Kommentar
07:51 Uhr, 27.02.2015

Die Welt in Schieflage

Die meisten Länder haben sich nach dem Schock der Finanzkrise noch immer nicht erholt. Viele Indikatoren zeigen eine Verbesserung an, sind aber noch nicht wieder dort, wo sie 2007 waren. Dafür hat sich ein Indikator deutlich bewegt, allerdings nicht zum Besseren.

Es ist kein Geheimnis mehr, dass die Ungleichheit in westlichen Ländern ein ungesundes Maß erreicht hat. Die Vermögenskonzentration ist in vielen Ländern so hoch wie nie zuvor. In den USA erreicht sie das Ausmaß der späten 1920er Jahre. Es ist nun aber nicht nur so, dass sich die Vermögenskonzentration in den Industrieländern massiv zu Gunsten der Wohlhabenden verschoben hat. Es ist ein weltweites Phänomen mit erschreckendem Ausmaß.
Vor einigen Wochen wurde der aktuellste Wealth-X Bericht veröffentlicht. Wealth-X ist ein Research Unternehmen, welches sich auf UHNWI (Ultra High Net Worth Individuals) spezialisiert. Diese Individuen haben ein Vermögen von 30 Mio. USD und mehr. Wer die richtigen Informationen über diese Bevölkerungsgruppe hat und so mit ihnen ins Geschäft kommen kann, der kann ziemlich viel Geld verdienen. Es lohnt sich also viele Ressourcen in Research zu stecken.

Der Bericht konzentriert sich zwar auf das Vermögen der UHNWI, beinhaltet jedoch auch Daten zum Rest der Bevölkerung, etwa die Verteilung des weltweiten Privatvermögens. Grafik 1 zeigt das Ergebnis. UHNWI halten weltweit ein Vermögen von knapp 30 Billionen USD und sind damit eine der wichtigsten Vermögenshalter weltweit. Die Gruppe von Personen, die zwischen 100.000 und ein Mio. USD Vermögen hält, ist zwar mit 105 Billionen Vermögen insgesamt größer als die der UHNWI, verteilt sich aber auf sehr viel mehr Personen. UHNWI machen derzeit 0,004% der Weltbevölkerung aus. Das sind gut 200.000 Personen. Die Gruppe mit 100.000 bis 1 Mio. Vermögen machen 7,5% der Weltbevölkerung aus, wobei als Weltbevölkerung nur die Zahl der Volljährigen Personen zählt. Es wird davon ausgegangen, dass Minderjährige noch kein allzu großes Vermögen halten.

Betrachtet man die Zahlen auf relativer Basis (Grafik 2), dann erkennt man schnell das Missverhältnis der Vermögensverteilung. Die UHNWI, die nur 0,004% der Bevölkerung ausmachen, halten 13% des Vermögens. Rechnet man die reichsten vier Gruppen zusammen (Vermögen über eine Mio. USD), dann halten diese Gruppen gemeinsam ein Drittel des weltweiten Vermögens, obwohl sie lediglich 0,34% der Bevölkerung ausmachen.

Das große Missverhältnis in der Vermögensverteilung wird sich in den kommenden Jahren kaum verbessern. Es sieht sogar eher so aus, als würde sich die Vermögenskonzentration noch beschleunigen. Die Daten seit 1992 zeigen, wie sich das Vermögen der UHNWI entwickelt hat. In den 90er Jahren war es relativ stabil und begann dann ab 2003 rasant zu steigen.
Wie es in den nächsten Jahren weitergehen könnte, zeigt die Prognose bis 2040 (Grafik 4). Die UHNWI würden demnach in etwas über 20 Jahren knapp 100 Billionen USD an Vermögen halten. Sie würden dann ungefähr 0,008% der Bevölkerung repräsentieren und gut 20% des weltweiten Vermögens halten. Das ist selbstverständlich nicht mehr als eine grobe Schätzung. Wer weiß schon wie die Welt 2040 aussehen wird? Nichtsdestotrotz ist der Trend ziemlich eindeutig. Es ist nicht davon auszugehen, dass sich der Trend von alleine umkehrt. Bleibt der Trend der letzten zwei bis drei Jahrzehnte bestehen, dann kann man von einer Entwicklung ausgehen, wie sie in Grafik 4 gezeigt wird.

Derzeit halten die obersten 10% der Bevölkerung ca. 80% des Vermögens. In zwei Jahrzehnten ist davon auszugehen, dass die top 10% dann mehr als 90% des Vermögens halten. Diese Konzentration wird vor allem von den top 1% getragen. Die Konzentration erfolgt, weil die Einkommen der unteren 90 bis 99% nicht mehr wesentlich steigen. Stagnierende Einkommen beim überwiegenden Großteil der Bevölkerung macht Wachstum durch Konsum langfristig unmöglich. Wachstum kann nur durch überproportionales Kreditwachstum erreicht werden. Ewig lassen sich die Kredite dann aber nicht tragen. Zudem mindert Kredit die zukünftige Kaufkraft, weil immer mehr Einkommen für die Rückzahlung von Kredite gebracht wird.

Die Welt ist in Schieflage. Die Lage ist allerdings noch nicht so schlimm, dass das System kippt. Darauf warten viele Beobachter schon seit Jahren – und sie werden auch noch eine Weile warten müssen.

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8 Kommentare

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  • CarstenL
    CarstenL

    @balkansahel

    Ich bin mir nicht sicher, ob das mit dem Fond funktioniert. Damit aus meinen 100.000 Euro in 18 Jahren eine Million werden, muss irgend jemand in den 18 Jahren 900.000 Euro verlieren. Letztlich wird das wieder nur eine Umverteilung und wir landen irgendwann wieder da wo wir heute stehen. Es wird durch die Automatisierung immer weniger Arbeitskraft benötigt. Wo früher 50 Leute an einem Auto herumschraubten stehen heute vielleicht noch fünf und irgendwann braucht man auch die nicht mehr. Und dann? Ohne Arbeit kein Geld, ohne Geld kein Konsum. Ohne Konsum keine Wirtschaft ohne Wirtschaft keine Aktienmärkte und auch keine Fonds. Nein, ich denke, die Geselllschaft und die Wirtschaft als ganzes müsste sich verändern. Jeder müsste bekommen was er zum Leben braucht und ohne dafür arbeiten oder bezahlen zu müssen. Dumm nur, das wir dann keine Banken und Politiker mehr bräuchten und die werden sich ihre Macht nicht nehmen lassen. Die Alternative für diese Gruppen ist immer noch ein schöner großer Krieg mit hunderten von Millionen Toten. Das hat in der Geschichte immer funktioniert! Bomben wir die Welt in Trümmer und fangen wir wieder da an, wo wir 1945 standen. Wenn man sich ansieht, wie wir im Hinblick auf die Ukraine und Russland von den Politikern und Medien belogen und betrogen werden, könnte man denken, das wir da schon längst drauf zu steuern...

    12:49 Uhr, 28.02.2015
  • Löwe30
    Löwe30

    Diese wachsende Vermögenskonzentration in den Händen weniger, ist zum einen ganz wesentlich eine Folge der Geldpolitik der Zentralbanken. Die Zentralbanken haben vor allem seit dem Jahr 2000 immer gigantischer Summen Geld aus dem Nichts geschöpft. Damit wurde die arbeitende Bevölkerung zugunsten der bereits Wohlhabenden und des Staates zunehmend ihrer Einkommen beraubt, denn die Geldschöpfer bringen Geld in Umlauf, dem keinerlei Wertschöpfung entgegen steht. Mit dem Geld kaufen die Erstbezieher des Neuen Geldes Güter der arbeitenden Bevölkerung, ohne dafür eine Gegenleistung zu erbringen. Zum anderen werden große Vermögen ja vom Staat auf vielfältige Weise geschützt, Beispielsweise erklärt der Staat sie als "too big to fail", zusätzlich schützt er das Großkapital vor Wettbewerb durch hohe Eintrittsbarrieren für Unternehmensgründungen.

    Wir leben halt in einer Plutokratie und keiner Demokratie und erst Recht nicht in einer freien Marktwirtschaft, denn es sind die Plutokraten, die Regierungen lenken und nicht die Bürger.

    "Plutokraten sind diejenigen Großbankiers und Großindustriellen, die das ungeheure Potential erkannt haben, dass der Staat – auch und gerade der demokratische Staat – als Institution mit dem Recht zur Besteuerung und zur Gesetzgebung, zum Zweck der eigenen Bereicherung dienen kann, und die sich deshalb in die Politik einschleichen. Sie haben die gesellschaftliche Stellung und das Geld, um die weit weniger hellen und weniger wohlhabenden Politiker zu kaufen, sei es direkt durch Schmier- und Bestechungsgelder oder indirekt, indem man ihnen nach Ablauf ihrer politischen Karriere hoch dotierte Posten als Berater und Lobbyisten zusichert." (Frei nach Hans Hermann Hoppe.)

    10:58 Uhr, 27.02.2015
  • wuwei
    wuwei

    kompliment, alles auf den Punkt gebracht, und danke an Fr. Merkel :-(

    09:51 Uhr, 27.02.2015
  • whynot
    whynot

    Das Problem für den "normalen Mann von der Straße" sind nicht nur die derzeitigen Nullzinsen, es wird dann später noch ein zweites Problem hinzukommen: die aufgrund der massiven Liquidität einsetzende Inflation. Wenn der Inflationsprozess erst einmal in Gang gesetzt ist, kann es zu eine Aufwärtsspirale bei den Preisen kommen, die schwer zu zügeln sein könnte. So wird dann Normalo gleich zweimal zur Kasse gebeten.

    Das ganze Vorgehen der Zentralbanken entpricht eigentlich einer Steuererhöhung, nur dass sie verdeckt erfolgt und nicht direkt von der Regierung. Die Zentralbanken der Welt sind längst zu Schattenregierungen in den jeweiligen Staaten geworden. Was einmal ein guter Gedanke war (Unabhängigkeit der Zentralbanken) könnte durchaus zur Gefahr werden. Wer kontrolliert eigentlich die Zentralbanken.

    09:02 Uhr, 27.02.2015
  • Andreas Hoose
    Andreas Hoose

    Interessanter Artikel. Die zeitliche Komponente dieser Entwicklungen wird meiner Ansicht nach jedoch vollkommen unterschätzt:

    Dem Vermögens- und Schuldenwachstum liegen exponentielle Mechanismen zugrunde. Deshalb dürfte das alles sehr viel schneller gehen, als das heute allgemein erwartet wird.

    Weiteres Problem: Die Gefahren exponentiellen Wachstums werden schon aus evolutionären Gründen regelmäßig völlig falsch eingeschätzt. Unser Gehirn ist sozusagen falsch programmiert, nämlich auf lineares Wachstum...

    09:01 Uhr, 27.02.2015
  • mkgeld
    mkgeld

    durch die Null-Zins-Politik der Notenbanken wird sich das Verhältnis gerade in Deutschland extrem verändern. Zudem wird sich dadurch die Altersarmut beschleunigen. Denn viele haben noch Verträge die eigentlich keine Rendite mehr bringen werden. Vorsorge fürs Alter wird schwieriger bis unmöglich. Das werden in ein paar Jahren die Treiber sein die das System zum kippen bringen.

    08:43 Uhr, 27.02.2015

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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