Kommentar
16:05 Uhr, 03.11.2021

Die US-Notenbank Fed scheitert bei all ihren vier(!) Mandaten

Zwei Mandate der US-Notenbank kennen viele. Tatsächlich aber hat die US-Notenbank vier. Bei allen scheitert sie derzeit.

Die US-Notenbank selbst nennt ihre Mandate regelmäßig, allerdings unvollständig. Selbst in den offiziellen Statements spricht sie immer nur von zwei Zielen. Das Wort Mandat vermeidet sie, wohlwissend, dass es nicht richtig wäre, nur von zwei Mandaten zu sprechen. Die beiden Ziele, an denen die Notenbank ihre Geldpolitik ausrichtet, sind Vollbeschäftigung und Preisstabilität. Im Namen dieser Ziele ist praktisch alles erlaubt. Seit der Finanzkrise weitet nicht nur die Fed ihre geldpolitischen Instrumente aus. Bis zur Finanzkrise veränderten Notenbanken den Leitzins. Mehr taten sie nicht. Seither hat sich viel getan. Einige Notenbanken haben zusätzliche Zinssätze eingeführt. Die EZB hat vier Hauptzinssätze. Hinzu gesellen sich Sonderzinssätze für langfristige Refinanzierungsgeschäfte der Banken. Das sind aktuell zwei weitere Zinssätze. Zusätzlich werden Marktzinsen über Anleihekaufprogramme beeinflusst. Die Instrumente werden immer unübersichtlicher. Am Ende sollen sie aber dazu dienen, dass die Notenbank ihr Mandat (EZB) oder ihre Mandate (Fed) erfüllen. Die Mandate der Fed sind seit 1977 unverändert. In einem Absatz wird beschrieben, was die Notenbank tun soll: Sie soll die Geld- und Kreditmenge gemäß des wirtschaftlichen Potenzials ausweiten, um Vollbeschäftigung, stabile Preise und moderate Langfristzinsen zu ermöglichen. Einige interpretieren die Auflistung als drei Mandate (Vollbeschäftigung, Preisstabilität, moderate Langfristzinsen)...

Die Geld- und Kreditmengensteuerung ist eher ein Instrument. Da sie allerdings an die potentielle Wirtschaftsleistung gekoppelt ist, handelt es sich letztendlich auch um eine Zielgröße.

Die Notenbank verfehlt momentan alle vier Zielgrößen. Bei der Kreditmenge laufen die Werte schon lange der potentiellen Wirtschaftsleistung davon (Grafik 1). Die Schere geht vor allem seit den frühen 1980er Jahren auf. Die Geldmenge hingegen hielt sich lange Zeit unterhalb der potentiellen Wirtschaftsleistung. Seit der Finanzkrise ist das anders.


Kritisch ist vor allem die exorbitante Kreditvermehrung. Viele merken immer wieder an, dass es keine höheren Zinsen geben kann, da die Verschuldung so hoch ist. Das ist nicht ganz richtig. Höhere Zinsen sind denkbar, wenn die Inflation entsprechend hoch ist. Generell aber sprechen höhere Schulden gegen höhere Zinsen. Dabei soll die Notenbank für moderate Langfristzinsen sorgen.

Was harmlos klingt, ist in Wahrheit ein sehr weitreichendes Ziel. Zunächst kann man sagen, dass man beim aktuellen Zinsniveau nicht von einem moderaten Level sprechen kann. Das Zinsniveau ist das tiefste in mehreren hundert Jahren. Moderat ist ein solches Extrem wohl kaum.

Selbst als der Staat über die Notenbank den Zweiten Weltkrieg finanzierte, waren die Zinsen höher (Grafik 2). Mit den künstlich tiefen Zinsen war das Ziel stabiler Preise nicht mehr zu erreichen. Bis Anfang der 50er Jahre war die Inflationsrate ziemlich unkontrolliert.


Moderate Langfristzinsen wurden vermutlich als Mandat festgeschrieben, um zwei Gruppen gerecht zu werden. Der Staat muss sich finanzieren können. Zu hohe Zinsen sind dafür ein Hindernis. Es steht also im Mandat der Notenbank, im Notfall (zu hohe Zinsen) Staatsanleihen zu kaufen, um das Zinsniveau mit dem Mandat in Einklang zu bringen.

Für die zweite Gruppe, Privathaushalte, sind moderate Langfristzinsen ebenfalls gut. Zum einen steigen Zinsen für Immobilienkredite nicht ins Unermessliche, zum anderen können Sparer vorsorgen.

Derzeit scheitert die Notenbank bei allen Zielen. Das ist zwar nicht ideal, aber auch nichts Neues.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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