Kommentar
07:13 Uhr, 21.05.2014

Die Zentralbanken schufen ein Marktmonstrum

Der gestrige Tag war vollgepackt mit Zentralbank-Reden. Plosser (Philadelphia Fed), Dudley (New York Fed)und Bean (Bank of England)meldeten sich zu Wort.

Erwähnte Instrumente

Neben viel „Central Bank Noise“ und eher langweiligen technischen Besprechungen zum Beispiel der mehr oder weniger neuen Fixed Rate Reverse Repo Fazilität fielen im Nebenbei dann doch ein paar sehr offenbarende Bemerkungen, die sich wie ein roter Faden durch die drei unterschiedlich gelagerten Reden spannten:

Charles Plosser machte den Anfang und beklagte sich darüber, dass die Zentralbanken (natürlich mit seiner tatkräftigen Hilfe) ein Marktmonstrum geschaffen haben, welches sich nur noch um die Fed dreht:

"..central banks have become highly interventionist in their efforts to manipulate asset prices and financial markets in general as they attempt to fine-tune economic outcomes..we have created an environment in which it is all about the Fed."

Dieser Beitrag selbst ist ironischerweise Beleg dafür, wie ganze Horden von Schreibern und Marktteilnehmer ihre Ressourcen für die Analyse solcher Reden verschleudern (müssen), anstatt sich um Wichtigeres zu kümmern, sprich Fundamentaldaten:

"..if central banks do not limit their interventionist strategies.. then they will simply encourage the financial markets to ignore fundamentals and to focus instead on the next actions of the central bank."

Ich wage es Plosser zu unterstellen, dass Fundamentaldaten natürlich nur dann der Zinsdroh..dem Zinsversprechen vorzuziehen sind, solange der S&P 500 nordwärts von 1.800 Punkten notiert. Sarkasmus aus.

William Dudley hat folgerichtig in ein ähnliches Horn gestoßen, und macht sich Sorgen um das direkte Resultat dieser Zentralbankaktionen, nämlich der niedrigen Volatilität am Markt:

"Volatility in the markets right now is unusually low..i am nervous that people are taking too much comfort in this low-volatile period and as a consequence of that, taking bigger risks."

Diese Aussage offenbart das große Dilemma, in welchem sich die Notenbanken befinden. Einerseits wurde mit Hilfe von QE1-3 die Volatilität mit voller Absicht in Grund und Boden geshortet, um die Investoren von ausfallsicheren verzinslichen Wertpapieren in den Aktienmarkt zu schieben, auf der anderen Seite ist man nun entsetzt, wenn dadurch Anleger, welche auf Outperformance angewiesen sind, in den Junk-Bereich abwandern müssen.

Charlie Bean ist diese Entwicklung ebenfalls nicht ganz geheuer, und so verabschiedet er sich lieber mit einer versteckten Warnung gleich ganz in den Ruhestand:

"..implied volatilities in many financial markets have been at historically low levels for some time now….that has underpinned a renewed search for yield….this is eerily reminiscent of what happened in the run-up to the crisis".

Schöne Aussichten.

Die Kernaussagen aller drei Portagonisten kann man übrigens in eine einfache (Weltfinanz)-Formel gießen: Ignoring fundamentals (Plosser) + Taking bigger risks (Dudley) = Run-up to the Crisis (Bean).

Simon Hauser

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6 Kommentare

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  • Simon Hauser
    Simon Hauser Redakteur

    Gerade aufgeschnappt: El-Erian geht auf die gleiche wie von mir beschriebene Problematik ein, und vergleicht die Fed mit "Hans", und die Wirtschaft mit "Kristoff" aus "Frozen". Auf sowas muß man erst einmal kommen..;).

    http://www.project-syndicate.org/commentary/mohamed-a--el-erian-asks-whether-america-s-central-bank-and-the-financial-markets-are-in-an-unhealthy-relationship

    17:09 Uhr, 21.05.2014
  • Simon Hauser
    Simon Hauser Redakteur

    Hallo User, mit "NASDAQ-Szenario" meine ich einen Einbruch der Märkte im Allgemeinen wie in Folge der Dot-Com-Bubble.

    Ich denke auf jeden Fall auch, dass derzeit gefährliche Entwicklungen festzustellen sind. Allerdings halte ich potentielle Blasen (in den USA) auf die Märkte beschränkt.

    Der US-Konsument betreibt weiterhin "Deleveraging", das halte ich für einen ganz wichtigen Punkt. Solange dieser Trend nicht umgekehrt wird, sehe ich keine Crash-Gefahren für die Realwirtschaft - eher langsames Siechtum.

    Folgenden Chart, der zeigt dass die Bürger ihre Lektion gelernt haben, halte ich für ganz zentral. Solange hier keine Trendumkehr erfolgt, ist die Wahrscheinlichkeit einer Wiederholung von 08 gering.

    http://research.stlouisfed.org/fred2/graph/?g=z9a

    16:09 Uhr, 21.05.2014
  • @Herrn Hauser

    Halten Sie die Wiederbelebung des ABS Marktes für so ungefährlich?
    Den Nasdaq halte ich auch für gefährdet.

    15:54 Uhr, 21.05.2014
  • Simon Hauser
    Simon Hauser Redakteur

    Der Aufschwung verläuft relativ schleppend, richtig. Allerdings kann ich derzeit nicht erkennen, wie sich ein ähnlich desaströses Szenario wie die Finanzkrise (von externen Schwarzen Schwänen abgesehen) wiederholen könnte. Es gibt zwar eine Reihe von Blasen in unterschiedlicher Größenordnung, aber es ist mir auf den ersten Blick nicht klar, welche Auswirkungen z.B. das Platzen der Junk-Bond-Bubble auf die Realwirtschaft haben könnte. Für einen "Crash" bin ich zwar immer zu begeistern, aber ich assoziere damit eher ein NASDAQ-Szenario, von dem die Realwirtschaft ja unbeinflusst blieb.

    15:02 Uhr, 21.05.2014
  • Kasnapoff
    Kasnapoff

    Hallo Herr Hauser,

    die Zentralbankbürokraten haben sich anscheinend in der von ihnen selbst aufgestellten Falle gefangen. Ich bin mal gespannt, wie die Herren reagieren, wenn die USA von ihrem blutleeren Aufschwung in die nächste Rezession abdriften oder ein schwarzer Schwan aus irgendeiner Ecke der Welt angeflogen kommt. Möglichkeiten gibt's ja aktuell genügend.

    Grüsse

    10:20 Uhr, 21.05.2014
    1 Antwort anzeigen

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Simon Hauser
Simon Hauser
Redakteur

Simon Hauser hält für Guidants News die Stellung in North Carolina und sendet aus sicherer Entfernung zur Wall Street Echtzeitnachrichten in die Welt. Leider spielen die Kennzahlen der Wirtschaftsteilnehmer oft nur eine untergeordnete Rolle und werden dominiert von einem hysterischen Medienzirkus, punktundkommalosem Zentralbank-Blubber, und mysteriösen Algo-Kreaturen. Simon Hauser hat über die Jahre als aktiver Börsenteilnehmer ein krudes Interesse für diese Dinge, welche in einer perfekten Welt eigentlich keine Rolle spielen sollten entwickelt, und versucht (mit wechselndem Erfolg) zu ergründen was die Kurse wirklich treibt.

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