nicht von einer zweiten Infektionswelle sprechen konnte. Die Entwicklung der Erholung verlief in den einzelnen Ländern unterschiedlich. In Deutschland und Frankreich wurde das Vorkrisenniveau nicht nur einfach wieder erreicht, es wurde sogar übertroffen. In Spanien und Italien war verlor die Erholung bereits an Dynamik bevor das Vorkrisenniveau wieder erreicht wurde. Immerhin stiegen die Verkäufe noch. In Deutschland fielen sie in den letzten zwei Monaten bereits wieder. Das Minus wurde im Juli jedoch wieder kleiner. Nun wird es aus wirtschaftlicher Sicht richtig interessant. Der erste Rebound war genauso dramatisch wie der Einbruch. Das musste fast zwingend so sein...

Konsumenten waren teilweise vom Konsum abgeschnitten. Mit dem Ende des Lockdowns hörte das aus und der Nachholbedarf war groß. Nun ist der Nachholbedarf gedeckt. In Deutschland wurde der Bedarf sogar in einem einzigen Monat gestillt. Seither geht es wieder abwärts.

Die Kernfrage für Politik, Wirtschaft und Aktienmarkt ist nun, wie es weitergeht. Im Idealfall geschieht das, was wir in Deutschland beobachten konnten. Nach dem Einbruch wird das Minus schnell wettgemacht. Nach diesem Zurückschnappen pendelt sich der Konsum ein. Zunächst fällt er wieder, steigt danach aber wieder an. Mit der Zeit würde es zu einem gemächlichen, aber kontinuierlicherem Wachstum kommen.

Das wäre der Idealfall. Niemand weiß, ob es dazu auch kommt. Das ist vollkommen offen. Bis jetzt verlief alles wie geplant. Nach dem Rebound war eine zweite kleinere Abwärtsbewegung beim Konsum zu erwarten. Ebenso ist danach ein zweiter Rebound zu erwarten. Nun kommt es auch bei den Neuinfektionen zur zweiten Welle, nicht nur beim Konsum.


Das erhöht die Komplexität der Vorhersagen. Es ist schwer zu prognostizieren, wie sich die Bevölkerung verhält. Ist die Pandemie gedanklich abgehakt, kann die Wirtschaft weiter wachsen. Ist sie es nicht, kommt es zum gefürchteten Double Dip beim Wachstum. Eine zweite Rezession wäre verheerend.

Auch die Börse ist nicht immun dagegen. Der Daueroptimismus bekam zuletzt Kratzer. Man kann sich vorstellen, was los ist, wenn es zum Double Dip kommt. Was in diesen Tagen geschieht ist für Anleger hochrelevant.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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