Fundamentale Nachricht
16:40 Uhr, 16.09.2020

Die Welthandelsorganisation WTO: Hilflos, kopflos, machtlos

Die WTO hat den USA vorgeworfen, dass die gegen China verhängten Strafzölle von bis zu 25 Prozent gegen Regeln des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (GATT) verstoßen. In Washington dürfte die Rüge verpuffen.

Genf/ New York (Godmode-Trader.de) - In den vergangenen drei Jahren haben die USA mit schnöder Regelmäßigkeit an den verwundbarsten Stellen der Welthandelsorganisation WTO gefeilt und die Organisation nach und nach zu einem irrelevanten Gremium herabgewürdigt. Gegen Präsident Donald Trumps aggressives Vorgehen in der Handelspolitik war und ist die Organisation weitgehend machtlos. Gegenwärtig sind die drei Hauptfunktionen der in Genf ansässigen WTO - Verhandlung, Streitbeilegung und Kontrolle - praktisch funktionsunfähig.

Das Timing der Starre, in der sich die WTO befindet, könnte ungünstiger kaum sein. Angesichts einer globalen Rezession und der Pandemie bietet die Handelsorganisation kein wirksames, durchsetzungsstarkes Regelungswerk mehr an, um Volkswirtschaften daran zu hindern, Handelsregeln zu umgehen oder in regionale Handelskonflikte zu stürzen. Es gibt nicht einmal einen aktiven Generaldirektor, der die Organisation aus ihrem Sumpf herausführen könnte, nachdem der vergangene Ende August resigniert zurückgetreten war. Das ist der aktuelle Zustand einer Organisation, deren übergeordnetes Ziel es ist, den Volkswirtschaften bei Handelsproblemen unter die Arme zu greifen. Für die Trump-Administration zeigt die existenzielle Krise der WTO, wie sehr sie für die Interessen der USA irrelevant geworden ist.

Am Dienstag verlor Washington einen politisch brisanten Streit. Die WTO warf Washington vor, gegen ihre internationalen Handelsverpflichtungen zu verstoßen. Das WTO-Streitschlichtungsgremium hatte in einem Bericht mitgeteilt, dass die USA die Notwendigkeit des Schutzes ihres Marktes gegen unfairen Wettbewerb durch Zölle nicht ausreichend begründet hätten. Das gelte für die 2019 verhängten Strafzölle auf chinesische Güter im Umfang von 200 Milliarden Dollar.

Washington hatte China vorgeworfen, seine Güter profitierten von staatlicher Förderung und dem Diebstahl von Know-How. Das Gremium wies darauf hin, dass es über die Feststellung hinaus keine gesetzlichen Schlüsse ziehe. Vielmehr würden die Streitparteien aufgefodert, ihren Konflikt bilateral zu lösen.

Trumps oberster Handelsbeamter Robert Lighthizer lehnte die Entscheidung rundheraus ab. Der Bericht bestätige die Position des Weißen Hauses, dass die Welthandelsorganisation nicht in der Lage sei, schädliche Praktiken Chinas zu stoppen, betonte Lighthizer in einer ersten Reaktion. Die USA würden „China die WTO nicht dazu benutzen lassen, amerikanische Arbeiter, Unternehmen, Landwirte und Viehzüchter auszunutzen“. Mit anderen Worten: die USA werden sich weder an diese Entscheidung noch an irgendeine andere halten, die die Handelsagenda der Trump-Regierung behindert.

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Über den Experten

Bernd Lammert
Bernd Lammert
Finanzredakteur

Bernd Lammert arbeitet als Redakteur seit 2010 bei der BörseGo AG. Er ist studierter Wirtschafts- und Medienjurist sowie ausgebildeter Journalist. Das Volontariat absolvierte er noch beim Radio, beruflich fand er dann aber schnell den Weg in andere Medien und arbeitete u. a. beim Börsen-TV in Kulmbach und Frankfurt sowie als Printredakteur bei der Financial Times Deutschland in Berlin. In seinen täglichen Online-Berichten bietet er Nachrichten und Informationen rund um die Finanzmärkte. Darüber hinaus analysiert er wirtschaftsrelevante Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte für eine Finanzagentur. Grundsätzlich ist Bernd Lammert der Ansicht, dass aktuelle Kenntnisse über die Märkte sowie deren immanente Risiken einem keine Erfolge schlechthin garantieren, aber die Erfolgschancen deutlich erhöhen können.

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