Kommentar
10:04 Uhr, 22.07.2025

Macht Trump den gleichen Fehler wie mit Powell?

Powell wurde von Trump nominiert. Das stellt sich für Trump nun als Fehler heraus. Der Fehler könnte sich wiederholen. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist höher als viele denken.

Trump hat zwar eine freie Wahl, wen er als nächsten Fed-Chef nominieren will, aber das bedeutet nicht, dass dieser Kandidat dann auch das tut, was Trump will. Ohnehin ist die Sache mit den Zinssenkungen komplizierter, als es sich Trump vorstellt. Als Gerüchte die Runde machten, dass Powell kurz vor der Entlassung steht, schnellten die Renditen von Anleihen um zehn Basispunkte nach oben.

Noch immer ist die Wahrscheinlichkeit für eine Entlassung erhöht. Auch die Renditen von Anleihen haben die Zugewinne noch nicht wieder abgegeben. Selbst ein Gerücht oder Testballon für den Markt hat einen nachhaltigen Effekt (Grafik 1).

Kommt ein neuer Fed-Präsident, der absolut nicht unabhängig ist, bleibt das Anlegern nicht verborgen. Es hat den gleichen Effekt wie eine vorzeitige Entlassung von Powell. Ein Fed-Chef, der sich die Politik von Trump diktieren lässt, kann Zinsen senken, wie er will, es wird tendenziell zu höheren Anleiherenditen führen. Es ist das Gegenteil dessen, was das Ziel ist.

Im Rennen sind derzeit viele Kandidaten. Eine Chance haben Hassett, Warsh, Bessent und Waller. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird sich das Rennen zwischen Hassett und Warsh entscheiden. Dadurch hat Trump immerhin eine 50%-Chance, die richtige Entscheidung zu treffen (Grafik 2).

Waller spricht sich zwar für Zinssenkungen aus, allerdings weil er es aus wirtschaftlicher Sicht für notwendig hält. Wie bei Powell kann Trump nicht darauf zählen, dass die Linie immer gilt. Bessent wiederum ist und bleibt ein Hedgefondsmanager. Er versteht, dass unbegründete Zinssenkungen das Gegenteil erreichen. Bessent würde die Zinsen vermutlich sehr behutsam senken.

Warsh wiederum war bereits 2018 ein Kandidat. Trump empfand ihn als zu falkenhaft. Jetzt wirkt Warsh wie eine Taube, aber das kann sich je nach den Umständen auch wieder ändern. Es wäre nicht das erste Mal, dass sich Einstellungen von Notenbankern grundlegend wandeln. Warsh mag zwar Zinsen senken, dafür aber bleibt er in anderen Bereichen falkenhaft. Die Bilanzsumme der Fed ist ihm zu groß. Eine weitere deutliche Reduktion bedeutet, dass Privatanleger Billionen an Staatsanleihen aufnehmen müssen.

Bleibt Hassett. Er ist wohl der einzige Kandidat, der machen würde, was Trump verlangt. Trump hat also eigentlich nur eine Wahl. Kommt Hassett, entwickeln Anleger allerdings mit hoher Wahrscheinlichkeit Misstrauen. Ebenso ist bei zu erwartenden Inflationstrend eine Zinssenkung nicht offensichtlich (Grafik 3).

Hassett ist der beste Kandidat, wenn es darum geht, Trumps Ideen umzusetzen. Er ist der schlechteste, wenn es um das Vertrauen des Marktes geht. Der Leitzins mag fallen, dafür steigen die Anleiherenditen. Selbst wenn Trump die aus seiner Sicht richtige Entscheidung fällt und den Fehler von 2018 vermeidet und Hassett wählt, dürfte es sich als ein anderer Fehler herausstellen. Trump hat sich und die Notenbank durch die Angriffe auf die Notenbank in eine Lage manövriert, in der sich wohl jeder Kandidat als Fehler entpuppen wird.

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1 Kommentar

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  • masi123
    masi123

    Die willkürlichen, teils rechtswidrigen (z. B. WTO-Regeln) Handlungen haben allseits viel Vertrauen zerstört. Trump handelt anscheinend nach der Devise "Ist der Ruf erst ruiniert..."

    So kann auch kein Anleger mehr sicher sein, welche Aktionen (Mar-a-Lago Accord), Sanktionen etc. als nächstes beschlossen werden. Die USA und auch deren Finanzmärkte profitieren meiner Meinung nach noch von ihrer Größe und damit Macht­kon­zen­t­ra­ti­on. Es wird sich zeigen, ob das langfristig genügt.

    11:04 Uhr, 22.07.