Die wachsende Bedeutung von Nachhaltigkeitsinvestments
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New York (GodmodeTrader.de) – Marie Cardoen, Leiterin des Privatkundengeschäfts in Deutschland und Österreich bei Goldman Sachs Asset Management (GSAM), gibt in einem Interview, das GodmodeTrader freundlicherweise von GSAM zur Verfügung gestellt wurde, Einblicke in Anlagetrends. Dabei geht es darum, warum Nachhaltigkeitsfaktoren wie Environment, Social und Governance (kurz: ESG) wachsenden Einfluss auf die Vermögensverwaltung haben – und wie GSAM diese Faktoren in Investmentstrategien integriert.
Wie relevant sind ESG-Kriterien in der Vermögensverwaltung?
Cardoen: „Das Thema nachhaltige Geldanlage wird immer wichtiger. Wir sehen sowohl bei institutionellen als auch bei privaten Anlegern ein steigendes Interesse an Investitionen, die neben einer positiven Rendite auch messbare Auswirkungen auf die Umwelt oder die Gesellschaft erzielen. Für diesen Trend gab es seit dem Jahr 2018 drei Haupttreiber: Zunächst beobachten wir ein wachsendes Bewusstsein dafür, dass eine disziplinierte Integration von ESG-Daten in den Anlageprozess stärkere, langfristig risikobereinigte Renditen erwirtschaften kann und Portfolios besser an den gewünschten sozialen sowie ökologischen Werten ausrichtet. Zudem gibt es heute ein breiteres Spektrum an nachhaltigen Anlagemöglichkeiten, unter anderem risiko-gemanagte passive ESG-Strategien, aktive fundamentale Strategien, die ESG-Faktoren integrieren sowie wirkungsorientierte Investitionsmöglichkeiten im außerbörslichen Bereich. Letzlich schauen Investoren heute weniger auf ESG-Richtlinien, -Publikationen und -Auszeichnungen – sie konzentrieren sich stattdessen mehr auf strukturierte ESG-Analysen, die eine umfassende Beurteilung der Geschäftsprinzipien und des Wachstumspotenzials einzelner Unternehmen ermöglichen.
Diese Daten integrieren wir zunehmend in unsere Analysen, Produkten und Anlagestrategien. Hilfreich ist dabei, dass immer mehr Unternehmen quantifizierbare ESG-Kennzahlen offenlegen: von Energieverbrauch über CO2-Emissionen bis hin zur Fluktuation oder Verletzungsrate der Mitarbeiter. Einerseits erlaubt uns das, wesentliche Risiken zu identifizieren – andererseits nutzen wir ESG-Daten als Instrument, um zusätzliche Ertragsmöglichkeiten festzustellen.“
Wie integriert GSAM Nachhaltigkeit in den Anlageprozess?
Cardoen: „Wir investieren in Unternehmen mit soliden und nachhaltigen Geschäftsmodellen; daher ist ESG ein wichtiger Bestandteil der Fundamentalanalyse, die wir für jedes Unternehmen durchführen. Grundsätzlich schauen wir uns unterschiedliche Arten von Risiken in Geschäftsbereichen an, die unserer Meinung nach den größten Einfluss auf die nachhaltige Entwicklung und damit auf die Profitabilität haben.
Als Stakeholder haben wir ein ureigenes Interesse daran, Unternehmen und Branchen bei Verbesserungsmaßnahmen zu unterstützen. Um eine nachhaltige Entscheidungsfindung voranzutreiben, setzen wir uns dafür im Gespräch mit relevanten Management-Teams ein, üben Stimmrechtsvertretungen aus und nutzen aktiv Kauf- und Verkaufsmöglichkeiten. Allein innerhalb unseres Fundamental Equity-Bereichs verfügen wir über ein Team von mehr als 60 Experten an sechs Standorten, die rund 10.000 Termine jährlich mit Unternehmen wahrnehmen – und das über alle Regionen, Branchen und Marktkapitalisierungen hinweg. Unsere Stimme hat dank Größen-, Plattform- und Markenvorteilen das nötige Gewicht, um positive Veränderungen zu bewirken.“
Welche Nachhaltigkeitskennzahlen (KPIs) verwenden Sie?
Cardoen: „Unserer Ansicht nach gibt es keinen Ansatz, der universell und branchenübergreifend gültig ist. Wir analysieren Faktoren, die für das Wachstum, die Rentabilität und das Risikoprofil eines Unternehmens wesentlich sind. Während Governance-Faktoren weitreichend vergleichbar sind, variieren die wesentlichen Umwelt- und Sozial-KPIs je nach Branche. Um diese Zahlen angemessen auswerten zu können, nutzen wir unseren firmeneigenen Ansatz sowie das Sustainability Accounting Standards Board. An der Stelle ist es wichtig anzumerken, dass die Solidität eines Unternehmens natürlich nicht ausschließlich auf Basis von KPIs ermittelt werden kann. Faktisch ist es so, dass ESG-Daten für sich genommen nach wie vor eine Reihe von Schwachstellen aufweisen. Dazu zählen inkonsistente Berichtsansätze, eine mangelnde Veröffentlichung messbarer Ziele und Erfolge und allgemeine Datenlücken, insbesondere in Schwellenländern und bei mittleren und kleinen Unternehmen.
Daher sind wir überzeugt, dass Menschen bzw. das menschliche Urteilsvermögen entscheidend sind, um zu bestimmen, welche Faktoren wichtig sind und welche nicht. Zweitens finden wir angesichts der datenbezogenen Herausforderungen, dass jede ESG-Bewertung Hand in Hand mit einer gründlichen, Cashflow-basierten Finanzbewertung gehen muss. So kann ein Unternehmen, das alle Governance-bezogenen KPIs erfüllt, aber in der Vergangenheit Schwächen bei der Kapitalallokation gezeigt hat, nicht als solide angesehen werden – ungeachtet dessen, was die ESG-Daten sagen.“
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