Kommentar
15:00 Uhr, 27.01.2016

Die Wahrheit über Apples Cash-Reserven

Nach den gestrigen Zahlen hat Apple mehr Cash als je zuvor. Der Bestand an Barreserven ist gigantisch. Doch es gibt ein Problem mit diesem Cashbestand.

Mehr als 215 Mrd. USD Cash (im weitesten Sinne) stecken in der "Mutter aller Bilanzen". Kein finanzaffiner Artikel in der Presse schafft es, diesen Fakt nicht zu würdigen.

Warum nimmt Apple dann konstant neue Schulden auf?

Dazu muss man wissen, dass Apple, wie die Kollegen bei Google, Facebook und Amazon, keine Chance ungenutzt lässt, um Steuern zu sparen. Über komplexe Konstruktionen landet der Löwenanteil des Gewinns/Cash-Flows bei ausländischen Töchtern, die nur wenig bis gar keine Steuern zahlen. Gut 200 Mrd. USD - rund 93 % des gesamten Cashbestandes(!) - befinden sich daher auf Auslandskonten.

Würde der iPhone-Hersteller das Geld in die USA zurückholen,müsste der Konzern mit Sitz in Cupertino mächtig Steuern nachzahlen. Diese wohl ca. 40 % will CEO Cook keinesfalls opfern, nur um daheim gut dazustehen. Wir reden von einer riesigen Summe. Bis zu 80 Mrd. USD sind im Feuer.

Da Apple sich inzwischen auf Druck von Investoren wie Carl Icahn zum Dividendenwert gemausert hat (und außerdem Aktienrückkäufe durchführt), wird parallel zum Cashberg im Ausland ein Schuldenberg im Inland aufgebaut, um die Ausschüttungen und Rückkäufe zu finanzieren. Über 53,2 Mrd. USD Langfristverbindlichkeiten aus Bondverkäufen haben sich inzwischen aufgetürmt (hinzu kommen weitere 32,3 Mrd. USD nicht kurzfristige Verbindlichkeiten). Weitere knapp 50 Mrd. USD werden sich hinzugesellen, bis das wohl größte Kapitalrückzahlungs-Programm dieser Art im Gesamtvolumen von rund 200 Mrd. USD abgearbeitet ist.

Es bleibt also festzuhalten: Apple hat nicht wirklich 215 Mrd. Cash über- außer man ignoriert einfach Schulden.

Auch das latente Steuerrisiko ist nicht zu verachten. Es ist keineswegs ausgemacht, dass Apple dieses Spiel auf ewig weiter treiben kann. Im Herbst finden Präsidentschafts-Wahlen in den USA statt. Es ist durchaus denkbar, dass eine neue Administration Schluss macht mit dieser Art von Steuergeschenken.

Ob dieses Damokles-Schwert sich bereits in der Bewertung der Aktie niederschlägt ist eher zweifelhaft. Die aktuell optisch niedrige Bewertung (KGV ca. 11)spiegelt vielmehr den Fakt wider, dass aus dem Wachstumsstar ein arrivierter Riese geworden ist, der es sehr schwer haben wird, an frühere Wachstumsraten anzuknüpfen. Dafür spricht nicht nur die mannigfaltige Konkurrenz, welche ebenfalls schöne Smartphones herstellt. Auch die immer noch sehr hohe Brutto-Marge (rund 40 %) hat eher Potenzial nach unten als nach oben.

13 Kommentare

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  • Sascha Huber
    Sascha Huber Experte für Kryptowährungen

    Tim Cook mag nicht als Lügner bekannt sein. Er ist aber durchaus als Tarner, Täuscher und Trickser bekannt. Warum? Nun, das hat Harald Sudkamp ja gut beschrieben... ;)

    22:06 Uhr, 27.01.2016
  • Bastian Galuschka
    Bastian Galuschka Chefredakteur

    Langfristig veräußerbare Wertpapiere: 177,66 Mrd. USD

    Langfristige Schulden: 53,20 Mrd. USD

    Macht unterm Strich 124 Mrd. USD an Vermögenswerten auf den Cashbestand obendrauf.

    19:07 Uhr, 27.01.2016
  • Bastian Galuschka
    Bastian Galuschka Chefredakteur

    Ergänzend zum Artikel aus dem SEC Filing:

    Cashbestand: 16,69 Mrd. USD

    Kurzfristig veräußerbare Wertpapiere: 21,39 Mrd. USD

    Das würde ich als Cash sehen, also ca. 38 Mrd. USD

    19:03 Uhr, 27.01.2016
    1 Antwort anzeigen
  • Sascha Huber
    Sascha Huber Experte für Kryptowährungen

    Ist ein sehr guter Artikel, der das endlich mal thematisiert. Ich würde auch sagen, dass 40% zu hoch angesetzt sind. Aber 30% sollten es schon sein...

    16:58 Uhr, 27.01.2016
  • Subdi
    Subdi

    Ich vermute mal, Tim Cook kommt auf die 40% wenn es kein Doppelbesteuerungsabkommen gibt, und er im Ausland bereits 10% Steuern zahlen musste, und er dann nochmal 30% in den USA zahlen muss. Aber bei den Cash-Reserven von Apple ist die ausländische Steuer ja bereits bezahlt, und jetzt fallen höchstens nochmal 30% an. Und dann dürfte es für einen Großteil des bereits versteuerten Cashs eben doch ein Doppelbesteuerungsabkommen geben, so dass Apple nur noch den Betrag an US-Steuern zahlen müsste, der über die Auslandssteuer hinausgeht.

    15:57 Uhr, 27.01.2016
    1 Antwort anzeigen
  • Subdi
    Subdi

    Hier ein Artikel zu diesem Thema, aus dem ich einen Satz zitiere "... I anticipate Apple will need to pay an incremental tax of 10% to 15% to bring the cash home. ..."

    http://seekingalpha.com/article/3778456-apple-need...

    15:47 Uhr, 27.01.2016
    1 Antwort anzeigen
  • Subdi
    Subdi

    Ich habe schon viele Artikel zum Thema "Repatriierung von Apples Cash" gelesen. Aber von einem Steuersatz von 40% habe ich noch nie gelesen. Normalerweise ist nur vom US-Unternehmenssteuersatz von 30% die Rede. Und dann behaupten Leute, die davon angeblich eine Ahnung haben, dass Apple in der Praxis nur etwa 20% zahlen müsste, wenn sie die steuerrechtlichen Möglichkeiten geschickt ausnutzen.

    Die Steuern sind in den USA ein großer Wettbewerbsnachteil für Konzerne wie Apple, und ich verstehe nicht, wie man diese gesetzliche Regelung auch noch als "Steuergeschenke" bezeichnen kann. Das Geld wurde im Ausland verdient, und dort korrekt versteuert.

    Deutschland und Europa macht Apple vielleicht Steuergeschenke - durch großzügige Umgehungsmöglichkeiten - die USA sicher nicht!

    15:26 Uhr, 27.01.2016
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Daniel Kühn
Daniel Kühn
Freier Finanzjournalist

Daniel Kühn ist seit 1996 aktiver Trader und Investor. Nach dem BWL-Studium entschied sich der Börsen-Experte zunächst für eine Karriere als freier Trader und Journalist. Von 2012 bis 2023 leitete Daniel Kühn die Redaktion von stock3 (vormals GodmodeTrader). Seit 2024 schreibt er als freier Autor für stock3.
Daniel Kühn interessiert sich vor allem für Small und Mid Caps, Technologieaktien, ETFs, Edelmetalle und Kryptowährungen sowie für makroökonomische Themen.

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