Die unendliche Causa Hellas
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Brüssel/ Athen (BoerseGo.de) – Unmittelbar vor dem Griechenland-Krisentreffen der Euro-Finanzminister beherrschen negative Meldungen das Bild. Einmal mehr ist es am Wochenende in Athen zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und Demonstranten gekommen. Das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ berichtet zudem von einem vertraulichen Bericht von EU, Europäischer Zentralbank und dem Internationalen Währungsfonds (der sog. Troika). Darin wird den Griechen mit Blick auf ihre Staatsverschuldung ein katastrophales Zeugnis ausgestellt.
Das griechische Kabinett billigte am Samstag die letzten Details der Einsparungen, die die Europäische Union und der IWF zur Bedingung für das 130 Milliarden Euro schwere zweite Rettungspaket gemacht hatten. Es wird erwartet, dass die Finanzminister der Euro-Länder am Montag über das Paket und die damit verbundenen Anforderungen entscheiden. Über Details wurde am Wochenende in Brüssel noch verhandelt.
Die Hilfsgelder sind auch Voraussetzung für die Einleitung des Schuldenschnitts mit privaten Gläubigern. Als Gegenleistung muss Athen aber zahlreiche Auflagen erfüllen. So muss sich die Regierung etwa einer schärferen Kontrolle unterwerfen. Die Euro-Finanzchefs wollen die Einrichtung eines Sperrkontos beschließen, auf das ein Teil der Staatseinnahmen fließen soll. Griechenland könnte davon nur Kredite zurückzahlen, aber keine weiteren Ausgaben tätigen.
Nach einer Analyse des IWF reicht der avisierte Forderungsverzicht der privaten Gläubiger (Banken, Versicherungen) aber nicht aus, um die Verschuldung Griechenlands bis 2020 auf 120 Prozent des Bruttoinlandprodukts zu senken. Demnach werde die Schuldenquote dann bei 129 Prozent liegen, berichtet die Nachrichtenagentur Dow Jones Newswire unter Berufung auf einen mit der Sachlage vertrauten IWF-Mitarbeiter. Der IWF wolle deshalb den Euro-Finanzministern vorschlagen, die Notenbanken zu einer Beteiligung an einem Forderungsverzicht zu bewegen. Würden etwa die Zentralbanken die im Rahmen ihrer normalen Investitionstätigkeit erworbenen griechischen Staatsanleihen über 12 Milliarden Euro in einen Schuldenschnitt einbringen, könnte das die Schuldenquote um 3,5 Prozentpunkte reduzieren, schreibt die Agentur.
Immer mehr Ökonomen betrachten derweil den alleinigen Fokus auf Sparprogramme als eine Sackgasse und fordern einen Kurswechsel im Krisenmanagement. "Die griechische Wirtschaft brauchte von Anfang an ein Wachstumsprogramm - das sie jedoch nie bekommen hat", sagte Dani Rodrik, Starökonom der Harvard University, der "Financial Times Deutschland" (Montag). "Es muss ein Aufbauprogramm von Wirtschaft und Verwaltung geben, also technische Hilfe parallel zu öffentlichen Investitionen", sagte auch Ulrich Kater, Chefökonom der Dekabank der Zeitung. Der Rückbau des Staatsapparats müsse flankiert werden von Hilfen für die Privatwirtschaft - zum Beispiel durch Investitionsprogramme aus Mitteln der EU," so die einhellige Meinung der Experten.
Nicht wenige Stimmen plädieren aber auch für einen griechischen Austritt aus der Eurozone. Im Nachrichtenmagazin „Spiegel“ empfiehlt der Harvard-Ökonom Kenneth Rogoff der Regierung in Athen, "eine Art Sabbatical vom Euro" einzulegen und die Währungsunion für einige Jahre zu verlassen. In der "Financial Times Deutschland" geht der US-Ökonom Melvyn Krauss davon aus, dass der Rauswurf Griechenlands so oder so kommt. Mit einem neuen Rettungspaket werde man nur etwas Zeit gewinnen - mehr aber auch nicht.
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