Kommentar
10:10 Uhr, 19.05.2018

Die Schere zwischen arm und reich in den USA

Über die USA wird gerne hergezogen. Manchmal ist Wahres im Kern, manchmal sind es auch nur Vorurteile. So etwa auch, dass die USA kein Sozialstaat seien.

Die USA haben viele Probleme – wie wir übrigens auch. Eines der Probleme ist die soziale Ungleichheit. Viele Menschen arbeiten, können davon aber nicht leben. Manche Arbeitnehmer haben gleich drei Jobs und kommen gerade so über die Runden.

Das Problem gibt es seit vielen Jahren. Besonders ausgeprägt ist es in der Produktion. Dort sind die Reallöhne seit Jahrzehnten nicht mehr gestiegen (Grafik 1). Obwohl der Output pro Person (Produktivität) ständig steigt, ziehen die Löhne nicht mit. Jeder Arbeiter kann sich von dem, was er selbst produziert, immer weniger leisten.

Wenn mehr produziert wird, die Löhne aber nicht steigen, ist das ein großes Problem. Man kann durch den Lohn den Lebensstandard nicht verbessern. In den USA wurde dies abgefangen, indem sich Privathaushalte immer mehr verschuldeten.

Die Reallöhne geben nur einen Teil der Wahrheit wieder. Zusätzlich zum Lohn gibt es zwei wesentliche weitere Faktoren, die das Gesamteinkommen beeinflussen. Zum einen sind da staatliche Leistungen, zum anderen Leistungen der Arbeitgeber, die nicht als Lohn erfasst werden (Grafik 2).

In den USA leistet der Staat fast 2 Billionen Dollar pro Jahr an Transferleistungen. Das sind ca. 6.300 Dollar pro Person pro Jahr. Das ist unwesentlich weniger als z.B. in Deutschland, wo es etwa 5 % mehr pro Person und Jahr sind. In Deutschland sind diese Transferleistungen durch Steuern und Sozialabgaben mehr oder minder gedeckt. In den USA sind sie es nicht.

Nicht umsonst wird in den USA immer wieder debattiert, wie man den ausufernden Sozialleistungen Einhalt gebieten kann. Kommt es dazu, geht die soziale Schere weiter auf. In vielen Bereichen sind die Löhne zwar gestiegen, aber nur sehr langsam. Fallen Sozialleistungen im großem Umfang weg, ist das eine schockartige Reduktion des Lebensstandards.

Persönlich empfinde ich Umverteilung bis zu einem gewissen Grad als notwendig. Chancengleichheit ist eine Illusion und man kann Ungleichheit nur durch Transfers auffangen. Das darf natürlich nicht soweit ausarten, dass es keine Anreize mehr für Leistung gibt.

Am besten wäre es immer noch, wenn Löhne gezahlt würden, von denen Menschen auch leben können. Hier besteht das größte Problem. Die Löhne steigen zu langsam. In den USA hat das Median-Familieneinkommen erst letzten Jahr ein neues Hoch erreicht, nachdem es fast 20 Jahre stagnierte.

Man kann natürlich darüber streiten, ob immer kleiner werdende Haushalte die Statistik verzerren. Insofern lohnt sich ein Blick auf das reale, verfügbare Pro-Kopf-Einkommen (Grafik 3). Dieses steigt kontinuierlich an, bleibt aber auch weit hinter der Produktivität zurück.

Arbeitnehmer partizipieren zu wenig am zunehmenden Output. Das ist das Kernproblem. Bis dieses Problem gelöst ist, wird die Schere zwischen Arm und Reich weiter aufgehen und es braucht nicht weniger, sondern mehr Transferleistungen.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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